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Altruismus im täglichen Leben

Wir alle hoffen und glauben, daß die Menschheit in Zukunft einmal zu einem harmonischen Ganzen zusammenwachsen wird und sich jeder einzelne in seinen Gedanken und Handlungen frei zum Ausdruck bringen kann. Zu dieser Harmonie muß es kommen, weil unser Sehnen danach immer stärker und stärker wird, wodurch wiederum der Wille gelenkt wird, alles zu tun, was zur Verwirklichung erforderlich ist. Deshalb ist es auch notwendig, zum Nutzen anderer Opfer zu bringen. Wir bekommen dadurch nach und nach einen tieferen Einblick in das Wirken der Natur und beginnen bewußt mit ihr zusammenzuarbeiten.

Wenn auch die Gewalttätigkeit überall sehr überhand nimmt, so sehen wir doch auch gleichzeitig viele Anstrengungen, die im kleinen wie im großen gemacht werden, um anderen zu helfen. Es geschieht in dieser Hinsicht viel mehr, als uns bekannt ist, doch dann und wann werden wir auf etwas aufmerksam.

Vor kurzem las ich zum Beispiel in der Lokalzeitung von der Gründung einer Freundschaft von Kindern der ganzen Welt in Den Haag. Schulen nehmen mit anderen Schulen in allen Teilen der Welt Verbindungen auf, besonders in den unterentwickelten Ländern. Die Kinder senden einander Zeichnungen und kleine Briefchen, in der Absicht, dadurch die gegenseitigen Sitten und Anschauungen kennen zu lernen, was wiederum zu der Erkenntnis beitragen kann, daß die Menschheit eine Bruderschaft ist. Es ist ein Versuch zum gegenseitigen Nutzen aus der Sicht des Kindes und um den Jugendlichen zu zeigen, daß die Verhältnisse der Menschen in anderen Ländern zwar anders sind als bei uns, daß es aber dennoch sehr nützlich ist, sie zu kennen und man dabei etwas lernen kann. Die Verbindungen werden deshalb durch Schulen hergestellt, weil auf diese Weise das Bekanntmachen mit anderen wertvollen Sitten und Gebräuchen unter Führung stattfindet. Diese Einrichtung wurde in aller Stille ins Leben gerufen und ist noch sehr klein. Hoffentlich wächst sie und bringt zustande, was so dringend notwendig ist: Freundschaft und Verständnis füreinander, anstelle von künstlich genährtem Haß.

Ein anderes Beispiel betrifft eine Bekannte von mir, ein holländisches Mädchen vom Lande. Sie ist mit ihrem Mann und ihrem Sohn nach Nordfrankreich verzogen und, obwohl sie viel beschäftigt ist, entpuppte sie sich als Schriftstellerin, die unbedingt ergründen möchte, was die Menschen zu ihren Handlungen veranlaßt. Dabei ist sie voller Güte und Verständnis für die Fehler anderer. Sie schrieb mir, daß in Frankreich über das Fernsehen ein Appell an die Bevölkerung gerichtet wurde, während der Weihnachtszeit ausländische Studenten, die nicht nach Hause fahren konnten, in ihr Heim einzuladen. Als sie Erkundigungen darüber einzog, erfuhr sie, daß für weiße Studenten eine Menge Angebote vorlagen, während Angehörige anderer Volksgruppen nicht sehr willkommen waren. Deshalb nahm sie drei afrikanische Studenten auf, die von ihrer Regierung nach Frankreich geschickt worden waren und dort erst einige Wochen studierten. Obgleich sie alle aus dem gleichen Land kamen, sprach doch jeder eine andere Stammessprache, weshalb man sich auch untereinander auf französisch verständigte. Zu Hause, so erzählten sie, lebten sie in Lehmhütten und aßen und schliefen auf dem Boden. Doch trotz der Unterschiede der 'Zivilisation' ergaben sich zwischen der Familie und den Gästen viele gute Gespräche. Sie schrieb mir, daß sie und ihre Angehörigen schon lange kein so wunderbares Weihnachten mehr gehabt hatten. Glücklicherweise nehmen ähnliche ehrliche Bemühungen immer mehr zu.

In der heutigen Welt gibt es eine Vielfalt gigantischer Probleme. Ihnen allen liegt irgendeine Form der Selbstsucht zugrunde: Gier nach Macht oder Geld, Mangel an Liebe und Verständnis und an sich selbst und an andere nicht mehr glauben zu können. Alle diese persönlichen Schwächen zusammen erzeugen die schrecklichen Ereignisse, die wir in unserer Zeit überall wahrnehmen können. Wohin wir auch blicken, sehen wir oft kraftlose Unterdrückte, die jedoch versuchen, ihren Unterdrückern zu widerstehen und alles tun, um ihre Gedanken- und Handlungsfreiheit wieder zu gewinnen oder aufrecht zu erhalten. Für alle Betroffenen bedeutet das viel Leid.

Und dennoch, wieviel kann doch ein jeder von uns aus dem schweren Karma anderer lernen. Ist nicht jeder Kampf, der gegen diese oder jene Vorherrschaft geführt wird, wie der Kampf des spirituellen Selbst im Menschen, der gegen seinen niederen Teil geführt wird? Wie erfreulich ist doch der Gedanke, daß eines Tages die höhere Natur im Menschen und in der ganzen Menschheit die Oberhand auf Erden gewinnen wird, wenn wir nur weiterhin nach wahrer Erkenntnis streben und den festen Willen haben, immer Gutes zu tun.