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Bewusstsein ohne Grenzen

Kurz vor Weihnachten traf der Brief eines zehnjährigen Mädchens ein, das einige Fragen stellte, die am besten in einem persönlichen Gespräch beantwortet werden konnten.

Wachsende Horizonte der Jugend

Sage mir jetzt in deinen eigenen Worten und auf deine eigene Art, über was ich mit dir sprechen soll.

Frage – Meine Mutter erzählte mir etwas über die vier besonderen Jahreszeiten. Ich möchte gerne etwas darüber wissen.

Stellungnahme – Die vier heiligen Jahreszeiten? Nun gut; seit Jahrhunderten wurde der Beginn jeder Jahreszeit als heilig angesehen, weil sich die Erde zu diesen Zeitpunkten in Bezug auf die Sonne an bestimmten Wendepunkten befindet – von einer Position zur nächsten. Um den 21. März herum haben wir zum Beispiel die sogenannten Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche und im Herbst, um den 21. September herum, die Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche. Das Wort bedeutet ‘gleiche Nacht’, weil dann die Tage und Nächte gleich lang sind, mit gleich viel Tageslicht wie Dunkelheit.

Wenn wir vom Frühjahr in den Sommer gehen, haben wir um den 21. Juni herum den längsten Tag und die kürzeste Nacht, da sich die Sonne am weitesten im Norden der nördlichen Hemisphäre befindet. Zu dieser Zeit, um Mittsommer, scheint die Sonne etwa einen Tag lang still zu stehen, ehe sie wieder ihre Reise nach Süden antritt. Darum nennt man das das Solstitium – das Wort bedeutet ‘Sonnenstillstand’. Zur Zeit haben wir Ende Dezember, wo der Herbst in den Winter übergeht, und wir haben gerade am oder um den 21. Dezember herum den kürzesten Tag und die längste Nacht des Jahres hinter uns gebracht. Das ist das Winter-Solstitium, weil die Sonne, die ihren entferntesten südlichen Punkt erreicht hat, wieder ‘still zu stehen’ scheint, ehe sie wieder einmal nach Norden aufbricht.

So siehts du, dass die zwei Äquinoktien und die beiden Solstitien die vier Punkte des Jahres sind, wo sich, wie die Vorfahren bereits wussten, die gesamte Welt etwas verändert fühlt: Daher nannten sie diese Jahreszeiten heilig. Du magst dich fragen, was diese Jahreszeiten heilig macht? Etwa nur, weil die Sonne im Norden, im Süden oder über dem Äquator steht?

Da die Erde ein Teil des Sonnensystems ist – und das gilt auch für die anderen Planeten – wussten in vergangenen Zeiten viele Menschen, dass die Erde ihr Leben der Sonne verdankt. Darum sprachen sie von ihr als Vater Sonne, denn ohne die Sonne gäbe es kein Leben. Die Wissenschaftler sagen heute das Gleiche. Sie gebrauchen lediglich wissenschaftliche Ausdrücke, denn sie erzählen uns, dass der größte Teil der aus dem Weltraum zur Erde kommenden Energie und Vitalität über die Sonne zu uns gelangt.

Ich möchte dir ein Beispiel geben: Man muss Samen in ganz bestimmten Monaten des Jahres aussäen, damit sie während der längeren Tage die Möglichkeit haben, durch die Hilfe der Sonne aus der Erde hervorzukommen und Frucht und Ernte zu bringen. Das mag hier nicht so sehr bedeutsam erscheinen, aber es gehört dazu, denn die Alten fühlten, dass beim Wechsel der Jahreszeiten eine bestimmte Eigenschaft der Sonnenenergie hinzukommt, welche die gesamte Konstitution des Menschen beeinflusst. Besonders an Weihnachten und zu Neujahr strahlt von Vater Sonne eine neue, frische Lebenskraft in die Welt und der Mensch kann daraus bewusst Nutzen und Hilfe für sein Wachstum ziehen, weil er das am höchsten entwickelte Wesen auf der Erde ist.

All das zusammengenommen ist sehr heilig. Du siehst, wir sind völlig von der Sonne abhängig; und je mehr wir über die Lebensströme wissen, die zur Erde fließen – erinnern wir uns, dass die Alten glaubten, dass die Sonne im Innersten genau wie wir nur in größerem Maß ein göttliches Wesen ist – desto mehr können wir unser Leben so zu führen versuchen, dass wir uns und unseren Mitmenschen in natürlicher Weise Gutes erweisen, indem wir aus der besonderen Hilfe der Sonne zu diesen Jahreszeiten Nutzen ziehen.

