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Band 1: Was ist Theosophie?

Theosophie und Evolution

Wir können uns die Erde als den Wohnort des Menschen, der Tiere und der Pflanzen vorstellen, oder als einen Himmelskörper, der mit vielen anderen um die Sonne wandert und einen Teil des großen Milchstraßensystems ausmacht. Im ersten Fall sehen wir die Länder und Seen vor uns, die Berge und Ozeane, den schneebedeckten Nord- und Südpol, und vielleicht wandern unsere Gedanken weiter, unter die Oberfläche, zu den Stoffen, die wir zu unserem Nutzen ausgraben. Im zweiten Fall leben wir auf einem kleinen Globus, der seine Achsenrotation und Wanderung um die Sonne vollbringt und, verglichen mit einigen anderen Himmelskörpern, nicht mehr ist als eine Anhäufung von Materie.

Wir bleiben meist nicht bei der Aussage stehen, daß das, was wir Erde nennen nichts anderes ist als der materielle Aspekt, der äußere Körper, in welchen die Erde als Ganzes mindestens ebenso einbezogen ist wie der Mensch. Die übrigen Aspekte des Planeten befinden sich auf einer Ebene, zu welcher unsere äußeren Sinne keinen Zugang haben, wo sich aber in Wirklichkeit all jene Elemente befinden, welche die innere Struktur des Planeten formen. Planeten und Sonnen sind ebenso Offenbarungen der lebendigen Natur wie Menschen, Tiere und Pflanzen, von denen wir einst glaubten, daß sie die einzigen Wesen seien, die ‘lebendig’ genannt werden können.

In der theosophischen Philosophie spricht man häufig von einer ‘Planetenkette’, wenn von einem Planeten die Rede ist, weil ein Planet, und so auch die Erde, nicht ein einzelnes Wesen ist, sondern ein Organismus von sieben Globen. Nur einer dieser Globen befindet sich auf der Ebene, auf welcher wir heute als materielle Wesen tätig sind und auf welcher wir mit unseren gewohnten Sinnen wahrnehmen können. Unsere vertraute Erde ist nur ein Globus einer Kette von sieben Globen, die zusammen den ganzen Planeten, die Erdkette, formen. Die anderen sechs Globen befinden sich auf höheren Ebenen und sind daher für uns nicht wahrnehmbar.

‘Höhere’ Ebenen müssen wir uns nicht als Ebenen irgendwo über uns vorstellen, denn die Ebenen, und so auch die Globen, durchdringen einander.

Die sieben Globen der Erde sind der Wirkungsbereich und Lebensraum eines Stromes unzähliger menschlicher und anderer Monaden, die darauf ihre Evolution vollbringen.

Auf jedem Globus vollzieht sich diese Evolution in sieben aufeinanderfolgenden großen Wurzelrassen, von denen jede ihre Möglichkeit der Entfaltung bietet. Wenn auf einem bestimmten Globus die sieben Wurzelrassen durchlaufen wurden, und die Wesen, die ein Teil davon waren, alle ihnen möglichen Erfahrungen gemacht haben, rückt der Monadenstrom zum nächsten Globus vor, der wiederum seine eigenen Entwicklungsmöglichkeiten in sieben großen Wurzelrassen bietet. Siebenmal zirkuliert der Strom der Monaden um die sieben Globen; man nennt dies die sieben Runden, wonach die ‘Erdkette’ das Ende ihrer Existenz erreicht hat und schließlich als ein toter Körper in Auflösung übergeht, womit natürlich für das menschliche Begriffsvermögen sehr lange Zeitperioden gemeint sind. Wir Menschen befinden uns augenblicklich auf dem vierten Globus der Erdkette (dem materiellsten), in der fünften Wurzelrasse des Globus und in der vierten Runde.

In den ersten drei Runden war der Mensch kaum mehr als eine schattenhafte Andeutung dessen, was er geworden ist; es würde jedoch den Umfang dieses Büchleins sprengen, das Thema weiter zu erörtern. Wir müssen uns auf die Vierte Runde, in der wir uns jetzt befinden, beschränken. Leichter verständlich gesagt, vollzieht sich die Evolution in diesen sieben großen Wurzelrassen.

Jede Wurzelrasse ist – mit ihren zahlreichen Unterrassen und Verzweigungen – praktisch selbst eine Menschheit mit ihrer eigenen speziellen Entwicklung und Umgebung. In der Mitte jeder Wurzelrasse treten große geologische Veränderungen auf. Aus der gegenwärtigen Wurzelrasse beginnt die Entwicklung der nachfolgenden, so daß die Wurzelrassen einander überlappen.

Selbst in der Vierten Runde trat die Schar der menschlichen Monaden anfangs in sehr nebelhaften und ätherischen Formen auf, den heutigen physischen Körpern durchaus nicht ähnlich. Da die Monaden Manas oder das Denken noch nicht evolviert hatten und die Geschlechter in dieser ersten Wurzelrasse der Vierten Runde noch nicht getrennt waren, waren sie wenig mehr als ein vager Schatten der späteren Menschheit.

Die Erste Rasse entwickelte sich nach und nach auf ihre eigene Weise, dann machte sie der Zweiten Rasse Platz, die mehr substantieller Natur war; diese ging in die Dritte über, die an ihrem Ende ziemlich materiell war. Damals wurde die gegenwärtige Art der Fortpflanzung zur Regel, und die Morgendämmerung der Zivilisation brach an.

