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Band 4: Die siebenfältige Konstitution des Menschen

Der Mensch – das Kind eines siebenfältigen Universums

Das Universum selbst hat eine siebenfältige Konstitution. Eine der wichtigsten Lehren der Theosophie ist die Erkenntnis, dass das, was wir vom wirklichen Universum wahrnehmen, nicht mehr als sein Äußeres oder sein stofflicher Aspekt ist. Die übrigen sechs Aspekte sind unsichtbar für uns. Ihre Materie ist von ätherischerer Art als die uns vertraute, mit höheren und feineren Schwingungszahlen. Wir können sie nicht wahrnehmen, weil wir die dafür notwendigen ätherischen Sinne oder feineren Wahrnehmungsorgane nicht entwickelt haben. Deshalb sind sechs Siebtel des großen Organismus von Mutter Natur für uns immer noch verborgen. Auch in der Struktur des Lichts gibt es Bereiche – wie Ultraviolett auf der einen und Infrarot auf der anderen Seite –, deren Frequenzen entweder zu hoch oder zu niedrig sind, um durch unser Sehvermögen wahrgenommen zu werden. Aber trotzdem haben sie einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit und auf andere Bereiche in der Welt der materiellen Ursachen. Die Tatsache, dass alle Dinge durch innere, unsichtbare Kräfte und Impulse angetrieben werden, können wir sogar in der physischen Welt um uns herum erkennen. Ist das Leben und Wachstum einer Blume oder eines Baumes – die mit der Verteilung von Säften und Farbveränderungen usw. einhergehen – für uns nicht ebenso unsichtbar, abgesehen von den äußeren Wirkungen? Und wird ein Stein nicht durch die Kräfte von Anziehung und Abstoßung der Atome und Elektronen zusammengehalten, welche die unsichtbare Seite seiner Struktur bilden? Diese Tatsache, dass das physische und äußere Wesen sozusagen ‘von innen in Gang gehalten wird’, können wir ein Gesetz nennen, weil es überall in der Natur herrscht.

Diese inneren und unsichtbaren Reiche sind die ursächlichen oder schöpferischen Welten. Aus ihnen geht das physische Universum hervor. Die Natur, so wie wir sie um uns herum wahrnehmen, ist nur der physische Organismus in all seinen Aspekten, durch den die inneren Reiche der schöpferischen Evolution wirken. Aber die Natur ist viel mehr. Sie sollte eigentlich die Universalnatur genannt werden, die folgendermaßen definiert ist:

… die „Universalnatur“ . . . beinhaltet die spirituelle und materielle Natur mit all den zahllosen hierarchischen Ebenen, die dazwischen liegen, einschließlich den sichtbaren und unsichtbaren Welten, den göttlichen, spirituellen, intellektuellen, ätherischen, astralen und physischen Wesen.

– G. DE PURUCKER:The Esoteric Tradition, I:4.

Das Vorhergehende wird mit der Hilfe eines uns vertrauten Beispiels leichter verständlich. Denken wir an diejenigen, die uns am liebsten und teuersten sind. Was wir von ihnen sehen können, ist ihre physische Erscheinung, sowie ihr Tun und Lassen. Aber das ist der unwichtigste Aspekt dessen, was sie uns bedeuten. Es ist ihr komplexes inneres Selbst, das wir lieben. Wir lieben sie, weil ihr Intellekt, ihr Temperament oder ihre moralische Haltung uns fesselt. Dies alles zusammen macht den Menschen aus. Jemand, der uns bei einer ersten Bekanntschaft in körperlicher Hinsicht hässlich erschien, kann uns durch seinen noblen und menschenfreundlichen Charakter schließlich den Eindruck der Schönheit vermitteln. Und ein anderer, der uns anfangs durch äußerliche Schönheit fesselte, kann uns am Ende zuwider sein, wenn wir feststellen müssen, dass er oder sie von egoistischer und grausamer Natur ist. So ist es auch mit der Welt um uns herum. Sie besteht aus inneren Kräften und unsichtbaren schöpferischen Energien, welche die Realität bilden und deren physische Natur nichts weiter ist als das Äußerliche oder die Form.

Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den unsichtbaren sechs Teilen der Konstitution eines Menschen und den unsichtbaren sechs Teilen der Konstitution der Natur. In beiden Fällen ist der physische Aspekt der niederste oder das siebte Prinzip – der Körper oder Sthūla-Śarīra. Genau wie wir unseren Körper der Erde entnehmen und unsere Vitalität indirekt von der physischen Sonne erhalten, entnehmen wir unsere unsichtbaren sechs Prinzipien den unsichtbaren sechs Prinzipien der Universalnatur.