Nun, dein Brief erwähnte deine jüdische Freundin. Ja, sie feiern ebenso ihre eigenen heiligen Tage wie Rosch-haschanah, das ist ihr Neujahr und Chanukkā und das Passahfest und verschiedene andere – so wie wir unsere an Weihnachten und Ostern usw. feiern. Wenn wir andere Religionen studieren, dann entdecken wir, dass viele Traditionen und Legenden bei allen Völkern der Welt vorhanden sind, die mit den Ereignissen an diesen heiligen Zeiten des Jahres zusammenhängen.

Nimm die Geschichte Jesu: Die fast gleiche Geschichte gibt es in jeder Religion: Ein Kind, das zur Weihnachtszeit geboren wird, was bedeutet, dass zur Wintersonnenwende ein Heiland zur Welt kommt. Ob der Heiland wirklich genau an diesem Tag geboren wurde, ist unwichtig; die Tatsache bleibt, dass das Neue Testament symbolisch schildert, wie zu dieser Jahreszeit eine neue jungfräuliche Lebenskraft zur Menschheit durchbrach, und da das mit der Umkehr der Sonne zurück nach Norden zusammenfällt, hat es eine eigene besondere Bedeutung.

Nach der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche kommt Ostern, die Zeit, in der Jesus, wie die Erzählung berichtet, ans Kreuz geschlagen wurde. Auch das ist symbolisch. In der damaligen Zeit, wie du später im Geschichtsunterricht hören wirst, pflegte man Verbrecher zu bestrafen, indem man sie an ein Kreuz nagelte und dem Tod überließ. Deshalb gebrauchten diejenigen, die als Autoren der Evangelien angesehen werden, die Kreuzigung als ein Symbol. Wie dem auch sei, viele Menschen glauben heute, der Meister Jesus sei wirklich physisch gekreuzigt worden. In den Mysteriengeschichten des Altertums wird uns jedoch gesagt, wir müssten beginnen, uns selbst zu kreuzigen – das heißt, uns von einigen der niederen Elemente in unserem Charakter und in unserem eigenen Leben befreien.

Im Herbst erleben wir die Zeit, in der die Bauern auf den Feldern die Ernte einfahren. Etwas Ähnliches geschieht bei uns. Wenn wir bis zur Erntezeit unsere Aufgaben im Leben befriedigend erfüllt haben, können wir jedes Jahr die Früchte des Guten, das wir vollbrachten, ernten. Wie der Same Frucht hervorbringt, so haben auch wir die Früchte unserer eigenen, lohnenden Anstrengungen erzeugt – vielleicht nichts Greifbares oder Sichtbares wie Geld oder Lebensmittel, sondern etwas spirituell Wertvolles. Dann, wenn die Wintersonnenwende naht, wiederholt sich alles mit der Geburt des neuen Jahres.

Das ist eine ganz einfache und auch nur bruchstückhafte Darstellung, da ich nicht auf einmal eine Vielzahl dazugehöriger Gedanken aufwerfen kann. Ich möchte dich nicht belasten. Aber warum sagst du mir nicht, ob es noch andere Aspekte gibt, über die ich sprechen soll; ich werde mich bemühen, sie dir so zu erklären, dass das gesamte Bild für dich deutlicher wird.

Frage – Etwas anderes, was ich gerne wissen möchte, ist Folgendes. Als Beispiel will ich das jüdische Volk heranziehen. Ihre Religion stammt aus Israel. Gibt es für diese alten Lehren, die Sie erwähnten, irgendeinen bestimmten Entstehungsort oder gab es sie überall?

