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Prometheus und Darwin

Aus den Tiefen des Raums treten Galaxien hervor, funkelnd von den Lichtern zahlloser Welten. Eine solche Welt ist unsere Sonne mit ihrer Planetenfamilie. Und diese winzige Erde, unsere Heimat, hat die Entstehung des Menschen und seiner Geschwister in allen Naturreichen erlebt.

Wissenschaftler haben über diese Erschaffung nachgedacht, wobei sie von der Voraussetzung ausgegangen sind, daß das sogenannte Leben über eine Reihe von komplexen chemischen Verbindungen, Organisationen von Materie (und Organisationen von Organisationen), aus Unbelebtem entstanden ist, bis das gesamte Panorama der Naturreiche sich entfaltet hatte, wobei das Erscheinen des denkenden, selbstbewußten Menschen der Höhepunkt war. Auf der einen Seite haben wir organische Materie, die "lebenden" Naturreiche - Pflanzen, Tiere und Menschen. Alles andere ist nach wissenschaftlicher Definition anorganisch, leblos; das heißt, das große Sonnengestirn ist eine majestätische astrophysikalische Erscheinung und weiter nichts, das durch eine gütige Einrichtung der "Natur" Energien ausstrahlt, die so gewaltig sind, daß sie den ungeheuren Raum durchqueren und das empfindliche "Leben" der Erde nähren. Aber die Sonne selbst ist nichts Lebendes, auch nicht dieser felsige Klumpen, den wir Erde nennen. Auch die Milliarden gleichartiger Sonnen nicht, die aus dem nächtlichen All auf uns herunterblicken - oder selbst die gewaltige Scheibe des Universums, die auf ihrem Weg, zusammen mit zahllosen anderen Universen, den anscheinend unendlichen Raum durchkreist.

Vielleicht wird auf Grund des überwältigenden Vorherrschens dieser wissenschaftlichen Philosophie wenig wirkliche Aufmerksamkeit auf die Tatsache gerichtet, daß die größten Geister der Vergangenheit auch Überlegungen angestellt haben, wie die Welten entstanden sind und wie unser Leben hier die Stufe erreicht hat, auf der die menschliche Intelligenz die letzte Ursache, das wahre Wesen des Menschen, erforschen kann. Diese "anderen" Erklärungen haben irgendwie eine Fassung erhalten, die unserer modernen Auffassung fremd erscheint, als ob wir nur in unserer Zeit einen klaren Einblick in die Realitäten gewonnen hätten. Die universale Natur ist aber gewiß mehr als nur die äußere Hülle, die von der Wissenschaft erforscht wird.

Wie die Zeit die Vergangenheit auslöscht! Der Aufstieg und Niedergang von Staaten rückt periodisch einmal die eine Rasse und dann eine andere in den Vordergrund, wobei die Leistungen eines besiegten Volkes oft ausgelöscht werden, so daß mit der nächsten Eroberungswelle sogar die Namen dieser Völker Legende werden - man lese in der Ilias die Liste der Verbündeten von Troja und Griechenland. Die Völker besitzen jedoch eine überlieferte Kunde, die das vergängliche Leben der Staaten überdauert. Auf dem Gebiet der Philosophie und der Religion sind oft großartige Epen, Schöpfungsmythen und Geschichten über Kriege erhalten geblieben. Sie sind gewöhnlich in Erzählungen eingeflochten, die historischen Wert haben, denn sie kommen immerhin aus der Erinnerung des Volkes. Vermischt mit diesen Marksteinen wie Troja, Babylon oder wie die Ebene der Kurus, findet man symbolische Berichte über die Erschaffung und die Geburt der Welten und über den Ursprung des Menschen. Diese Schriften und Epen wurden zuerst mündlich überliefert und überbrückten unruhige Zeitepochen, aus denen jegliche Aufzeichnungen fehlen. Schließlich wurden sie jedoch in späteren Zeiten, meist in großartiger Form, aufgezeichnet - das Mahâbhârata, Kalevala, die Ilias und die Edda, die Purânen des alten Âryâvarta, das Gilgamesch-Epos der Sumerer, die Babylonische Genesis und unzählige andere. Während die in den verschiedenen alten Völkern verwendeten Namen und auch die Umstände verschieden sein mögen, stellen jedoch alle dieselben eindringlichen Fragen: Wie entstand unsere Welt? Woher kamen die Naturreiche? Wie erlangte der Mensch sein Selbstbewußtsein? Gerade dieses letzte Thema möchten wir hier untersuchen: den selbstbewußten menschlichen Verstand, jenes Instrument, das dem Menschen erlaubt, über sich und seine Welt Betrachtungen anzustellen.

