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Band 1: Was ist Theosophie?

Die Lehrer der Menschheit

Nachdem, was bereits gesagt wurde, ist es nicht schwierig zu verstehen, daß bestimmte Menschen der Verwirklichung ihrer inneren göttlichen Natur weit näher gekommen sind als andere – einer Verwirklichung, auf die sich die gesamte menschliche Rasse in ihrer Evolution hinbewegt.

Unter den Fortgeschritteneren befinden sich einzelne, die selbst die besten und intelligentesten Menschen unter uns weit überflügeln. Sie sind die Blüte ihres Zeitalters. Sie sind als Retter, Welten-Lehrer, Weise, Mahatmas, Eingeweihte oder Meister der Weisheit bekannt.

Aus der Geschichte kennen wir einzelne solcher weit fortgeschrittener Menschen wie Gautama Buddha, Jesus, genannt Christus, Pythagoras, Krishna, Lao-Tse und viele andere. Sie gehören zu einer Vereinigung oder Bruderschaft, die seit undenklichen Zeiten existiert, und die immer noch so aktiv ist wie eh und je. In gewissen Intervallen sendet diese Bruderschaft einen Boten aus, um das Wissen der Alten Weisheit über den Menschen und die Natur wachzurufen.

H. P. Blavatsky war einer dieser Boten, durch Studium und Schulung darauf vorbereitet, der Westlichen Welt ein wenig über den erhabenen Orden mitzuteilen und von den notwendigen Vorbedingungen, um ihm beizutreten. In ihrer Stimme der Stille beschreibt sie den steinigen und dornigen Weg, der zu Frieden und Weisheit führt, wo eine große Belohnung gewiß ist – die Macht, der Menschheit zu helfen und ihr zu dienen. Das Geheimnis des Erfolges im ‘Weißen Okkultismus’ heißt: „Zu leben, um der Menschheit zu dienen, ist der erste Schritt. Der zweite ist, die sechs glorreichen Tugenden auszuüben. … So wirst du in Harmonie sein mit allem, was lebt; liebe die Menschen, als wenn sie deine Brüder wären, Schüler des einen Lehrers, die Söhne der einen süßen Mutter.“

Die Adepten, welche die Theosophische Gesellschaft gründeten, stehen immer in engem Kontakt mit dem Boten, der sie in der äußeren Welt vertritt.

Es ist offensichtlich kühn zu behaupten, daß eine derartige Vereinigung von Wächtern der Rasse existiert, die unbekannt ist, außer für wenige; es ist trotzdem wahr, und warum sollte es überraschen, wenn wir klar erkennen, was die Evolution wirklich bedeutet? Warum sollten wir gewöhnlichen Menschen das Höchste darstellen, was die Natur hervorbringen konnte – sie hatte über Millionen von Jahren die Gelegenheit, es besser zu machen – und selbst unter den uns bekannten Völkern und Individuen bestehen enorme Unterschiede. Man vergleiche einen afrikanischen Pygmäen mit einem Einstein. Der hohe Adept ist die seltene Blüte einer Rasse, einer außergewöhnlichen Entwicklung, aber in der Zukunft wird dieser Typus so normal sein wie der durchschnittlich anständige Mensch es heute ist.

Der Osten hat immer von den Adepten gewußt, aber im Westen haben nur die ursprünglichen Rosenkreuzer, die Platoniker des siebzehnten Jahrhunderts und einzelne mystische Philosophen zu verschiedenen Zeiten auf ihr Dasein hingewiesen, bis H. P. Blavatsky kam und sie öffentlich als ihre Lehrer und Inspiratoren erklärte.

Die Adepten sind die Wächter und Beschützer des heiligen Wissens; um dieses unversehrt zu bewahren, können sie sich nicht ungehindert mit der Welt verbinden, sondern müssen abgesondert leben. Da ihre Arbeit großenteils auf inneren Ebenen des Denkens und Handelns geschieht, wäre die Öffentlichkeit für sie kaum von Vorteil, sondern eher von Nachteil; sie wären überall behindert. Sie haben kein Verlangen danach, ihre Existenz einer skeptischen Öffentlichkeit zu beweisen.

Der Weg zur Weisheit öffnet sich jedoch für diejenigen, welche die Menschheit lieben und aus dem reinen Verlangen, ihren Brüdern bei der Suche nach dem Weg zu helfen, ihre persönlichen Wünsche opfern. Sie kennen das Paßwort; sie wissen, wie man richtig anklopft. Die Großen Lehrer suchen immer nach jenen, in denen sie einen Strahl des Christuslichtes oder des buddhischen Glanzes entdecken. Diese werden sie zur rechten Zeit treffen; wie bald, das hängt ganz von ihnen selbst ab. Ob man das Licht empfangen wird, hängt davon ab, wie aufrichtig der Wunsch ist, das Empfangene an andere weiterzugeben. Deshalb gibt es keinen anderen Schlüssel zur Theosophie als Bruderschaft – den Nächsten zu lieben wie sich selbst, das ist der oberste Grundsatz der Theosophischen Gesellschaft.

