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Band 3: Karma

Die Frage der Vererbung

Man könnte sich fragen: Wenn man sein eigenes Karma ist, wie können wir dann die Vererbung erklären? Die Theosophie gibt auf diese Frage folgende Antwort, die mit den zu beobachtenden Tatsachen übereinstimmt. Wir werden in eine bestimmte Familie geboren, weil wir in der Vergangenheit mit ihr verbunden waren und durch früher geknüpfte psychomagnetische Bande dort hingehören. Diese Bande bestehen aus vitalen Energien und müssen sich in der Sphäre auswirken, in der sie entstanden sind. Es ist deutlich, daß wir neben Karma auch die Lehre der Reinkarnation studieren müssen, weil die eine Lehre ohne die andere sinnlos erscheint. Wir werden unter bestimmten Menschen und bei bestimmten Eltern geboren, durch die Bande, die wir in vergangenen Leben mit ihnen knüpften. Wenn wir jemanden hassen oder lieben, sind wir mit diesem Menschen so lange verbunden, wie der Haß oder die Liebe existieren. Wir kommen gemeinsam auf diese Erde zurück, Freunde, Angehörige und Feinde, um unsere Freude und unser Leid, unsere Arbeit und unser Spiel, unsere Erfahrungen und unsere Lektionen im menschlichen Leben erneut aufzunehmen.

Wir können sagen, daß die Familie es ermöglicht, daß die individuelle Vererbung sich offenbart und wir wiederholen, was nicht oft genug gesagt werden kann: Karma gehört zum Wesen des Individuums und wird ihm nicht von außen auferlegt. Wenn wir das bedenken, sehen wir, daß die Vererbung eines reinkanierenden Wesens durch das bestimmt wird, was es selbst ist. Warum sind die Angehörigen einer Familie oft so verschieden, obwohl alle unter den gleichen Bedingungen und aus dem gleichen Vererbungsstrom geboren wurden?

Die unterschiedlichen Kombinationen erblicher Eigenschaften bei den einzelnen Menschen werden von den psychomagnetischen Anziehungen gesteuert, die zu den Skandhas des reinkarnierenden Wesens gehören. Das Sanskritwort Skandhas wird in der theosophischen Literatur verwendet, weil es in keiner anderen Sprache ein Wort gibt, welches die Qualitäten bezeichnet, die das essentielle Gefüge einer Wesenheit darstellt, ihre persönliche Natur. Sie beziehen sich auf die Eigenschaften, Neigungen, Merkmale, hohe und auch niedrige, wodurch sich die Menschen voneinander unterscheiden. Sie sind die Samen von Gedanken, Taten und Gefühlen, entweder von materieller Art, die dann helfen den nächsten Körper zu formen, oder sie sind von mentaler oder moralischer Art.

Die Art und Wirkung der Skandhas kann am besten verstanden werden, wenn wir zuerst die Lebensatome näher betrachten. Diese können als die Seele der Atome beschrieben werden, mit deren Hilfe das inkarnierende Wesen sich einen Körper erschaffen kann. Es sind die Bausteine, die alles gestalten. Sie existieren auf jeder Ebene der Natur, spirituell, mental, emotional, physisch und in jedem Stadium der Entwicklung oder Evolution innerhalb dieser Ebenen. Im menschlichen Leben formen sie den Körper mit seinen Zellen und Organen, sie gestalten seine mentale oder emotionale Zwischennatur und auch seine spirituelle Konstitution.

Die Lebensatome, die jetzt unseren physischen Körper und auch unsere psychologische und spirituelle Natur formen, werden in jedem Moment von all unseren Gedanken und Taten beeinflußt. Wenn wir liebevoll, rein und selbstlos sind, beeinflussen wir sie in dieser Weise; ebenso können wir sie aber auch mit Selbstsucht, Leidenschaft oder Haß, oder mit Schwingungen von Angst und Pessimismus durchdringen. Weil unser Körper und unsere innere Natur sich ständig durch Wachstum, Entwicklung und Verfall ändern, bleiben diese Lebensatome nicht bei uns, sondern strömen von uns aus, um sich zeitweilig mit Wesen und Substanzen zu verbinden, die mit den von uns empfangenen Eindrücken verwandt sind. Dies geschieht während des ganzen Lebens, aber noch vollständiger nach dem Tod. Denn dann findet eine Trennung der Prinzipien statt, die gemeinsam den Menschen bilden. Der spirituelle Teil geht in höheren Bereiche über, nachdem er alles, was zum persönlichen Menschen gehört, in gereinigter, essentieller Form in sich eingezogen hat; die leidenschaftliche, emotionale Natur bleibt für eine bestimmte Zeit auf ihrer eigenen Ebene, bervor sie sich auflöst und der physische Körper verfällt schnell, wie wir alle wissen. Dann finden die Lebensatome auf den Ebenen der Natur ihren natürlichen Wohnsitz, beladen mit den Eigenschaften und Neigungen, die sie im letzten Erdenleben empfingen. Aber sobald die Wiederverkörperung wieder eingeleitet wird, strömen sie unter dem Einfluß der natürlichen Anziehungskraft wieder zu dem Wesen zurück, das sie einst aussandte.

