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Band 8: Runden und Rassen

Die göttliche Bestimmung des Menschen

Unser Blick in die Vergangenheit macht es etwas leichter, einmal in die Zukunft zu schauen. Wir verstehen, dass unsere Reise ohne Ende ist und daher auch keinen Anfang hat, denn eine Ewigkeit, die nur in eine Richtung reicht, ist undenkbar. Mit dem unvergänglichen Rollen der Zyklen werden wir allmählich zu all dem werden, was die Universen in sich enthalten, unser Bewusstsein wird sich stetig ausweiten, und wir werden immer in Gesellschaft der Götter sein. Sie sind immer in, um und über uns. Da der Schleier, welcher den Glanz verdeckt, aus unserer eigenen Persönlichkeit gewoben ist, können wir die Wolken nur vertreiben, indem wir die Persönlichkeit überwinden. Aber es gibt einen schmalen Pfad, der zum Ziel führt und den alle Religionen mehr oder weniger deutlich beschrieben haben, einen Pfad, den alle Mystiker erkannt haben und der ewig im Licht sein wird.

Manche Menschen glauben, der Pfad, auf dem man das spirituelle Ziel erreicht, sei weit weg hinter den Bergen der Zukunft, fast unerreichbar, während in Wirklichkeit nur eine verhältnismäßig schmale Grenze das gewöhnliche Leben von dem Leben trennt, das der Neophyt oder Chela führt. Der wesentliche Unterschied liegt in der Lebenseinstellung, und nicht im metaphysischen Abstand. Es ist derselbe Unterschied, der zwischen dem Menschen besteht, der der Macht der Versuchung unterliegt und ihr Sklave wird, und jenem Menschen, der der Versuchung erfolgreich widersteht und ihr Meister wird.

Jeder kann den Pfad betreten, wenn sein Wille, seine Hingabe und sein Streben darauf gerichtet sind, für andere eine größere Hilfe zu sein. Das einzige, was ihn daran hindert, diesen so wunderbaren Schritt zu tun, sind seine Überzeugungen, seine psychologischen und mentalen Vorurteile, die ihm ein verzerrtes Bild vermitteln. Wir alle sind Lernende, wir alle haben Illusionen. Selbst die Mahatmas und Adepten haben Illusionen, wenn auch von außerordentlich subtiler und erhabener Art, die sie daran hindern, noch höher zu steigen – und das ist einer der Gründe, warum sie so mitleidsvoll zu jenen sind, die sich bemühen, denselben erhabenen Pfad zu beschreiten, den sie in früheren Zeiten erfolgreich vorangegangen sind.

Der schnellst Weg, diese Illusionen zu überwinden, ist, sie an der Wurzel zu packen; und diese Wurzel ist die Selbstsucht in ihren tausendfachen Formen. Sogar das Verlangen nach Fortschritt, wenn es nur das eigene Ich betrifft, beruht auf Selbstsucht, und diese bringt wiederum ihre eigenen feinen und mächtigen Māyās hervor. Deshalb wird jegliches Erfolgsstreben sich unweigerlich selbst zunichte machen, solange es nicht frei von allem Persönlichen ist, denn der Weg des inneren Wachstums ist Selbstvergessenheit. Er bedeutet, persönlichen Ehrgeiz und Sehnsüchte jeglicher Art aufzugeben, und ein selbstloser und unpersönlicher Diener für alles zu werden, was lebt.

Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Zweck des echten Okkultismus nicht darin besteht, ‘Schüler zu produzieren’ oder widerspenstiges Menschenmaterial in Individuen umzuwandeln, die nur nach eigenem Fortschritt streben. Unsere unvollkommene menschliche Natur soll vielmehr gebessert werden, damit wir zuerst edle Menschen und schließlich gottgleich werden – im Sinne der überlieferten archaischen Methoden der Unterweisung und der Schulung, wie sie seit Jahrtausenden erkannt und angewandt wurden.