Überwiegend ist aus den alten mythologischen Erzählungen zu entnehmen, daß die frühe Menschheit ihre Kultur nicht durch Experimente und Herumprobieren "entwickelte", sondern daß sie von gottähnlichen Vorbildern belehrt wurde. Um diesen Gedanken besser verständlich zu machen, müssen wir den Schleier der Geheimhaltung und den äußeren Mantel der Riten durchdringen und versuchen, das wahre intellektuelle System zu erkennen, das bei den alten Völkern bestand. Auf jeden Fall steht fest, daß sie an Wiederverkörperung oder Reinkarnation glaubten, wobei sie davon ausgingen, daß die Evolution eine individuelle Angelegenheit ist und nicht die einer Nation oder Rasse, es sei denn in Verbindung damit. In jedem Leben ist der Mensch das, was er in früheren Leben aus sich gemacht hat. Er wird einmal hier, einmal dort zur Verkörperung hingezogen, um alte Ursachen aufzuarbeiten, um die Ernte mit denjenigen einzubringen, mit denen er die Saat früher ausgesät hatte. Der Hauptgedanke war, daß der Mensch gottähnliche Möglichkeiten in sich trägt und daß er im Verlaufe vieler Verkörperungen unzählige Gelegenheiten hat, diese Möglichkeiten hervorzubringen - wie es die weisesten und mitleidvollsten Persönlichkeiten der menschlichen Geschichte getan hatten.

Sobald wir jedoch zugeben, daß die Existenz dieses bleibenden Elements im Menschen möglich ist, müssen wir die gleiche spirituelle Individualität allen Geschöpfen und auch allen Dingen zuerkennen, wenn wir nicht annehmen wollen, der Mensch sei einzigartig und alle anderen Lebensformen seien nur zeitweilige Bewußtseinsfunken, die mit dem Tod des Körpers aufhören und nicht mehr existieren. Aber auch dann müßten wir eine Erklärung finden, woher der fortbestehende Teil des Menschen stammt. Es ist logischerweise sinnvoller, alle Elemente als lebend zu betrachten, selbst die Welten, in denen wir leben und uns bewegen. Diese Gedankengänge standen hinter der alten Auffassung über die Götter und Göttinnen, die dem Kosmos innewohnen und Hierarchien von Wesenheiten bilden, die "über" uns stehen. Wir können hier nicht innehalten. Wir müssen in unsere Betrachtung diejenigen Reiche oder universalen Aktivitäten mit einbeziehen, die "unter" den sogenannten belebten Naturreichen stehen; die Kräfte und Energien, die die treibende Kraft des Lebens sind. Diese Kräfte und Energien sind seit Urzeiten von den alten Völkern in der ganzen Welt als niedriger stehende Lebewesen angesehen worden. Das war nämlich das archaische Bild des Universums. Es war von lebenden Sonnen und Planeten erfüllt, und in ihm bewegte sich eine unendliche Vielfalt von fühlenden Lebewesen auf vielen Stufen oder Graden der Entfaltung. Alle waren Teile eines Prozesses kosmischer Evolution durch wiederholte Wiederverkörperungen.

Im allgemeinen sind wir auf unserer geistigen Warte jedoch nicht fähig, zu verstehen, wieso oder warum die alten Kulturen ihre Geschichte in dieser Form darstellten, und wir sind auch nicht imstande, diese Fragmente als richtige Erklärungen für die gleichen Geschichten zu akzeptieren, die die Wissenschaftler mit anderen Worten beschreiben. Wie in früheren Zeitepochen, in denen das intellektuelle Denken von einer vorherrschenden religiösen oder wissenschaftlichen Ansicht beherrscht wurde, haben wir die Vorstellung, daß wir erst in unserer Zeit den Aberglauben über unsere Herkunft - der von zahllosen Göttern und Dämonen bevölkert war - abgeschafft haben und zu einer richtigen Betrachtungsweise im hellen Sonnenlicht übergegangen sind. Wir vergessen, daß uns auch unsere neuzeitliche Geschichte dazu zwingt, uns über den Egotismus (Selbstüberhebung) des vorherrschenden Dogmas zu stellen. Unter unseren Vorfahren der alten Zeiten gab es Männer und Frauen, die ebenso intelligent waren wie wir. In ihren oft geheimen Schulen haben sie zweifellos genau dieselben Themen behandelt, die moderne Forscher beschäftigen. Man denke an Platon in seiner Akademie, an Plotin in der Alexandrinischen Schule und an andere erleuchtete Größen in zahllosen Zentren im nahen Osten, in Indien und im Orient.