Diese Lebensatome sind die Träger der Skandhas, das Aroma unserer früheren Leben. Sie sind die Bausteine vieler Grade der Evolution, die auf diese Weise durch ihre eigenen Merkmale die Persönlichkeit formen, die im Begriff ist, geboren zu werden. G. de Purucker sagt in der Quelle des Okkultismus, Bd. 2, S. 205-208 folgendes über die Vererbung:

Jeder Mensch hat mehr als nur eine rein physische Vererbung. Er hat eine astrale, eine psychische, eine intellektuelle, eine spirituelle und in der Tat auch eine göttliche Vererbung. Da er das Kind seiner selbst und gegenwärtig der Vater all dessen ist, was er in der Zukunft sein wird, ist seine Vererbung lediglich das Ergebnis der Kette von Ursachen, die dem entstammt, was er zuvor auf irgendeiner Ebene war. Deshalb wird das, was er dachte oder empfand, ebenfalls notwendigerweise seine Konsequenzen haben und seinen Charakter entsprechend formen.

Vererbung ist nicht nur die Rückkehr der pranischen Atome aus früheren Leben, die die Merkmale des Egos jener Leben tragen, sondern sie ist auch das Charakteristikum eines von den Eltern auf das Kind durch die Lebensatome übertragenen Lebensstroms.

Ein großer Teil der Vererbung, des Stromes von Konsequenzen, wird von Generation zu Generation durch die Lebensatome übertragen. Der andere Teil der Vererbung ist der, den die Eltern in die Gleichung einbringen; aber kein Lebensatom geht jemals in eine ungeeignete Umgebung. Es geht nur in die Umgebung, zu der es psychomagnetisch hingezogen wird: Gleiches zu Gleichem, Leben nach Leben.

Eine ähnliche Folge von Ereignissen oder karmischen Wirkungen gibt es in jeder Rasse, ob tierisch, pflanzlich, menschlich oder anders. Diese Aufeinanderfolge von Ereignissen bildet die Glieder in der Kette von Ursachen, die wir Vererbung nennen. Wegen dieser Kette von Ursachen und den fast unbegrenzten Neigungen und Fähigkeiten, die latent in den Lebensatomen liegen, aus denen alle Dinge aufgebaut sind, können die Züchter von Tieren oder Pflanzen die interessanten Varianten züchten. So wurden zum Beispiel unsere Früchte und unser Getreide in den atlantischen und frühen arischen Zeiten aus Wildpflanzen entwickelt. Einige dieser Variationen bilden tatsächlich neue Arten, sie überdauern; sie bringen ihre eigene Art hervor. Dies kann man tun, weil es in jedem Lebensatom im Grunde genommen unendlich viele Möglichkeiten des Richtungswechsels gibt. Die Züchter liefern lediglich eine neue Umwelt, die es erlaubt, daß sich die bis dahin latenten Anlagen zum Ausdruck bringen können. Diese Energie- oder Lebensquelle innerhalb jedes Lebensatoms bringt die große Mannigfaltigkeit von Wesen um uns hervor.

Die Menschen liefern jedoch weit mehr als nur ein Heim oder die Lebensumstände für ihre Kinder. Das Leben ist keine Angelegenheit des Glücks oder des Zufalls – das sind nur Worte, die die menschliche Unkenntnis verdecken. Alles was ist, ist das Resultat einer Kette von Ursachen. Warum kommen gewisse Kinder zu gewissen Eltern? Jedes Kind wird zu der Umgebung und zu den Lebensströmen jener Eltern hingezogen, die dem Schwingungsgrad der hereinkommenden Seele am meisten entsprechen. Wir können dies eine Art von psychomagnetischer Anziehung an eine Umgebung nennen, die die größte Übereinstimmung mit den karmischen Bedürfnissen des Egos besitzt oder anders ausgedrückt, mit seinen eigenen charakteristischen Merkmalen. Die Konsequenz davon ist, daß die Eltern weit mehr als nur die Kanäle sind, durch die ein reinkarnierendes Ego diese Sphäre betritt, und weit mehr als nur menschliche Automaten, die ‘gute’ oder ‘schlechte’ Lebensumstände liefern.

Dies ist nur eine grobe Übersicht der Veränderungen, welche die scheinbare Kluft zwischen zwei Inkarnationen des menschlichen Egos auf der Erde überbrücken. Sie unterstützen die Erklärungen der theosophischen Lehren über die Vererbung. Sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede werden solcherart auf eine Weise erklärt, die nicht nur logisch, sondern auch gerecht ist.