Quelle des Okkultimus, G. DE PURUCKER, I:17-18

Es wäre natürlich töricht, wenn wir uns selbst in die Irre führen würden; die Aufgabe des Menschen – individuell und kollektiv – ist nicht leicht. Aber die mutige Seele erfreut sich an Schwierigkeiten. Diese werden größer, denn sobald die höheren Teile stärker werden, trifft dasselbe auf die niederen zu, da sie alle Teil derselben Natur sind. Wenn wir wachsen wollen, müssen wir Widerstand leisten – bis der ‘Herr des Tempels’ mit starker Hand seine Würde gewinnt und seine Diener in passender Weise gebraucht, anstatt von ihnen gebraucht zu werden. Wenn er das tut und seiner Schar auf dem Weg zu der glorreichen Bestimmung voranschreitet, die uns allen beschieden ist, wird er ein wahrer Titan. Wenn er den siebten Zyklus auf dem Planeten, der seine ‘Mutter’ war, vollendet haben wird, wird die Erde für ihn keine Geheimnisse mehr haben. Sein Geist steht über allen Aufgaben, die sie ihm bot, und sein Mitleid wird die ganze Welt umfassen. Das ist unsere göttliche Bestimmung auf Erden. Aber bedeutet dies das Ende? Es fällt nur der Vorhang, der sich – wenn die Zeit gekommen ist – für die nächste Szene im großartigen Drama, in dem wir die ewigen Schauspieler sind, wieder öffnet.

… Leben ist endlos. Es hat weder Anfang noch Ende; und ein Universum unterscheidet sich im Wesentlichen keineswegs von einem Menschen. Wie könnte es auch, der Mensch stellt doch nur das dar, was das Universum als das Urgesetz verkörpert. Der Mensch ist der Teil, das Universum ist das Ganze.

Schaut hinauf in das violette Gewölbe der Nacht. Betrachtet die Sterne und die Planeten: Jeder von ihnen ist ein Lebensatom im kosmischen Körper, jeder von ihnen ist der organisierte Wohnort einer Vielzahl kleinerer Lebensatome, welche die leuchtenden Körper, die wir sehen, aufbauen. Überdies, jede funkelnde Sonne, die den Himmel schmückt, war zu irgendeiner Zeit ein Mensch oder ein dem Menschen gleichwertiges Wesen, das in gewissem Grade Selbstbewusstsein, intellektuelle Kraft, Bewusstsein, spirituelle Vision und einen Körper besitzt. Die Planeten und die Myriaden von Wesenheiten auf diesen Planeten, die solch einen kosmischen Gott, einen Stern oder eine Sonne umkreisen, sind jetzt die gleichen Wesenheiten, die in längst vergangenen kosmischen Manvantaras die Lebensatome dieser Wesenheit waren. Während sie viele Zeitalter hindurch hinterherzogen, lernten sie alle und schritten voran. Auf dem weiter zurückliegenden Pfade der Evolution waren sie jedoch ihr Führer, ihr Elter, die Quelle ihres Seins.

Durch unsere Handlungen beeinflussen wir ständig das Schicksal der zukünftigen Sonnen und Planeten, denn dann, wenn wir die eingeborenen Kräfte des Gottes im Inneren hervorgebracht haben und zu herrlichen Sonnen geworden sind, die in den kosmischen Tiefen strahlen, werden die Nebel und die Sonnen um uns herum die entwickelten Wesenheiten sein, die jetzt unsere Mitmenschen sind. Infolgedessen werden die karmischen Beziehungen, die wir miteinander auf Erden oder auf anderen Globen unserer Planetenkette oder sonstwo haben, mit Sicherheit ihr Schicksal ebenso beeinflussen wie unser eigenes.

Ja, jeder einzelne von uns wird in weit entfernten Äonen der Zukunft eine Sonne sein, die in den Räumen des Raumes leuchtet. Dies wird dann sein, wenn wir die Gottheit im Innersten unseres Wesens entwickelt haben und wenn diese Gottheit ihrerseits zu noch größeren Höhen fortgeschritten sein wird. Jenseits der Sonne gibt es andere Sonnen, die so hoch stehen, dass sie für uns unsichtbar sind, Sonnen, deren göttlicher Begleiter unsere Sonne ist.

Die Milchstraße, ein vollständiges und in sich abgeschlossenes Universum, ist als Gesamtheit nur eine kosmische Zelle im Körper einer superkosmischen Wesenheit, die ihrerseits wiederum nur eine von anderen unendlichen Größen ihrer Art ist. Das Große enthält das Kleine; das Größere enthält das Große. Alles lebt für und mit allem anderen. Dies ist der Grund, warum Sondersein die ‘große Ketzerei’ genannt wurde. Es ist die große Täuschung, denn es gibt kein Sondersein. Nichts kann für sich allein leben. Jede Wesenheit lebt für alle und das All ist ohne diese eine Wesenheit unvollständig und lebt daher für sie.

Der grenzenlose Raum ist unsere Heimat. Dorthin werden wir gehen, und dort sind wir tatsächlich auch jetzt. Wir sind nicht nur durch unzertrennliche Glieder mit dem wahren Herzen der Unendlichkeit verbunden, sondern wir selbst sind dieses Herz. Dies ist der stille, schmale Pfad, von dem die Philosophen des Altertums lehrten; der Pfad des spirituellen Selbst im Inneren.

– Ebenda, S. 132-133