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Band 5: Evolution

Involution und Evolution

Wie bereits gesagt IST Evolution in ihrem gewöhnlichen Sinn ein dualer Prozess. Er beinhaltet, dass der Geist oder die Lebenskraft in etwas anderes eintritt, was dadurch wächst. Dieses Wachstum ist Evolution; und der Eintritt dieses Geistes oder dieser Lebenskraft ist die Involution. Die Involution des Geistes in die Materie verursacht somit deren Evolution. Die Involution des Spirituellen in diesem Körper verursacht sein Wachstum. Die Involution des Lebens in einen Organismus verursacht dessen Evolution.

Im normalen Sprachgebrauch wird das Wort ‘Evolution’ also in zwei verschiedenen Bedeutungen angewandt: (1) um den ganzen Prozess zu bezeichnen; (2) um eine Seite des Prozesses zu bezeichnen, dessen andere Seite die Involution ist. Da die doppelte Anwendung des Wortes ‘Evolution’ eine Gewohnheit geworden ist, müssen wir auf der Hut sein. Es ist klar, dass der Geist in die Materie involviert – mit dem Ziel, die Materie allmählich zur Evolution zu bewegen, damit sie mehr und mehr die Eigenschaften des Geistes zum Ausdruck bringt. Die Evolution ist also ein fortschreitender Prozess, der jedoch zyklisch verläuft. Wenn ein Zyklus vollendet ist, beginnt ein neuer auf einer etwas höheren Ebene. Es ist auch klar, dass es auf halbem Wege des Zyklus einen Punkt geben muss, an dem Geist und Materie im Gleichgewicht sind. Der Prozess kann wie ein Kreis dargestellt werden, dessen höchster Punkt als Anfang und Ende betrachtet wird. Der Punkt an der Unterseite – auf halbem Wege, dem Beginn und Ende des Kreises genau gegenüber – steht für ein Evolutionsstadium, in dem die Involution des Geistes in die Materie so weit vorangekommen ist, dass die Eigenschaften von beiden in gleichem Verhältnis zueinander stehen. Bei dieser kreisförmigen Art der Darstellung verläuft die Evolution auf der linken Seite des Kreisbogens abwärts und auf der rechten Seite aufwärts. Die linke Seite des Kreises wird als der absteigende und die rechte Seite als der aufsteigende Bogen bezeichnet. Während des Evolutionsprozesses entlang des absteigenden Bogens erfolgt der Übergang vom Spirituellen zum Materiellen – bis die Grenze der Materialität den niedersten Punkt erreicht hat. Dann beginnt der aufsteigende Bogen – mit dem Übergang vom Materiellen zum Spirituellen. Aber wir müssen im Auge behalten, dass der gesamte Prozess dauernd fortschreitet. Dieselbe Kraft, die verursacht, dass der Geist in die Materie ‘hinabsteigt’, verursacht auch den ‘Aufstieg’ der Materie zum Geist. Das eine Stadium ist eine Fortsetzung des anderen.

In der archaischen Lehre wird die gesamte Manifestationsperiode einer Planetenkette als ein Planeten-Manvantara bezeichnet. Dieses Manvantara wird in sieben Runden unterteilt.1 Auf jedem Globus der Erdkette durchläuft die menschliche Lebenswoge ihre Entwicklung ihrerseits in sieben Wurzelrassen. Wir befinden uns jetzt in der fünften Wurzelrasse der vierten Runde. Da die vierte Runde die mitlere von sieben ist, wird deutlich, dass wir den tiefsten Punkt der Materialisierung ein wenig überschritten haben und uns auf dem aufsteigenden Bogen der Evolution befinden. Wir wenden uns vom Materiellen ab und bewegen uns dem Spirituellen zu. In früheren Wurzelrassen folgte die Menschheit auf dem absteigenden Bogen dem Weg in die Materie; ihr Weg zu Selbstwerdung bestand darin, sich mehr und mehr in der Materie zum Ausdruck zu bringen. Unser jetziger Weg ist jedoch ein anderer, weil wir den Punkt in der Mitte des Kreisumfangs überschritten haben. Wir können also verstehen, dass das, was für die Menschheit in der einen Periode richtig war, in einer anderen Periode verkehrt sein kann. Wenn wir jetzt weiterhin nach dem Materiellen streben, würden wir uns gegen den Lauf der Evolution stellen.

Bis jetzt haben wir über die Involution des Geistes in die Materie und die daraus resultierende Evolution der Materie in spirituellere Formen gesprochen. Diese Aussage diente lediglich der Verdeutlichung. Eine weitere Erklärung ist nötig, denn es könnte scheinen, Geist und Materie wären zwei verschiedene, voneinander unabhängige Dinge; das ist nicht der Fall. Es gibt nur EIN universales Leben, das sich in den beiden Aspekten manifestiert, die wir Geist und Materie nennen. Aber diese beiden Aspekte bestehen nur, weil der eine der Gegenpol des anderen ist. Ein bekanntes Phänomen aus der Physik kann das deutlich machen: Nehmen wir an, dass wir die Eigenschaften einer Flüssigkeit und eines festen Stoffes vergleichen. Wir können die Flüssigkeit ‘Geist’ und den festen Stoff ‘Materie’ nennen. Würden wir ein Gas und eine Flüssigkeit nehmen, so würde das Gas für den ‘Geist’ stehen und im Gegensatz zum Gas die Flüssigkeit die ‘Materie’ repräsentieren. Was also auf der einen Ebene Geist ist, kann auf der darauf folgenden höheren Ebene Materie sein. Geist und Materie sind nicht zwei verschiedene Dinge, sondern nur zwei verschiedene Aspekte ein und derselben Sache. Anstatt zu sagen, dass Geist in die Materie absteigt, ist es deshalb besser zu sagen, dass die eine Essenz allmählich materieller wird und dann später mehr und mehr spirituell – bis der Evolutionszyklus vollendet ist.

Fußnoten

1. Ein Planet besteht nach der theosophischen Tradition aus sieben Globen. Diese Globen werden in sieben Runden jeweils siebenmal von der menschlichen Lebenswoge besucht. D.Ü. [back]