Stellungnahme – Diese großen Wahrheiten gediehen in verschiedenen Zeitaltern unserer Weltgeschichte in verschiedenen Zentren auf dem gesamten Erdball – einmal war die Blüte in Indien und China, ein andermal in Ägypten, Persien und Griechenland, im alten Amerika, in Britannien und in Nordeuropa. Das ist schon seit sehr langen Zeiten so, denn das Alter der Erde und des Menschen ist weitaus höher als ein paar tausend Jahre. Die Christen nahmen an, die Erde sei nur ungefähr 6 000 Jahre alt; wenn in der Bibel steht, sie sei in sechs Tagen erschaffen worden, meinten sie, diese ‘Tage’ seien dasselbe, was wir damit meinen. Es ist klar, dass die alten Hebräer es anders sahen, denn sie wussten, dass ihre heiligen Bücher immer in Symbolform geschrieben wurden, die richtig verstanden werden mussten. Und wie du weißt, hat die Wissenschaft jetzt nachgewiesen, dass die Erde Millionen und Abermillionen Jahre alt ist und dass das Alter des Menschen ebenfalls viele Millionen Jahre beträgt. So kannst du sehen, dass wir als Menschen bereits eine sehr lange Zeit der Erfahrung auf unserem Globus erlebt haben.

Zeitweise existierten Zivilisationen, die sehr spirituell waren, und zu anderen Zeiten gab es solche, welche die Berührung mit diesen edlen Ideen verloren hatten und sehr materialistisch wurden. Aber immer, wenn die Menschheit als Ganzes mehr Verständnis und Hilfe benötigte, erschien zur rechten Zeit ein großer Lehrer, um erneut die uralten Wahrheiten zu erklären. Und im Prinzip waren diese Lehren immer gleich.

Es ist schon betrüblich, dass die Anhänger dieser großen Lehrer, weil die menschliche Natur nun einmal so ist, aus jeder neuen Inspiration wieder und wieder eine Religion machten. Die Buddhisten zum Beispiel bildeten kurz nach dem Tod Buddhas eine formelle Religion aus seinen Lehren; das Gleiche machten die Islamisten mit der Botschaft Mohammeds; aus dem inspirierenden Beispiel des Moses schuf das jüdische Volk festgesetzte religiöse Praktiken und Rituale, und die Christen formulierten aus den wundervollen Lehren Jesu ein formelles Glaubensbekenntnis. Doch nun, wo hatten diese alten Wahrheiten ihren Ursprung? Wir können nur sagen ‘überall in der Welt’ – jedesmal an einem anderen Ort. Hilft das etwas?

Frage – Ja sehr.

Stellungnahme – Du siehst, bei allen Religionen gibt es ein großes Problem. Wenn man etwas hört, woraus man ein neues Verständnis gewinnt, beginnt man zu sagen: „Das ist es“, und ziemlich bald verschließt man sein Denken einem weiteren Lichtblick der Wahrheit. Das ist eine unglückliche Sache, weil nichts im Universum für immer gleich bleibt. Alles wächst beständig, wird besser, auch der Mensch. Wenn aber die Anhänger eines Glaubens fortfahren, an ihren speziellen Wahrheitsbegriffen festzuhalten, verlieren diese nach einiger Zeit ihre Vitalität; sie verlieren die lebendige Inspiration und deshalb ihren Wert. Früher oder später muss daher ein weiterer Lehrer auftreten, um die gleiche ‘Gottesweisheit’ in einer neuen Form darzulegen.

Frage – Ich bin bestimmt froh darüber, dass ich ein eigenes Verhältnis zu diesen Dingen habe, denn ich ging, als ich noch sehr klein war – etwa sechs oder fünft – in die Kirche, wo man dauernd von diese schrecklichen Dingen sprach; wenn ich nicht brav bin, käme ich nach dem Tod in dieses Feuer und das alles. Ich hatte richtig Angst. Ich glaubte es nicht, Sie verstehen, wirklich …

Stellungnahme – Das ist die Schwierigkeit. Gerade der Umstand, dass die Ideen, welche die großen Lehrer in all den Jahrhunderten lehrten, falsch interpretiert wurden, brachte der Welt mehr Leiden und erzeugte im Leben der Menschen mehr Furcht als alles andere. Meine eigenen Studien führten mich zu der Überzeugung, dass Hölle und Himmel Gemütsverfassungen, Bewusstseinszustände sind. Es gibt keinen Ort, wo man in Feuer und Schwefel geworfen und verbrannt wird, wie sie behaupten. Und es gibt keinen Himmel als Ort mit Straßen aus Gold, wo man für alle Ewigkeit wohnt – wer hätte den Wunsch, immer auf goldenen Straßen auf und ab zu gehen!

Frage – Wenn ich für immer und ewig allezeit dort oben sein müsste, dann würde ich mich sicher schrecklich langweilen.

