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Die Freude – ein Götterfunken

 In der Freude, die in dieser Jahreszeit die Seele mit erneuter Hoffnung erfüllt, liegt eine magische Kraft, denn sie entspringt dem Lebenskern, wo göttliche Feuer brennen. Friedrich Schiller empfand in seinem Gedicht "An die Freude" die transzendentale Macht der Freude, das Leid zu lindern und die Menschen als Brüder zu vereinen "wo dein sanfter Flügel weilt." Er war überzeugt, daß der Mensch mit den Sternen und noch Höherem verbunden ist, und daß er in sich die Möglichkeit des Göttlichen umschließt. Die Freude ist ihm schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium. Er sagt "Freude trinken alle Wesen an den Brüsten der Natur." Blumen lockt sie aus den Keimen, Sonnen aus dem Firmament. Sie ist die starke Feder in der großen Weltenuhr und hält die Sterne in ihren festgesetzten Bahnen. 

Schillers Gedicht machte auf Beethoven, als er noch ein junger Mann war, einen großen Eindruck. Jahrelang hafteten einzelne Strophen in seinem Gedächtnis, und er machte viele Versuche, die Worte in Musik umzusetzen, ehe er schließlich die Neunte Symphonie schuf. Von ihr wurde gesagt, sie charakterisiere die Entwicklung aus der Dunkelheit zum Licht, den Übergang aus den Tiefen der Verzweiflung zu den Höhen spiritueller Freude. Mit ihrer universalen Anrufung spricht sie zu jedem Menschen von seinen eigenen inneren Kämpfen und Idealen und von dem Schmerz, der uns zu einer größeren Geburt führt. 

Die Symphonie führt in ihrem Verlauf durch verschiedene Stufen des Erwachens, von Aufruhr zu innerer Ruhe, zum schließlichen Triumph. Der Erste Satz schildert einen titanischen Kampf zwischen "heldenhaftem Erdulden und den Kräften der Angst und Sorge", während der Zweite Satz freudvoller ist, aber mit den Untertönen des Fragens und des Suchens nach inneren Werten. Im Dritten Satz drückt das Adagio Heiterkeit und Gelassenheit aus und den "inneren Seelenfrieden eines Menschen, der das Leiden akzeptiert hat." Es verbleibt aber immer noch ein ungelöstes Element. 

Dann kommt das Finale, in dem Beethoven seine Seelengröße offenbart und die philosophische Bedeutung der Verse Schillers durch die Art seiner Bearbeitung darlegt. Von dem Augenblick an, wo die Ode an die Freude mit ihrem berühmten Thema, um das der Hauptteil des letzten Satzes komponiert wurde, beginnt, wächst eine ungeheure Kraft empor, die sich von einem Höhepunkt zum nächsten aufschwingt. 

Die Passage, die die Idee vermittelt, daß wir 

Froh, wie seine Sonnen fliegen 

durch des Himmels prächtgen Plan, 

wandelt, Brüder, eure Bahn, 

freudig, wie ein Held zum Siegen... 

ist fast ein Befehl an uns selbst, uns als einen Teil des harmonischen und majestätischen Rhythmus der leuchtenden Wanderer im Weltall zu fühlen und bei unserer Suche nach Wahrheit mutig wie Helden zu sein. 

Das führt dann hin zum Thema der universalen Bruderschaft, das getragen wird von der ganzen Kraft der Hingabe an die Menschheit, wie sie Schiller und Beethoven eigen war. Der Chor singt: Seid umschlungen, Millionen. Dann folgt der mystische Gedanke, über dem Sternenzelt nach dem höchsten Ursprung Gottes zu suchen. An diesem Punkt ist es, als ob man für einen kurzen Augenblick einen flüchtigen Einblick in das Mysterium der Schöpfung erhaschen dürfe. Der Höhepunkt wird erreicht durch die Chorpassagen, die bestätigen, daß die Freude ein Götterfunken ist und alle Menschen Brüder sind. 

In diesen Zeiten, in denen Unmenschlichkeit und Auseinandersetzungen in ihrem Ausmaß fast überwältigend sind, ist es ermutigend zu erkennen, daß solche Genies wie Beethoven und andere große Seelen auf allen Gebieten des Lebens den nachfolgenden Generationen für Jahrhunderte ein erhebendes Vermächtnis hinterlassen haben, das uns inspiriert, die Größe unserer menschlichen Bestimmung zu empfinden. 

In dieser Jahreszeit stehen wir wieder am Beginn eines neuen Jahres. Was werden die nächsten Jahre bringen? Wir könnten aber genausogut fragen, was wir ihnen geben können an einem größeren Maß selbstloser Hingabe an alle, und an jener tiefen, bleibenden Freude, die den Weg zur Bruderschaft der Menschen erhellt?