Das Rätsel um den selbstbewußten menschlichen Geist ist ein guter Gegenstand, um darzustellen, wie die Wissenschaft und die alten Überlieferungen kombiniert werden können, um zu tiefgründigeren Auslegungen zu gelangen. Von der Wissenschaft wird kein besonderer Wert darauf gelegt zu erforschen, wie der Mensch Selbstbewußtsein erlangt hat, obwohl das eine wirklich spektakuläre Errungenschaft war. Man nimmt an (ohne in Einzelheiten zu gehen), daß die Ausstattung mit inneren Begabungen beim Menschen Schritt um Schritt mit seiner äußeren Entwicklung wuchs. Die moderne Anschauung setzt voraus, daß der Mensch, wie alle Geschöpfe, allmählich Fähigkeiten erwarb und daß sich diese in einer langen Evolution zu den verfeinerten inneren Eigenschaften entwickelten, die die Gattung Mensch auszeichnen. Wenn der Mensch jedoch nur danach getrachtet hätte, jene Merkmale zu erwerben, die ihn dazu befähigen würden, in einer bestimmten Umgebung zu überleben, wie wäre dann die außergewöhnliche Entwicklung seines Gehirns und seiner ästhetischen und religiösen Eigenschaften und Sehnsüchte zu erklären, die er besitzt, und die, soweit festgestellt werden kann, immer vorhanden gewesen sind? Diese Schwierigkeit wird im Augenblick durch die Auffassung umgangen, daß genetische Mutationen erklären, wie Nachkommen mit Fähigkeiten ausgestattet werden können, die nicht unbedingt aus ihrem Kontakt mit der Umgebung herrühren. So werden wir mit einer leichten Handbewegung zu dem Glauben verleitet, daß wir alle metaphysischen Erklärungen über den Menschen außer acht lassen können.

Fast von Anfang an hatte der Darwinismus jedoch selbst unter den Wissenschaftlern Kritiker, wie der verstorbene Dichter und Wissenschaftler Dr. Loren Eiseley in mehreren seiner Bücher zum Ausdruck bringt. Er spricht über die Ansichten von Alfred Russel Wallace, dem Mitentdecker der Theorie, die Darwins Namen trägt. Bereits 1864 behauptete Wallace, daß die menschliche Evolution in zwei Etappen stattfand. Die erste Phase war die Evolution seines Körpers, der fast unverändert blieb. Die zweite Phase war die Ankunft (oder Erweckung) des menschlichen Geistes, was einen vollständig neuen Faktor in die Evolution hineinbrachte. Mit dem denkenden Menschen, so behauptete er, war die körperliche Spezialisierung überholt, denn er stand nicht mehr unter dem Umweltzwang; aber sein Gehirn machte indessen erstaunliche Veränderungen durch. Während die Tiere in seiner Umgebung umfangreiche physische Modifikationen produzierten, ist das "Skelett des Menschen beinahe unverändert geblieben ..." Die menschliche Rasse "hat sich zum größten Teil im Kopf entwickelt."1