Stellungnahme – Natürlich würdest du das und jeder andere ebenso. Aber du weißt, dass die Alten, von denen wir sprachen, die Reinkarnationslehre voraussetzten und an sie glaubten. Tatsächlich gibt es heute sehr viele junge Menschen, die überzeugt sind, dass sie früher gelebt haben und erneut leben werden und dass sie jetzt hier auf der Erde sind, um mehr und mehr zu lernen. Hier hat das Studium der älteren Lehren seinen Platz, weil sie unsere Existenzgrundlage erläutern: Warum wir alle heute leben, was wir mit dem Leben beginnen sollen und wo wir nach unserem Tod hingehen. Nicht in eine als Himmel oder als Hölle bezeichnete Lokalität, sondern in eine Ruheperiode, in der wir aus allem Nutzen ziehen, was wir im Leben gelernt haben. Und dann, so wird uns gesagt, bietet uns jede Rückkehr auf die Erde die Gelegenheit, in der Schule des Lebens ein wenig höherzusteigen. Je mehr Erfahrung wir besitzen, desto vernünftiger werden wir und desto besser können wir unseren Charakter gestalten, so dass auch wir schließlich Helfer der Menschheit werden, die den Hilfesuchenden helfen.

Frage – Zum Thema Reinkarnation hatte ich im letzten Jahr ein Erlebnis, als ich in der vierten Klasse war. Meine Lehrerin – ich habe das Thema vergessen, mit dem sie anfing – erzählte uns, einige Menschen würden an die Reinkarnation glauben. Aber sie sah alles ganz falsch, denn sie sagte, sie glaubten, dass man nach dem Tod wieder in Tiergestalt auf die Erde zurückkäme oder als ein Geist oder etwas Ähnliches. Das sagte sie. Sie sah alles völlig falsch.

Stellungnahme – Ja, das ist sicher falsch, denn sobald wir einmal in der evolutionären Entwicklung der Lebewesen Menschen geworden sind, können wir nicht mehr zurückgehen. Wir werden immer Menschen sein, bis wir etwas Schöneres und Größeres werden, gleich einem Gott oder einer bestimmten Stufe von Göttlichkeit. Vielleicht zunächst eine kleine Stufe und dann eine höhere und eine noch höhere Stufe der Göttlichkeit, bis wir eines Tages in der weit, weit entfernten Zukunft wie eine Sonne werden, genauso nützlich wie unsere Sonne, weil, wie ich vorhin sagte, die uns sichtbare Sonne nur die äußere Erscheinung einer sehr hochentwickelten Wesenheit ist, eines erhabenen Wesens, dessen Ausdrucksform das gesamte Sonnensystem ist.

Du wirst natürlich feststellen, dass die Kinder, die mit dir in die Schule gehen, mit vielen dieser Vorstellungen nicht in Berührung kommen. Viele würden dich für verrückt halten, wenn du zum Beispiel von Reinkarnation sprechen würdest. Deine Lehrerin brachte sicher nur einen Teilaspekt zur Sprache! Wir kehren nicht als Tiere zurück, nein; sondern wir kommen auf jeden Fall als Menschen wieder und mit etwas mehr Erfahrung, so dass wir in jedem neuen Leben besser handeln können. Aber du als Persönlichkeit wirst nie wieder zurückkehren. Verstehst du das?

Frage – O ja.

Stellungnahme – Aber was jetzt in deinem Innern ist, von dem du weißt, dass es da ist und dich als seinen Tempel, als seine Wohnstätte für dieses Leben benutzt, das wird wiederkehren. Dieser Wesenskern hat vorher gelebt und hatte viele Persönlichkeiten und viele Namen gehabt. Es ist der unsterbliche Teil, das wirkliche Du, das um der Erfahrung willen kommt, das dich dieses Mal verwendet – genau wie mein wirklicher Wesenskern meine Persönlichkeit benötigt, um seine Arbeit tun zu können. Im nächsten Leben bist du vielleicht ein Junge, man kann es nicht wissen; wir sind alle Buben und Mädchen gewesen. Es ist möglich, dass wir sogar die Eltern unserer Eltern werden. Anders gesagt, sie können eines Tages unsere Kinder sein. Wir wissen es nicht, aber wir brauchen uns darüber keine Sorge zu machen. Karma, das gute Gesetz, nimmt sich all dieser Dinge in sehr positiver Weise an.

