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Der moderne Galilei

Wie blind können wir Menschen doch sein, und uns dennoch als vernünftige Wesen bezeichnen. Wir sehen, was wir sehen wollen; wir lesen, was wir lesen wollen; und wir glauben, was wir glauben wollen, ganz gleich, was die Wahrheit ist. Jahrhundertelang stand es für die Gelehrten der westlichen Welt fest, daß sich die Sonne und alle Sterne um die Erde bewegten. Aristarchos von Samos um 281 v. Chr., Seleukos von Seleukia am Tigris um 150 v. Chr., Pythagoras um 500 v. Chr., und natürlich Kopernikus, sie alle haben das Gegenteil gelehrt - daß die Erde und die Planeten sich um die Sonne bewegen; nur Galilei wurde vor die Inquisition geschleppt, weil er ausgesprochen hatte, was uns heute eine selbstverständliche Wahrheit ist. Die mittelalterlichen Gelehrten mußten ein Astrolabium [Sternhöhenmesser] mit komplizierten geometrischen und anderen Strukturen konstruieren, um die spiralförmigen Kreise der Planeten nachzubilden, wie sie von der Erde aus gesehen werden. Für unsere modernen Astronomen ist es viel einfacher, die Kreisläufe der Erde und Planeten um die Sonne darzustellen.

In unseren heutigen wissenschaftlichen Vorstellungen von den Vorgängen in der Natur haben wir anscheinend ein anderes Hindernis. Eines Tages wird irgendein junger, vielversprechender Physiologe eine Abhandlung über die Entwicklung des Menschen veröffentlichen, die die Royal Society (Königlich Britische Akademie der Naturwissenschaften) oder irgendeine ähnliche nationale Institution dann zunichtemachen wird, so wie es durch Darwin zu seiner Zeit geschehen ist. Er wird ausgelacht werden, wie es mit Galilei geschah, und die Unbelehrbaren in der modernen wissenschaftlichen Inquisition werden ihn anprangern, aber die folgenden Generationen werden sich wundern, daß irgend jemand anders denken konnte, als jener, der seine Idee der Welt einmal bringen wird.

Seit Darwin haben wir uns daran gewöhnt, alle Lebensformen, die sich unterhalb der menschlichen Lebensform befinden, als Sprossen auf der Leiter der menschlichen Entwicklung anzusehen. Man lehrt oder erklärt uns, daß das Wachstum des menschlichen Fötus eine Art serienmäßige Wiederholung aller niedrigeren Geschöpfe ist, durch die der Mensch sich entwickelt hat, um die Stufen des Homo sapiens zu erreichen. Allerdings tauchen da einige unangenehme Tatsachen auf, und gewisse komplizierte Voraussetzungen müssen angenommen werden, um diese Tatsachen mit der Theorie in Einklang bringen zu können. Es ist eine Wiederholung des "Astrolabium"-Versuchs, durch den man die Tatsachen der Theorie anpaßt. Es hat den Anschein, als ob die absteigende oder die aufsteigende Linie des menschlichen Embryos nicht durch die voll ausgewachsenen, reifen Arten des Tierreiches führt, sondern durch ihren später geborenen Abkömmling. Daher hat der menschliche Fötus in seiner "Fischform" im Hals zwei Schwellungen, die ähnlichen Schwellungen bei jungen Fischen entsprechen. Während diese Schwellungen beim ausgewachsenen Fisch Kiemen werden, bildet sich beim menschlichen Embryo daraus der Kehlkopf.

Nun erklärt unser moderner Gelehrter, daß der menschliche Urtyp offensichtlich in diesem Stadium mutiert habe (seine Erbanlage spontan geändert habe) und rechtwinklig in einer Seitenlinie von der Art und Weise der Fortentwicklung der Fischbrut zum Fisch abwich. Es ist allerdings seltsam, daß sich das so oft ereignete. Jedesmal wenn der menschliche Embryo die Form eines seiner angeblichen Vorfahren anzunehmen scheint, mutiert er geschwind und schlägt eine andere Richtung ein. Unsere Vorfahren scheinen nichts anderes getan zu haben, als zu mutieren. Seltsam, daß der Homo sapiens so gleichartig entwickelt ist.

Eines Tages, und vielleicht eher als wir denken, wird unser unerschrockener, junger Physiologe eine ganz andere Erklärung des Sachverhaltes anbieten. Seine These wird dann sein, daß der Mensch der Hauptstamm und der Urtyp ist und es immer war, von dem sich alle anderen Geschöpfe abgezweigt haben. Er wird nicht sagen können, der "Mensch" sei immer vernunftbegabt gewesen, oder er habe schon immer die heutige Gestalt gehabt, aber es ist ganz bestimmt viel einfacher und logischer zu sagen, daß die Kiemen des Fisches eine spezielle Mutation vom Kehlkopf des Menschen sind, als das Umgekehrte zu behaupten! Für die Vorfahren des Menschen ist dann kein "Astrolabium" nötig, um die Tatsachen vernunftgemäß zu erklären.