Die Untersuchungen von Wallace über sogenannte primitive Völker führten ihn zu der Beobachtung, daß diese in bezug auf das, was heute ihre genetische Ausstattung genannt würde, überhaupt nicht primitiv sind. In der modernen Welt sehen wir zahllose Beispiele von Menschen, die noch vor ein oder zwei Generationen "Wilde" als Vorfahren hatten und mit einem Sprung intellektuell, kulturell und ästhetisch ihren Platz an unseren Universitäten und in der "zivilisierten" Gesellschaft einnehmen. Das ist jedoch nur eine äußerliche Tatsache, die eine innere Wahrheit verbirgt, mit der man sich noch nicht befaßt hat: Wenn diese Völker ungezählte Jahrhunderte hindurch in oft primitiven oder wilden Umgebungen existiert haben, wie läßt sich dann ihr genetisches Potential erklären? Das ist doch nicht etwas, das man über Nacht erwirbt. Es benötigt unzählige Jahrtausende, um sich einzuprägen, wenn man dem Darwinschen Schritt-um-Schritt-Prozeß folgt; und in dieser Hinsicht sind sie überhaupt nicht primitiv. Sie haben dieselben Begabungen wie wir alle und brauchen nur die richtige Umgebung, um diese Tatsache unter Beweis stellen zu können. Es ist klar, daß auf Grund des zyklischen Auf- und Abstiegs der Rassen, Nationen und Völker es Zeiten gibt, die durch Macht und Vorherrschaft gekennzeichnet sind und Intervalle (die Jahrhunderte lang andauern können), in denen Völker brachzuliegen scheinen, bis die Umstände sie wieder zu einer anderen aktiveren Bestimmung führen.

Die Erklärungen, die von Völkern früherer Zeiten vorgebracht wurden, stimmen in vieler Hinsicht mit der Zweiphasen-Theorie von Wallace überein. Sie behaupteten, daß die menschliche Rasse zahllose Zeitalter zur Entwicklung eines geeigneten Vehikels für ihre inneren Kräfte brauchte. Bis zu diesem Punkt war der Mensch nur ein leeres Gehäuse, das ein paradiesisches Dasein führte, aber bar jeder Denkfähigkeit war. Es kam jedoch die Zeit, zu der das Vehikel bereit war und höhere Wesen in ihm inkarnierten. Es war das Höhere Selbst des Menschen, das in ihm seinen schlummernden Verstand zum Selbstbewußtsein erweckte. Diese Mânasaputras, "Söhne des Gemüts" (Hinduismus), Elohim (hebräisch), Prometheus (griechisch), Loki (nordisch), Ahriman (persisch), oder welchen Namen die Völker auch hierfür ausgesucht haben mögen, waren die rebellischen Engel (Luzifer), die dem Menschen das Feuer der Götter brachten. Die Überlieferungen besagen auch, daß die Götter sich verkörperten, um Adam (Menschheit), der erst kurz zuvor "aus dem Paradies" vertrieben worden war, die Künste und Wissenschaften zu lehren. Diese Großen, so wird gesagt, verweilten nach der universalen Legende als Gottkönige und zogen sich schließlich zurück, als die materiellen Zyklen näherrückten. Zuvor gründeten sie jedoch die Mysterien-Schulen, in denen das archaische überlieferte Wissen bewahrt und erläutert werden konnte. Das alles bildete für den intuitiven Sucher den esoterischen Hintergrund, der zwischen den Symbolen und Parabeln der exoterischen oder volkstümlichen Mythologien, die uns überliefert sind, sichtbar ist.

Die Mythe über Prometheus enthält bedeutungsvolle Anzeichen für diese vergessenen Ereignisse unserer Vergangenheit - Ereignisse, die von den Philosophen, Dichtern und Dramatikern früherer Zeiten in ihren Beschreibungen über die Entstehung der Welten und Menschen ausführlich behandelt wurden. Die Erzählung hat verschiedene Formen angenommen. In einer Fassung schuf Prometheus den Menschen aus der Erde, in der noch "himmlische Samen" verblieben waren. Dann rief er die Winde, um dem Menschen Leben einzuhauchen; aber der Mensch war noch ohne Feuer. Viele beziehen dieses Feuer mehr auf das geistige Feuer [Denken] als auf das irdische. So stahl Prometheus das Feuer von den Göttern und brachte es in einem hohlen Rohr verborgen, dem Menschen. Er blieb auch bei den Menschen, um diese die Künste und die Wissenschaften zu lehren. Für diese Taten wurde er von Zeus verbannt und an einen Felsen am Berg Kaukasus angekettet, wo ein Adler von seiner Leber fraß. Schließlich wurde er von Herkules befreit, in dem man den Gottmenschen oder den vollkommenen Menschen sehen kann. Eine Deutung besagt, daß das Geistige im Menschen (Prometheus) durch die Verkörperung gefesselt ist, bis der Mensch bewußt gottähnlich wird (Herkules) und es befreien kann. Die christliche Erzählung enthält dieselben grundlegenden Elemente, auch wenn sie anders formuliert ist: Luzifer (wörtlich "Lichtbringer") ist aus dem Himmel verstoßen, erscheint aber im Paradies, um den Menschen mit der Frucht vom Baume der Erkenntnis in Versuchung zu führen. Entsprechende Mythen können beinahe in jedem Teil der Welt gefunden werden.