Frage – Bleibt eine Familie zusammen? Ich meine, könnte ich zum Beispiel meines Vaters Großmutter werden?

Stellungnahme – Eine Familie kann, muss aber nicht notwendigerweise zusammenbleiben. Es hängt viel davon ab, wegen welcher Lektionen wir in dieses Leben eingetreten sind und wie viele wir davon bis zu unserem Tod gelernt haben. Aber alle, die du jetzt lieb gewinnst, wirst du irgendwann wiedertreffen, aber sie müssen nicht ein Teil deiner Familie sein. Wir wissen es nicht. Wir können das Leben nicht mit einer Schere zerschneiden und analysieren, noch sollten wir das tun. Einer Sache können wir uns sicher sein: Jeder kommt mit einem bestimmten Erfahrungsschatz aus der Vergangenheit auf diese Welt. Wir werden in die Umwelt geboren, die uns die Umstände, die Probleme und die Schwierigkeiten bietet, die wir zur Förderung unserer Entwicklung benötigen. Wir werden zu der Familie gezogen, die uns qualitativ genau die Liebe geben und die Anforderungen stellen wird, die wir verdient haben, und die uns helfen wird, unser Ziel zu erreichen. Wir sollten nicht erwarten, dass wir die ganze Zeit mit denselben Menschen zusammen sind. Es mag sogar sein, dass wir eine oder zwei oder möglicherweise auch mehrere Lebenszeiten nicht dieselben Eltern oder Verwandten haben; aber später brauchen sie vielleicht eine bestimmte Art Erfahrung, die wir ihnen vermitteln können, und dann werden wir wieder zusammenfinden.

Nun siehst du, was geschehen kann: Nimm deine oder meine Eltern; obwohl ihre Persönlichkeiten oder ihre Namen vergehen, mögen wir das nächste Mal tatsächlich mit ihnen in Verbindung stehen, aber nicht notwendigerweise in einer Familienbeziehung. Es könnten enge Freunde sein. Es wird irgendeine Art Anziehung vorhanden sein, vielleicht kurz, vielleicht länger, denn wahre Liebe und echte Freundschaft gehören unserem höheren, realen Wesenskern an, und wir werden nie etwas von dem Guten verlieren, das wir uns in der Vergangenheit geschaffen haben. Praktisch möchte jedermann, ganz gleich wie wenig er weiß, etwas besser sein, als er heute ist. Das ist nur natürlich, denn im Herzen jedes Lebewesens ist jener Funke Gottes, jenes Licht von der Sonne, jenes kleine Teilchen der Göttlichen Intelligenz, die uns immer dazu bewegt, ihr mehr und mehr gleichzuwerden. Es ist der Beobachter, der Schutzengel eines jeden … Mach weiter, was wolltest du sagen?

Frage – Ich spiele manchmal mit einem Jungen. Alles scheint ihn immer irgendwie zu ängstigen. Wenn er etwas falsch macht, ist er wie versteinert, was jetzt wohl passieren wird. Und dann sprach meine Freundin mit mir. Sie war beunruhigt, weil sie unglücklich war. Aus Furcht, einen Fehler zu machen, wollte sie nicht tun, was sie gerne getan hätte, weil es ihre einzige Chance sei. Sie glauben, das sei ihr einziges Leben.

Stellungnahme – Das ist großartig gesagt und es ist sehr schade, dass nicht mehr junge Menschen diesen höheren Wirklichkeitsbegriff vom Leben haben, sondern nur das beklemmende und lähmende Angstgefühl, dass ein Fehler oder eine falsche Handlung das Ende von allem bedeute. Du brauchst kein Gespräch darüber anzufangen, wenn aber deine Freunde mit dir über solche Themen sprechen, sage einfach, dass du weder an Hölle und Feuer glaubst, noch dass man für immer und ewig leiden müsse. Du glaubtest vielmehr, dass wir mehrere Gelegenheiten hätten, etwas über das Leben zu lernen. Wenn wir versuchen, das Richtige zu tun, werden wir die rechten Antworten erhalten; wenn wir aber das Falsche tun, werden wir ebenfalls die Reaktion verspüren – wie man den Finger verbrennt, wenn man ihn ins Feuer hält. Wenn wir wirklich ernsthaft sind, spüren wir im Innern, wenn wir einen Fehler gemacht haben, und wenn er uns erst bewusst geworden ist, brauchen wir denselben Fehler nicht zu wiederholen. Nein, wir machen uns den Himmel und die Hölle selbst, und es gibt niemanden, der wirklich sagen könnte, dass wir wegen irgendeiner Handlung in den Himmel oder in die Hölle kämen.