‘Aber’, wird jemand vielleicht einwenden, ‘vorher wurde gesagt, dass wir all unsere Prinzipien von der Monade herleiten. Die Monade, sagten Sie uns, bringt Buddhi hervor, ihre Hülle oder ihr Kleid spirituell-intellektueller Substanz. Dann erzeugt Buddhi Manas, Manas entfaltet Kāma, und so weiter nach unten, entlang der siebenfältigen Leiter des Seins. Und nun sollte der Mensch seine Prinzipien von den sieben Prinzipien der Natur herleiten? Liegt hier nicht ein Widerspruch?’

Dies ist nicht der Fall, denn es verhält sich genauso wie beim Menschen. Was hat den größten Einfluss auf die Entwicklung des Menschen – sein angeborener Charakter oder das Milieu, in dem er geboren wurde? Am Ende müssen wir zugeben, dass – obschon die Umgebung von sehr großer Bedeutung ist – tatsächlich der Charakter als gestaltende Kraft maßgebend ist. Wäre es anders, so könnte es niemals vorkommen, dass Menschen, die in Armut oder in Elendsvierteln geboren wurden, sich zu den Spitzen des Erfolgs hocharbeiten. Der bekannte Ausdruck vom ‘Self-made-man’ verdankt seine Herkunft der Tatsache, dass die wirklich führende Kraft im Leben eines Menschen in ihm selbst liegt. Wenn diese Kraft stark genug ist, kann sie durch die Umgebung nicht ausgeschaltet werden.

Unsere eigenen charakteristischen Prinzipien entspringen unserer spirituellen Individualität, der Monade. Aber diese Prinzipien unterliegen selbstverständlich auch dem Einfluss der Prinzipien der Natur. Eine Eichel kann nur eine Eiche erzeugen. Aber die Eichel wird genährt durch Wasser, Luft und durch chemische Bestandteile des Bodens. Später nimmt sie für den Aufbau der Zellen und die Produktion von Farbe in den Blättern und Blüten die Sonnenvitalität in sich auf. Auch der Mensch, der göttliche Same des Universums, entzieht seine Nahrung den ihn umgebenden sieben Prinzipien der Natur. Der Astralkörper kann nicht von der Erde ernährt werden, sondern nur von seinen eigenen Elementen, die in den niedersten astralen Ebenen enthalten sind. So ist es entlang der ganzen Lebensleiter. Jedes Prinzip entnimmt das, wovon es erhalten wird, den entsprechenden Ebenen der unsichtbaren sechs höheren Prinzipien der Natur.

All unsere Prinzipien sind zweifältig. Nicht zweifältig in dem Sinne, dass sie aus zwei Teilen bestehen, wie eine Dose mit Deckel, sondern aus zwei Teilen, die auf die gleiche Art und Weise funktionieren wie eine elektrische Ladung, die einen positiven und einen negativen Pol hat. Jedes Prinzip hat eine energetische, das heißt eine positive Bewusstseinsseite und eine substantielle oder negative Seite. Durch letztere ist das Bewusstsein, das seine Existenz der Monade entnimmt, imstande, in den niederen Bereichen des Seins zu wirken. Die Bewusstseinsseite ist spirituelle Elektrizität, die der Lebenskraft der Monade entnommen wird. Die materielle Seite wird durch die magnetische Anziehung dieser Lebenskraft hervorgebracht – aus dem Reservoir der Lebensatome von den entsprechenden Prinzipien in der siebenfachen Natur.

Wir müssen auch bedenken, dass die Monade selbst ein wesentlicher Teil der integralen Natur ist. Sie ist eine Emanation oder Ausstrahlung des Wurzel-Bewusstseins unseres Universums, des kosmischen Selbstes, und sie bringt ihre homogene Energie durch ihr unmittelbares Vehikel, Buddhi, zum Ausdruck. So wie wir unsere physische Energie indirekt der Sonne entnehmen, so entnehmen wir unser spirituelles Leben indirekt über die Monade den spirituellen Energien der Universalnatur. Hier könnte man noch hinzufügen, dass die Sonne und alle Planeten ebenfalls siebenfältig sind.

Dieses Thema ist eines der fesselndsten aller theosophischen Lehren und ist aufs engste mit der großartigen Bestimmung des Menschen und seinen Erfahrungen und Abenteuern in den inneren Welten verknüpft. Aber es würde uns zu weit führen, wenn wir dieses Thema hier ausführlich behandeln würden. Hierzu verweisen wir den Leser auf die weiterführende theosophische Lieteratur.