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Der göttliche Plan

Neuordnung beherrscht die Gedanken der heutigen zivilisierten Welt. Die Menschen möchten etwas für ihre Mitmenschen tun, die nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen. Dabei haben wir oft gar keine richtige Vorstellung davon, was nun eigentlich an der Gesellschaft falsch ist, und noch weniger wissen wir es von uns selbst. Wir wissen auch nicht, auf welcher Grundlage man aufbauen könnte. Nachdem die alten Normen zusammengebrochen sind, hat man immer mehr das Gefühl, irgendwelche wichtige Faktoren seien übersehen worden; man ist überzeugt, daß eine neue Basis gefunden werden muß, auf der harmonische Beziehungen zwischen den einzelnen Menschen und den Nationen errichtet werden können. Sogar in unseren geschäftlichen Angelegenheiten möchten wir neue Wege finden. Die alten Mittel sind überholt, doch wenn wir unsere Maschinerie neu aufpolieren wollen und einen Versuch starten, dann können wir oft feststellen, daß die neuen Vorrichtungen für die alten Aufgaben nicht taugen.

Diese neuen Mittel und Wege gehören zu einer neuen Ära, die man erst verstehen muß. Unser materieller und intellektueller Übereifer hat unsere spirituelle Entwicklung beinahe überflügelt; dadurch scheinen wir mehr Wissen und Macht zu besitzen, als wir zu gebrauchen verstehen. Das hat so sehr überhand genommen, daß sich in aller Welt verantwortungsbewußte Leute fragen, was aus der Zivilisation werden soll, wenn die Wissenschaft weiterhin neue und immer mörderischere Vernichtungsmittel in die Hände von Menschen legt, die von persönlichem und nationalem Ehrgeiz beherrscht sind. Das enorme technische Wissen und die technische Geschicklichkeit bringen zwar mehr Komfort und Annehmlichkeit für das Leben und auch ein Gefühl des Stolzes und der Selbstzufriedenheit; aber wächst auch die Spiritualität dementsprechend? Physisch und intellektuell sind wir imstande gewesen, uns dem Raumzeitalter anzupassen; sind wir aber auch moralisch und spirituell vorbereitet? Sind wir uns dessen auch voll bewußt, daß jeder von uns für das, was er tut und erzeugt, verantwortlich ist? Wenn wir den natürlichen Problemen des Lebens mutig ins Auge sehen können und deutlich erkennen, was unser vielgerühmter Fortschritt wirklich wert ist, haben wir den ersten Schritt zu einer vorurteilsfreien Neuordnung getan.

Alle wirtschaftlichen, sozialen und internationalen Probleme sind in Wirklichkeit moralische Probleme. Sie werden nie befriedigend gelöst, solange sie nicht vom spirituellen Standpunkt aus betrachtet werden. Doch die individuelle Anstrengung ist es, die zählt und wichtig ist, denn es steht fest, daß jedem Fortschritt, den die Menschheit als Ganzes machte, die heroischen Anstrengungen einer zahlenmäßig unbedeutenden Gruppe einzelner Menschen vorausgingen, die von einem großen Ideal begeistert waren.

Die Ursache unserer Schwierigkeiten liegt darin, daß wir individuell noch nicht gelernt haben, den drängenden Impuls, für das Ich zu arbeiten, umzuwandeln. Aber warum gehen wir diesen egozentrischen Weg, anstatt dem höheren Gefühl der Brüderlichkeit und der gegenseitigen Achtung, das ebenfalls in jedem von uns wohnt, zu folgen? Hauptsächlich, weil wir unwissend sind, weil wir den größeren Bereich unserer Bestimmung als denkende Wesen auf diesem Globus nicht kennen. Wir haben unsere Aufmerksamkeit auf uns selbst konzentriert, und aufgrund dieser begrenzten Anschauung bekam der Instinkt der Selbsterhaltung die Vorherrschaft, so daß die Menschheit, die aus uns und aus Millionen anderer besteht, die wie wir sind, immer und immer wieder in den Strudel der Verwirrung hineingezogen wird. Die Annalen der Geschichte berichten von vielen derartigen Krisen.

