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Band 8: Runden und Rassen

Der kosmische Pfad der Evolution

Der Ursprung des Menschen war bislang in diesem Zeitalter ein Mysterium, aber nun bricht die Theosophie das jahrhundertelange Schweigen und erklärt, dass der Mensch in seinem Inneren göttlich ist und dass er, seit der Zeit, da er mit Verstand begabt ist, sich selbst erschafft. Diese neue und gleichzeitig alte Lehre beruht auf der tatsächlichen Einheit allen Lebens und auf den Lehren von den Hierarchien.

An sich ist der Glaube an die göttliche Abstammung des Menschen nichts Neues, im Gegenteil, dieser Gedanke wird von vielen akzeptiert. Jede Religion stellt ihn in der einen oder anderen Weise vor. Der Mensch empfindet die Notwendigkeit, seine Existenz zu erklären. Wie sehr die Religionen auch durch Streitereien über falsch verstandene oder von Menschen erdachte Lehrsätze an Reinheit eingebüßt oder sich in zahlreiche Sekten zersplittert haben – geblieben ist der Glaube an ein göttliches Wesen, einen ‘Schöpfer’ des Universums, ob das gelehrt wurde oder nicht.

Das von der Theosophie im neunzehnten Jahrhundert aufs Neue überbrachte Wissen betrifft die Art und Weise, wie die sogenannte Schöpfung zustande kam. Ausgehend vom Universalen zum Besonderen, entfaltet die Philosophie der alten Weisheitsreligion klar die Umrisse der Evolution. Sie ergänzt die modernen Theorien, wo diese Lücken aufweisen – und zwar in einer Weise, welche die Seele und den Verstand befriedigt, so dass Zweifel oder blinder Glaube innerer Gewissheit Platz machen. Die verwirrenden Fragen über den Sinn und Zweck des Lebens, den Ursprung und die Natur der ‘Sünde’ müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden, wenn unsere Rasse vorankommen möchte. Der Schmerz des Zweifels, die Angst vor der Zukunft, mangelndes Selbstvertrauen, leichtsinnige Gleichgültigkeit, Verwirrung durch Unwissenheit – all das findet jeder von uns auf seinem eigenen Pfad. Bevor der Mensch seine innere Würde wiederfinden und seiner glorreichen Bestimmung folgen kann, muss er lernen, all das zu verstehen und zu überwinden.

Dieses großartige, überragende und umfassende Wissen, das im neunzehnten Jahrhundert durch den Kanal der Theosophischen Gesellschaft erneut hervorgebracht wurde, ist nicht eine Ansammlung essenzieller Gedanken aus den verschiedenen philosophischen Schulen, welche die Geschichte hervorgebracht hat. Vielmehr sind diese philosophischen Schulen mehr oder weniger klare Echos der Lehren der archaischen Weisheit. Die Theosophie behauptet – und das könnte durch entsprechende Untersuchungen in der richtigen Richtung überprüft werden –, dass – sobald der Mensch auf diesem Planeten mit Verstand begabt wurde – hochentwickelte Wesen aus anderen, älteren Evolutionszyklen, die unseren Erdzyklus bei weitem übertreffen, erschienen und ihn unterwiesen. Diese Wesen schlugen den Grundton für die kommenden menschlichen Rassen an. Sie waren es, die das Wissen – wenig im Vergleich zu dem, was die heutige Menschheit zu empfangen fähig ist – den Auserwählten überbrachten, die dazu bestimmt waren, die Kinder der Erde zu führen. Tatsächlich existieren unvergängliche Aufzeichnungen dieser Wahrheiten, gehütet von jenen, die des Vertrauens würdig sind. In jedem Zeitalter gab es Individuen, die man Boten nannte. Sie wurden von diesen Hütern auserwählt, zu gewissen zyklischen Zeiten in die Welt zu gehen und soviel von dieser Weisheitsreligion zu überbringen, wie die Menschen erfassen konnten – in einer Form und Sprache, die zum Denken dieser Zeit passte. Sie sind die ‘Boten der Loge’. H. P. Blavatsky, die eine von ihnen war, erschien im letzten Teil des neunzehnten Jahrhunderts. Es war ihre Aufgabe, ihr Vorrecht und ihre große Verantwortung, der Welt jener Zeit mehr zu geben als je zuvor. Die Mysterienschulen des alten Ägypten und Griechenland vermittelten tiefgehende Lehren, jedoch nur an Neophyten, die durch ein Gelübde gebunden waren; und die Jahrhunderte hindurch hat es immer fortgeschrittene Mystiker gegeben, die gleichfalls ihre zur Geheimhaltung verpflichteten Schüler hatten. Aber in gedruckter Form und öffentlich gelehrt kennt die Geschichte nichts, das mit H. P. Blavatskys Werk Die Geheimlehre zu vergleichen wäre. Diese Tatsache, die mit der zunehmenden Vereinheitlichung aller Teile der Welt in äußerer Hinsicht zusammenfällt, bietet Stoff zu tiefem Nachdenken. Madame Blavatsky sagt über ihr Buch:

Die Geheimlehre erklärt lediglich, dass ein System – bekannt als WEISHEITSRELIGION, als Werk von Generationen von Adepten und Sehern, das heilige Erbteil aus prähistorischen Zeiten – tatsächlich existiert, auch wenn es bis heute von den Initiierten unter größter Geheimhaltung bewahrt wurde. Und sie weist auf die verschiedenen Bestätigungen der Existenz dieses Systems bis zum heutigen Tag hin, die man in alten und modernen Werken finden kann. … In der Geheimlehre wird keine neue Philosophie entwickelt, sondern nur die verborgene Bedeutung einzelner religiöser Allegorien des Altertums gegeben. Ihre esoterischen Wissenschaften werfen Licht auf diese Allegorien und zeigen die gemeinsame Quelle, aus der alle Weltreligionen und Philosophien hervorgegangen sind. … Es wird ebenso behauptet, dass ihre Lehren und Wissenschaften, die einen integralen Zyklus universaler kosmischer Tatsachen und metaphysischer Axiome bilden, ein vollständiges und lückenloses System darstellen. Derjenige, der ausreichend Mut und Beharrlichkeit besitzt und dazu bereit ist, das Animalische in sich zu vernichten, das menschliche Selbst zu vergessen und es seinem höheren Ego zu opfern, wird immer seinen Weg finden, um in diese Mysterien eingeweiht zu werden.

– The Babel of Modern Thought Lucifer, S. 442-3, 1891

Es gibt noch eine Tatsache, die als Einführung für das Studium des göttlichen Ursprungs und der Bestimmung des Menschen erwähnenswert ist. Im Westen, der natürlich unter dem Einfluss der heutigen exoterischen Religionen steht, herrscht allgemein der Glaube, dass die sogenannte Schöpfung oder der Anfang des jetzigen Menschen auf diesem Planeten Erde stattgefunden hat. Aber wie wichtig uns das Leben hier auch vorkommen mag, es ist doch nicht mehr als ein vorübergehendes Ereignis in der ewigen Pilgerfahrt des Menschen durch den Raum. Ein Studium der theosophischen Lehren über die Lebensatome und die universale Evolution1 wird deutlich machen, dass jedes Atom als Teil des Universums ein Lebewesen ist, das im Universalsystem der Evolution seine eigene Rolle spielt. Es ist die letztendliche Bestimmung eines jeden Lebensatoms, ein Mensch zu werden. Jedes Atom als Teil der universalen allgegenwärtigen Realität – das heißt des Kosmos – trägt die Möglichkeiten des Ganzen in sich. Nie wurde es ‘erschaffen’, denn es war immer und wird immer sein.

Es liegt in der Natur des Atoms, sich langsam zu entfalten und all diese Möglichkeiten hervorzubringen. Diesen Prozess nennen wir Evolution. Versuchen wir einmal, uns die unzähligen Welten vorzustellen, die ein Atom durchlaufen muss, bevor es das menschliche Stadium erreicht. Sonnensysteme in unendlich vielen Entwicklungsabstufungen müssen es beherbergt und ihm Gelegenheit zu Wachstum geboten haben, während es im Laufe der Ewigkeiten von der einen in die andere Welt überging und in jeder einen vollständigeren Ausdruck seiner selbst erlangte. So steigen bewusste Wesen in zahllosen Entwicklungsabstufungen die immer höher emporragende Lebensspirale entlang auf; gehüllt in Myriaden von Formen bewegen sie sich zum menschlichen Stadium hinauf, schreiten weiter und werden schließlich zu Göttern. Höher und höher steigend nähern sie sich dem Licht, ohne je die Flamme, die unerkennbare Quelle von allem zu berühren.

Der Mensch – wahrhaftig ein Teil des Ganzen und mit den Möglichkeiten dieses Ganzen in sich – wurde nie ‘erschaffen’. Seine Evolution besteht darin, immer vollkommenere und komplexere Vehikel oder Körper zu bilden, die es ihm ermöglichen, sich selbst in zunehmendem Maße zu verstehen und zum Ausdruck zu bringen. In diesem Bestreben wurde jede auch noch so geringe Steigerung der Komplexität – und so wird es auch immer bleiben – mit der Unterstützung von Wesen oder anderen Teilen des Ganzen zustande gebracht, deren Ausdrucksmittel weiter entwickelt sind als sein Organismus auf seiner Reise entlang der ewig aufsteigenden Spirale. Das ist trotz der Tatsache gültig, dass – sobald der Verstand erwacht ist – der Mensch sich selbst erschafft.

Dieses kleine Buch möchte in kurzer Form die Veränderungen darstellen, die seit der Ankunft des jetzigen Menschen auf unserem Planeten Erde stattgefunden haben. Die alte Weisheitsreligion, so wie sie in unserer Zeit aufs Neue formuliert wurde, lehrt nur die Tatsachen und Einzelheiten, die sich auf uns, als Bewohner dieses Globus, beziehen. Unser Bewusstsein ist vermutlich nicht darauf abgestimmt, viel mehr als das zu verstehen.

Die Schwierigkeit, die man immer hat, wenn man einen einzelnen Aspekt dieser Philosophie in Worte fassen will, liegt darin, womit man zuerst beginnen soll. Denn sie bietet ein Bild von Tatsachen in der Natur, in der jeder Teil in seiner Wirkung mit jedem anderen Teil verbunden und verwoben ist. Wo immer man beginnt – es gibt immer etwas anderes, das man wissen muss, um das Gesamte zu verdeutlichen. Mit anderen Worten, alle Aspekte eines Themas müssen gleichzeitig betrachtet werden, bevor man ein klares Bild bekommen kann. Andererseits sind die Analogien in diesem lebendigen Kosmos so vielsagend, dass – wenn man von einem einzelnen Teil etwas versteht – auch Licht auf andere Teile geworfen wird. Deshalb liefert das Studium über den Ursprung und die Bestimmung des Menschen bestimmte allgemeine Schlüssel, die auch auf andere Aspekte der Natur angewendet werden können.

Fußnoten

1. Siehe das Buch Evolution dieser Reihe. [back]