Einige wohlmeinende Leute sagen, daß wir keine äußeren Helfer oder Lehrer brauchen, weil Erleuchtung aus dem Inneren kommt. Tatsächlich ist das Licht im Innern, aber haben wir es gefunden? Warum sollten wir einen Führer auf dem Wege zurückweisen, auf dem Pfad, den wir betreten möchten?

Nach der Theosophie ist der wahre Lehrer (im Sanskrit Guru) nicht ein Gelehrter, der eine große Menge an Wissen überträgt – das kann ein gutgeschriebenes Buch auch –, er vermittelt vielmehr eine neue Einstellung; er ist buchstäblich ein Führer, der den Weg zeigt. Wir selbst müssen diesen Weg gehen; wir selbst müssen unsere Arbeit tun. Aber auch in den Dingen des täglichen Lebens benötigt der Unerfahrene Hilfe, ehe er allein stehen kann; wieviel mehr bei einer Bemühung, welche die Entschlußkraft, den Mut und die moralische Stärke außerordentlich auf die Probe stellt? Es ist richtig, jedes System zurückzuweisen, das einen leichten Weg verspricht, einen ‘Königsweg’, aber das ist kein Grund dafür, den Rat derer zurückzuweisen, welche den Weg ‘schon vorher gegangen sind’ durch ‘die enge Pforte’ und entlang dem ‘schmalen Pfad, der zum Leben führt’. Sie kennen die Fallgruben am Wege und die richtige Zeit, um zu helfen. Selbst H. P. Blavatsky sagte, sie hätte nie das unsichtbare ‘Ich bin’ in sich gänzlich erwecken können ohne die Leitung eines Meisters. Sie macht das in einem Brief sehr deutlich, der in der Zeitschrift Der Pfad (Band X, S. 367), veröffentlicht wurde.

‘Aber ich bin genug Okkultist, um zu wissen, daß wir, bevor wir den Meister in unserem eigenen Herzen und das siebte Prinzip gefunden haben, einen äußeren Meister brauchen.’

Und weiter:

‘… Mein Meister (der lebende) … ist ein Erretter, der uns anleitet, den Meister in uns selbst zu finden.’

Ist es möglich, mit den Meistern der Weisheit in Berührung zu kommen? Ja, wenn die Bedingungen günstig sind. Die erste Bedingung – unüberwindbar für so viele – ist das Motiv. Ist es Neugierde, wie löblich sie auch immer sein mag, vom gewöhnlichen Standpunkt aus, oder ist es der aufrichtige Wunsch, sich selbst und die Welt, ohne Rücksicht auf den selbstsüchtigen Wunsch nach persönlichem Gewinn, spirituell zu fördern? Ist der Wunsch, anderen zu helfen, größer als der Wunsch, Hilfe zu erhalten? Wenn dem so ist, werden die Meister dir auf halbem Wege entgegenkommen, weil sie immer nach Mitarbeitern für die Armee der unpersönlichen, ergebenen Streiter für das menschliche Wohl suchen. Werde wie sie, und sie werden dich von selbst erkennen. Wie Dr. de Purucker sagt:

‘Ich wiederhole die Worte der großen Seher und Weisen aller Zeiten: Klopft an, und wenn ihr es richtig tut, wird euch aufgetan werden. Fragt, und wenn ihr richtig fragt, selbstvergessen und nur hungrig nach Licht, nach Wahrheit, so werdet ihr empfangen. … Selbstvergessenheit ist das Klopfen, das geheimnisvolle Klopfzeichen an der Türe zum Einweihungsraum im Tempel.’

Questions We All Ask, S. 35, 193

Ein wichtiger Hinweis darauf findet sich in einem Brief von einem Meister (K. H.), der die Theosophische Gesellschaft gründete:

‘… Der Gedanke bewegt sich schneller als der elektrische Strom, und Ihr Denken wird mich finden, wenn es von einem reinen Impuls ausgesandt wird, so wie das meine Ihren Sinn finden wird. … Wie der Bergsteiger von seinen Gipfeln aus jedes Licht in dem dunklen Tal sieht, so wird jeder helle Gedanke, den Sie in Ihrem Geist hegen, funkelnd aufleuchten, mein Bruder, und die Aufmerksamkeit Ihres entfernten Freundes und Korrespondenten auf sich ziehen. Wenn wir so unsere natürlichen Verbündeten in der Schattenwelt entdecken – in Eurer Welt und der unseren außerhalb der Grenzen – und es unser Gesetz ist, uns jedem solchen zu nähern, wenn auch nur der schwächste Schimmer des echten Thatagata-Lichtes in ihm ist –, wieviel leichter ist es dann für Sie, uns anzuziehen.’

The Mahatma Letters to A. P. Sinnett, Brief 45, S. 267-268