Doch es gibt auch eine andere Geschichte - die Geschichte vom Sieg der Seele während ungezählter Zeitalter. Immer wieder finden wir einzelne Menschen, die stark genug sind, den Weg des 'Ich' aufzugeben. Von Zeit zu Zeit erscheinen große Persönlichkeiten, die nur zum Wohle der Menschheit leben, einzig darauf bedacht, die Menschen Weisheit zu lehren. Wir brauchen dabei nur an einen dieser Großen zu denken - an den, der uns am vertrautesten ist. Von ihm wird berichtet, daß ihn eine Art Licht und Glanz umgab. Leute kamen zu ihm und scharten sich als Jünger um ihn. Seine Botschaft an die Welt lautete: "... sintemalen wir untereinander Glieder sind." Ihr könnt nicht getrennt für euch leben; das Glück jedes einzelnen hängt vom Glück aller ab, euer Gefühl als Einzelpersönlichkeit ist eine Täuschung.

Er sagte nicht, ihr seid arme und sündhafte Geschöpfe, sondern vielmehr: "Gehet hin und sündiget nicht mehr"; "ihr seid Götter, seid vollkommen", und was die wundervollen Werke anbetraf, die er vollbrachte, so verhieß er den Menschen, daß sie solche und noch größere Dinge tun werden.

Ihr seid Götter, seid vollkommen - entweder war dieser Mann ein Narr, oder er war ein Weiser, der jene Worte ernst meinte. Er sagte, wir Menschen - jeder einzelne von uns, mit all unseren offensichtlichen Unvollkommenheiten - seien Götter. Er forderte uns auf, "vollkommen" zu werden, was er sicherlich nicht getan hätte, wenn er nicht ein gut Teil mehr als wir selbst von den Möglichkeiten gewußt hätte, die in uns liegen. In unserer Unwissenheit glauben wir immer unvollkommen zu sein und meinen daher, daß es trotz aller Anstrengungen nicht möglich sei, die Welt zu bessern. Jesus sprach offensichtlich von Kenntnissen, die wir nicht besitzen. Er sprach deutlich von einem Kern der Weisheit, den "Mysterien des Himmelreiches" - einer verborgenen Weisheit oder einer heiligen Lehre, die verdient werden muß.

Nun, wenn er der einzige Mensch dieser Art wäre, der je erschienen ist, so würden seine Worte nicht so bedeutungsvoll sein, obgleich sie auch wunderbar genug wären. Doch wenn wir in den Annalen der Geschichte blättern, so finden wir, daß er nur einer aus einer langen Reihe großer Lehrer war, die immer wieder die gleichen ermutigenden Wahrheiten lehrten. Diese erleuchteten Gestalten brachten uns periodisch die Offenbarungen (oder Entschleierungen) ewiger Wahrheiten - Wahrheiten, die ihrerseits Samen für neue Religionen, neue Wissenschaften und Philosophien wurden -, die alle nur in dem Sinne neu sind, wie jeder Tag erneute Gelegenheiten mit sich bringt, die, so sehr sie auch wie ein neuer Anfang aussehen, in Wirklichkeit eine alte Sache sind, die über Monate und Jahre in die Vergangenheit zurückreicht. So ist es mit der Wahrheit - sie ist niemals neu, sie ist ewig; jedes Zeitalter bringt nur andere Aspekte von ihr hervor.

Mensch erkenne dich selbst! - die größte Inspiration, die ein Mensch haben kann, sein Leben klug, mutig und vornehm zu führen, kommt aus dem Innern. Immer wenn wir das Göttliche in uns erkennen - bei jedem Dienst, den wir anderen leisten, bei jeder Pflicht, die wir unpersönlich und mit ganzem Herzen erfüllen -, gestatten wir dem Einen Leben, das durch alles pulsiert, uns immer vollkommener zu gestalten. Den Gebrauch oder Mißbrauch, den wir von dem EINEN LEBEN machen, erniedrigt oder erhebt alles, mit dem wir in Berührung kommen. Die Pflicht eines jeden Menschen ist deshalb, seinem inneren Maßstab treu zu sein und seine Talente, wie wenige oder wie viele es auch sein mögen, für gute Zwecke anzuwenden. Mit starkem Willen und ruhigem Gemüt wird er dann feststellen, daß er in dem Maße, in dem er in seiner Selbstbesiegung fortschreitet, am göttlichen Plan mitgearbeitet und ebensosehr bei der Neuordnung des Denkens in der Welt geholfen haben wird.