Auf die Dritte Wurzelrasse folgte die Vierte, eine hoch intelligente, aber träge materialistische Menschheit. Sie bewohnte großenteils weite Länder, die jetzt vom Atlantischen Ozean bedeckt sind. Durch intellektuelle Entwicklung wurden große Fortschritte gemacht, doch die spirituelle Evolution ging nur langsam voran. Ungefähr in der Hälfte der Vierten Rasse wurde unsere gegenwärtige Fünfte Rasse geboren; aber sie vermehrte sich nur sehr langsam, bis die Atlantische Zivilisation durch geologische Katastrophen, die sich im großen Maßstab ereigneten, praktisch völlig verwüstet wurde. Die moderne Wissenschaft beginnt nun, einen sehr kleinen Einblick in die frühere Geschichte der Fünften Wurzelrasse zu erhaschen, der einzigen Rasse, die uns bekannt ist, denn von den früheren Rassen und ihren ‘Welten’, wie man ihre Umgebung bezeichnen könnte, wurde fast jede Spur ausgelöscht.

In fernen zukünftigen Zeiten werden auch wir verschwinden und der Sechsten Rasse Platz machen, einer viel höher entwickelten Menschheit; und diese wiederum der Siebten Rasse, in der die Menschen fast wie Götter auf der Erde wandeln werden. Zudem sind wir jetzt auf dem nach oben führenden Bogen, denn der tiefste Punkt wurde etwa in der Mitte der Atlantischen Periode erreicht.

Wenn auch fast jede greifbare Spur der archaischen Rassen verschwunden ist, wurden doch Überlieferungen von ihrer Existenz und ihrem Charakter bewahrt. Man findet sie in den verschiedenen heiligen Büchern des Ostens, einschließlich der Bibel; diese sind unverständlich, wenn sie wörtlich genommen werden, aber sie bieten echte und wertvolle Mitteilungen für diejenigen, die den Schlüssel zu ihrer wahren historischen Bedeutung haben. H. P. Blavatsky widmete viele Kapitel ihrer Geheimlehre der Interpretation dieser historischen Allegorien.

Obgleich die Alte Weisheit sehr zuverlässig die Evolution lehrt, eine Evolution im umfangreichsten Sinne, welche sowohl den Kosmos als auch den Menschen betrifft, verwirft sie jede Theorie, die rein mechanistisch ist und sich nur mit dem sterblichen Körper befaßt, dabei aber das wirklich Evolvierende, die Monade oder den Geist im Menschen, ignoriert.

Die Evolution vollzieht sich nicht in einer aufsteigenden geraden Linie. Die Monade stieg aus ‘ätherischen’ Zuständen herab und trat allmählich in einen dichteren Zustand ein; schließlich benützte sie in Übereinstimmung mit dem niedersten Teil des Zyklus physische Formen. Wenn der Mensch wieder aufsteigt und in ätherischere Bereiche zurückkehrt, werden seine körperlichen Formen auch umgewandelt werden. Die Monade, Buddhi, und auch Manas sind keine ‘Nebenprodukte’ eines fleischlichen Gehirns; noch weniger sind sie das Ergebnis ‘natürlicher’ Evolution der niederen Tiere. Die Menschenaffen haben tatsächlich sowohl menschliches als auch tierisches Blut in ihren Adern, aber sie sind nicht unsere Vorfahren. Man kann den Ursprung der Anthropoiden praktisch bis zu frühen und entarteten menschlichen Anfängen zurückführen; sie sind das Produkt von Rassenmischung.

Da die Frage vom Ursprung des menschlichen Körpers derartig kompliziert ist und die Existenz der Menschenaffen eine solche Verwirrung verursacht, kann es nicht verwundern, daß die Wissenschaft sie nicht gelöst hat. Dieses Thema wird von H. P. Blavatsky ausführlich behandelt. Obwohl die Evolution in der Theosophie eine fundamentale Rolle spielt, wies H. P. B. nie mit Nachdruck darauf hin, daß sie nicht als bloße Transformation von körperlichen Formen durch stets komplizierter werdende Organismen betrachten werden darf, welche durch mechanisch wirkende Naturgesetze verursacht wird. Während das Ego in der äußeren Hülle Erfahrungen sammelt, entfalten sich neue, verborgene Kräfte im Innern, und das physische Vehikel verändert sich ganz natürlich. Der Körper besitzt keinen Selbstzweck, sondern er ist das Instrument, durch das sich die sich entwickelnden Kräfte des inneren Menschen zum Ausdruck bringen. Die menschliche Evolution reflektiert in ihrem zyklischen Vorgehen die größere kosmische Evolution.

An dieser Stelle muß noch etwas über die Hilfe gesagt werden, welche der evolvierenden Menschheit von spirituellen Intelligenzen aus höheren Ebenen angeboten wird; von Intelligenzen, die weiter vorangeschritten sind und die in den sich entwickelnden Menschen inkarnieren oder diese überschatten. Es ist ein universales, okkultes Gesetz, daß sich das Höhere sozusagen opfert, um dem Niedrigeren zu helfen, seine latenten Möglichkeiten zu entwickeln. Dies bezieht sich auf andere Reiche ebenso wie auf das menschliche Reich. Bei der Menschheit geschah dies, als gegen Ende der Dritten Rasse der gegenwärtigen Vierten Runde das Denkvermögen erwachte. Die Alten Überlieferungen berichten diese sehr wichtige evolutionäre Tatsache; ohne dieses Geschehen kann die wahre Entwicklung des Menschen nicht verstanden werden.

Selbstverständlich blieben viele Aspekte dieses Themas unbesprochen, so zum Beispiel die Herkunft und Bestimmung der Tiere, die Evolution und Involution des Menschenreiches, geologische Zeitspannen, geistige, intellektuelle und psychomentale Entwicklung, die Embryologie als Prüfstein und geologische Überreste. Diese und andere Themen werden ausführlich in den Büchern Dr. G. de Puruckers Man in Evolution und The Esoteric Tradition behandelt.