Wenn die menschliche Rasse tatsächlich einen solchen spirituell-intellektuellen Stimulus erhalten hat, müßte es sicher möglich sein, einen physiologischen Beweis für diese Tatsache zu finden. Ein Anhaltspunkt, der heute kaum Beachtung findet, aber von Dr. Eiseley recht gut erklärt wird, liegt darin, daß der Mensch während seiner Entwicklung von der Empfängnis bis zur Geburt und bis zum Erwachsensein im kleinen das durchmacht, was der menschlichen Gattung im großen widerfahren ist. In seinem Immense Journey (Ungeheure Reise) verweist er auf die interessante Tatsache, daß das menschliche Gehirn bei der Geburt nur wenig größer ist als das eines Gorilla-Babys (330 ccm). Im ersten Lebensjahr nimmt das Gehirn des Kindes an Größe jedoch um das Dreifache zu. In der Tierwelt gibt es nirgends eine Parallele zu dieser Erscheinung. Eiseley stellt die Frage: "Zu welchem Zeitpunkt oder unter welchen Entwicklungsbedingungen" begannen unsere menschlichen Vorfahren ihre bemerkenswerte Umwandlung. Sicherlich würde die alte Überlieferung, die von der Inkarnation höherer intellektueller Fähigkeiten im Menschen und von der nachfolgenden Erziehung der unmündigen Menschheit durch fortgeschrittenere Seelen berichtet, außerordentliche Veränderungen hervorgerufen haben. Das schnelle Wachstum des menschlichen Gehirns ist ein Beweis dafür, daß etwas in dieser Art stattgefunden haben muß. Eiseley bezieht sich auf das "alte biologische Gesetz", daß die Entwicklung des einzelnen Menschen die Geschichte der Menschheit widerspiegelt, was diesen "plötzlichen oder explosiven Zuwachs" irgendwann in der fernen Vorgeschichte der Menschheit bestätigen würde.

Wallace bestärkt das durch den Hinweis, daß, nachdem das menschliche Gehirn vorbereitet war, "der spirituelle Einfluß eintrat, der allein ihn befähigte, eine intellektuelle und moralische Entwicklung zu beginnen."2 Er behauptete auch (zu Darwins Enttäuschung), daß sich die künstlerischen, musikalischen und mathematischen Fähigkeiten des Menschen nie durch natürliche Auswahl und durch den bloßen Kampf ums Dasein entwickelt haben konnten.

Wenn wir annehmen, daß die Natur, der Kosmos, im Geistigen ebenso real ist wie im Physischen, dann müßte die ideale Philosophie in ihren Beschreibungen beide Welten beleuchten. Da wir in uns selbst nicht entdecken können, wo der Körper aufhört und der Geist anfängt, sollten wir nicht versuchen, den wissenschaftlichen Bereich von dem der Religion zu trennen und aufzuteilen. Vielmehr sollten die Erkenntnisse aus dem einen helfen den anderen zu ergründen. Was wir suchen, ist letzten Endes nicht materielle Wahrheit oder geistige Wahrheit, sondern die wirkliche Wahrheit - soweit wir Menschen diese erkennen können. Und vielleicht gibt es nichts anderes, was für eine universale Betrachtung so geeignet ist, wie das Rätsel um das menschliche Selbstbewußtsein. Denn der Geist nimmt an beiden Welten teil: Er wohnt im Gehirn und schwingt sich dennoch, ohne durch physische Bande gekettet zu sein, empor und berührt die Sterne mit ihrem unmittelbaren Leuchten, doch im nächsten Moment verweilt er zögernd angesichts der Unendlichkeit einer Blume.

Fußnoten

1. My Life: A Record of Events and Opinions (Mein Leben: Ein Bericht über Ereignisse und Ansichten), Band I, Seite 419. [back]

2. Social Environment and Moral Progress, (Gesellschaftliche Umwelt und moralischer Fortschritt) Seite 30. [back]