Die Beseitigung der schrecklichen Furcht, die uns eingeimpft wurde, ist heute dringend notwendig. Ich verspürte sie in meiner Jugend und ich finde es grässlich, einem Kind diesen Glauben zu lehren. Natürlich war ich mit einer so grausamen Anschauung unzufrieden, stellte weiterhin Fragen und sah mich um, bis ich eine für mich annehmbare Lösung fand, genau wie du es machst. Du hast glücklicherweise Eltern, die nicht engstirnig sind, und du kennst andere Menschen mit denen du über diese Dinge sprechen kannst. Gibt es noch etwas anderes?

Frage – Ja, ich habe noch eine Frage. Wegen anderen Leben auf anderen Planeten wie Mars und Venus oder irgendwo. Das hat mich immer interessiert.

Stellungnahme – Nun … lass es mich mal so ausdrücken. Das gute Gesetz hat uns auf die Erde zurückgebracht, wo wir weiterhin wieder und wieder geboren werden, bis wir alles gelernt haben, was dieser Planet zu geben hat. Wenn wir hier abgeschlossen haben, werden wir woanders geboren werden, um alles zu lernen, was es auf einer höheren Erfahrungsebene zu lernen gibt, nenne sie einen Planeten, wenn du willst.

Frage – Das Schöne dabei ist, dass man weiß, dass man immer weitergeht und dass man nicht nur eine Gelegenheit hat und dann irgendwohin geht und dort für alle Ewigkeit bleibt.

Stellungnahme – Das ist das Schöne an der Wahrheit und das Großartige in der Natur und an unseren unendlichen Entwicklungsmöglichkeiten und nicht nur das. Nachdem wir den Punkt erreicht haben, wo wir, lass uns sagen, in ferner Zukunft eine Sonne geworden sind und unsere Aufgaben gut erfüllt und jede Erfahrung gemacht haben, die wir als Sonne erleben können, dann ist selbst das nicht das Ende, weil wir von dort noch weitergehen. Es wird uns gesagt, dass die Göttliche Intelligenz, die das wirkliche Zentrum unserer Sonne und in einem bestimmten Sinn der höhere Wesenskern unseres Sonnensystems ist, sich darin nur solange verkörpert, bis das Sonnenwesen alles gelernt hat, was es für unsere Sonne zu lernen gibt. Dann muss die Sonnenwesenheit noch höher steigen – es gibt für die Entwicklung kein Ende – um nach vielen Zeitaltern eine Rāja-Sonne zu werden, wie manche sagen, was ‘königliche Sonne’ bedeutet, die ihrerseits die Sonne für viele Sonnen ist.

Frage – Das gefällt mir!

Stellungnahme – Unser Sonnensystem ist nicht das einzige in unserer Galaxis oder Milchstraße; in Wirklichkeit gibt es zahlreiche Sonnen, verstehst du, die einer Rāja-Sonne zugeordnet sind. Und wenn unsere eigene Sonne alles erreicht hat, was sie in ihrer Planetenfamilie erreichen kann, kann sie die Sonne eines anderen, größeren, eines weiter fortgeschrittenen Systems werden, bis sie eine Rāja-Sonne wird, mit vielen Sonnenfamilien als Teile ihrer Konstitution.

Frage – Es geht einfach immer weiter – unsere Sonne gibt unserer Erde Licht und dann gibt es andere Sonnen, höhere als diese, die …

Stellungnahme – … unserer Sonne Leben geben. Das ist richtig, so geht es vor sich ad infinitum. Es ist eine endlose Kette der Weitergabe göttlicher Lebenskraft an alles Lebende im Weltraum.

Frage – Ich verstehe jetzt sehr viel mehr. Und die Bibel und Gott und Jesus – das klingt wie diese alten Lehren, nur dass es in einer Art Erzählform wiedergegeben ist. Gott gibt dieser Erde Leben und gibt den Menschen Leben.

Stellungnahme – Das ist richtig. Wir können natürlich alle Aussprüche der Bibel wörtlich nehmen; wenn wir das aber tun, müssten wir glauben, dass die Welt in sechs Tagen zu je 24 Stunden geschaffen wurde, und wir müssten auch annehmen, dass es einen Himmel und eine Hölle gibt, wobei wir hiervon wissen, dass es nicht stimmen kann. Wenn wir es aber spirituell deuten, verstehen wir die biblischen Geschichten als Symbole der echten Lehren über das Leben, als symbolische Ausdrücke der spirituellen Prinzipien, die in der Natur wirken, und dann erhalten wir die richtigen Antworten. Wenn du die Bibel und die heiligen Schriften anderer Völker ausführlicher studieren kannst, wozu du später die Möglichkeit hast, wirst du die Anwendung dieser Prinzipien besser verstehen.

Den Möglichkeiten und Gelegenheiten zur Entwicklung ist überhaupt kein Ende gesetzt. Der Raum ist unendlich, es ist Platz für Welten und Milchstraßen und noch mehr Welten und noch mehr Milchstraßen. Und alle diese Welten und Milchstraßen haben ihre Lebens- und Ruheperioden, genau wie wir Menschen. Unser Sonnensystem wird einmal eine Ruheperiode haben, in der sein ganzes Leben und Bewusstsein zurückgezogen sein wird. Dann wird es wiedergeboren werden, und vielleicht wird sich die Göttliche Intelligenz hinter der Sonne in einem von dem jetzt sichtbaren verschiedenen Aspekt verkörpern. Das kommt ganz drauf an. Die Periode, in der eine Sonne aktiv im Leben steht, wurde als Manvantara bezeichnet. Manvantara ist das Sanskritwort für einen solchen Aktivitätszyklus. Die Ruheperiode wurde Pralaya genannt. Wenn das Sonnensystem wiedergeboren wird, ist das ein weiteres Manvantara oder eine weitere Lebensperiode, genauso wie wir unsere Lebenszeiten haben. In einem begrenzten Sinn sind unsere Tage der Aktivität und unsere Nächte des Schlafs etwas sehr Ähnliches. Jemand hat gesagt: Der Schlaf ist ein kleiner Tod, und der Tod ist ein großer Schlaf. Und genauso ist es.

Frage – Glauben Sie nicht, dass die Bibel mit der Absicht geschrieben wurde, dass beim Lesen die innere Idee erfasst werden sollte? Natürlich wird sie von einigen Menschen buchstäblich gelesen und dann kommt man zu all den schwer begreiflichen Dingen. Es wird ganz von dem jeweiligen Menschen abhängen.

Stellungnahme – Die großen Lehrer selbst haben nie etwas geschrieben und deshalb ist alles so schwierig. Einige Menschen glauben, Gott habe die Bibel geschrieben, aber Gott schrieb sie nicht. Nimm das Alte Testament. Irgendein großer Lehrer brachte diese Lehren mündlich zum Ausdruck und später schrieb sie dann jemand nieder; und das Gleiche gilt für das Neue Testament. Es waren die Jünger oder womöglich sogar deren Anhänger, die niederschrieben, was Jesus angeblich gelehrt hatte. Deshalb besitzen wir, wenn die Lehren schließlich niedergeschrieben sind, nur die Interpretation oder den Begriff, den andere davon haben, was nicht notwendigerweise mit der wirklichen Meinung des Lehrers übereinstimmt. Wenn wir die Schriften irgendeiner Religion studieren, ist es daher wesentlich, dass wir den Geist zu erfassen versuchen, der zwischen den Zeilen steht.

Jeder Mensch erkennt eines Tages, dass es darauf ankommt, was er in seinem Innern ist, und dass die besten Antworten jene sind, die wir uns selbst erarbeitet haben. Es war nie beabsichtigt, dass irgendein Glaube oder irgendein Mensch zwischen dir und deinem inneren Vater stehen soll, zwischen dir und jenem göttlichen Funken der Intelligenz, weil das für dich heilig ist. Geradeso solltest du nicht glauben, was ich sage, wenn es dir nicht als wahr erscheint und etwas in dir sagt: Genauso denke ich auch. Wenn das nicht der Fall ist, dann glaube es nicht.

Deine Fragen haben mich wirklich sehr interessiert und ich hoffe, dass meine Antworten nützlich waren. Vielleicht können wir uns ein andermal wieder sehen.