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H. P. Blavatsky und die SPR

Gutachten

Auf der Grundlage des Hodgson Berichts selbst und der mir zur Verfügung stehenden primären Beweismittel erstatte ich folgendes GUTACHTEN:

1) Beim Hodgson Bericht handelt es sich nicht um eine wissenschaftliche Studie. Er liest sich wie ein Auszug aus einer gerichtlichen Untersuchung, dokumentiert jedoch lediglich das Plädoyer des Anklagevertreters. Es findet sich kein Plädoyer eines Verteidigers, kein Kreuzverhör des Hauptbelastungszeugen, kein erneuter Aufruf von Entlastungszeugen, die von der Anklagevertretung abgelehnt wurden, und keine Rechtsbelehrung durch einen Richter.

2) Entweder war Richard Hodgson mit den grundlegenden Prinzipien des englischen Rechts nicht vertraut oder er missachtete diese. Kein Gericht würde seine Zeugenaussage akzeptieren.

3) In den Fällen, in denen es möglich war, Hodgsons Aussagen anhand des direkten Zeugnisses von Originaldokumenten zu überprüfen, werden seine Aussagen entweder für falsch oder als im betreffenden Zusammenhang bedeutungslos befunden. Das gilt insbesondere für die Drei Hauptaussagen, an denen er seine gesamte Behauptung aufhängt, dass die Meisterbriefe von Madame Blavatsky in betrügerischer Absicht mit verstellter Handschrift selbst geschrieben wurden.

4) Die Lektüre der handschriftlichen Meisterbriefe hat bei mir den starken Eindruck hinterlassen, dass es sich bei den Autoren KH und M um real existierende und über einen unverwechselbaren Stil verfügende menschliche Wesen handelte. Sie hatten ihre Vorurteile und waren von der Sichtweise ihrer Zeit beeinflusst.

5) Wer nun hinter dem Kürzel KH steckt, ist mir nicht bekannt, jedoch bin ich der Meinung, dass alle Briefe in der Britischen Bibliothek, die mit den Initialen KH versehen sind, aus der Feder dieser Person stammen. Die grundlegenden Charakteristika seiner Handschrift sind in allen seinen Briefen zu finden, jedoch lassen sich insbesondere in den frühesten Briefen Variationen und Abwandlungen einiger Buchstaben feststellen. Diese Variationen tragen nicht den Stempel einer angehenden Fälscherin.

Ich bin überzeugt, dass die Meisterbriefe nicht Chelas diktiert und von diesen in ihrer eigenen Handschrift niedergeschrieben wurden. Es wird jedoch in den Briefen selbst gesagt, dass viele von ihnen von Chelas in KHs Handschrift übermittelt wurden, wobei „Materialisation“ oder eine Art menschliches FAX-Verfahren verwendet wurde. Wenn diese Vermutung plausibel ist, könnte es sein, dass die Chelas zunächst Probleme mit dem System hatten, das „entstört“ werden musste. Die meisten dieser „Entstörungsarbeiten“ müssen innerhalb von vierzehn Tagen erfolgt sein.

6) Ich weise auf seltsame und ungeklärte Eigenheiten der KH-Briefe hin, nämlich auf die klaren, regelmäßigen Streifen eines Teils der Schrift, die anscheinend mit blauem Farbstift gemacht wurden (Abb. 11), die geringe Menge eingedrungener Tinte selbst bei Benutzung von dünnem „Reis“papier, die ungeklärten Eigenheiten der Radierungen, die anscheinend mit einem Tintenlöscher vorgenommen wurden, ohne jedoch das Papier zu verfärben oder aufzurauhen, die Variabilität einiger (jedoch nicht aller) Buchstaben und die (bisweilen) grob übertriebenen t-Striche. Diese Eigenheiten legen die Vermutung nahe, dass es sich bei den in der Britischen Bibliothek erhaltenen Dokumenten möglicherweise um durch irgendein unbekanntes Verfahren gefertigte Abschriften von Originalen handelt, die wir nicht besitzen.

7) Es ist nahezu sicher, dass die belastenden Blavatsky-Coulomb Briefe verlorengegangen oder zerstört worden sind, jedoch gibt es zwingende Indizien dafür, dass es sich bei diesen Briefen um von Alexis und Emma Coulomb – die hierfür triftige Beweggründe und reichliche Mittel hatten – angefertigte Fälschungen handelte.

8) Ich habe keinen Beweis dafür gefunden, dass die Meisterbriefe – wie von Richard Hodgson behauptet – von Helena Blavatsky wissentlich und vorsätzlich in einer von ihr über mehrere Jahre hinweg entwickelten, verstellten Form ihrer eigenen Handschrift geschrieben wurden. Das heißt, ich finde keinen Beweis für einen gemeinsamen Ursprung der Schriften von KH, M und HPB. In jedem gewöhnlichen Rechtsstreit würde ich diese Schriften als unterschiedliche Schriften betrachten und sie unterschiedlichen Autoren zuschreiben.

9) Sollte irgendeine der Schriften von KH und M der Hand von Madame Blavatsky entsprungen sein, während sie sich in einem Trance- oder Schlafzustand oder in sonstigen, Psychologen und Psychiatern bekannten, veränderten Bewusstseinszuständen befand, so könnten KH und M als Unterpersönlichkeiten von Helena Blavatsky verstanden werden. Inwieweit diese Unterpersönlichkeiten selbständig sind, bleibt zu diskutieren; in keinem Fall jedoch würde es sich um wissentlichen Betrug oder Schwindel handeln. Darüber hinaus lässt sich durch diese Vermutung auch nicht die Problematik umgehen, dass es KH-Briefe gibt, bei denen selbst Hodgson einräumen musste, dass sie unmöglich von Madame Blavatsky hätten geschrieben werden können, da sie sich zum betreffenden Zeitpunkt zu weit entfernt befand und die Verkehrsverbindungen schlecht waren.

10) Es ist mir nicht möglich, ein Gutachten über die im ersten Teil des Hodgson Berichts beschriebenen „Phänomene“ zu erstatten. Alle Augenzeugen und Beweismittel aus erster Hand sind nicht mehr existent, und ich habe keine Möglichkeit zu überprüfen, ob die berichteten „Phänomene“ echt waren. Da ich jedoch auch Hodgsons Methoden untersucht habe, kann ich mittlerweile seiner Darstellung und Erklärung dieser „Phänomene“ keinen Glauben mehr schenken.

11) H. P.Blavatsky war als höchst komplexe und schwer zu verstehende Persönlichkeit bekannt. Zu ihrem Leben und Werk gibt es nach wie vor viele unbeantwortete Fragen. Dennoch bin ich der Ansicht, dass bei einer zukünftigen Beur - teilung ihrer Person der im Jahre 1885 von der Society for Psychical Research veröffentlichte „BERICHT DES UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES DER PHÄNOMENE IM ZUSAMMENHANG MIT DER THEOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT“ mit großer Vorsicht benutzt, wenn nicht sogar außer Acht gelassen werden sollte. Er ist mit schweren Mängeln behaftet.

DIES ZU BEURKUNDEN HABE ICH MIT DATUM VOM 27. FEBRUAR 1997 MEINE EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ABGEGEBEN, DIE NUN BEI DER INTERNATIONALEN HAUPTSTELLE DER THEOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT IN PASADENA, KALIFORNIEN, USA, HINTERLEGT IST. EINE ABSCHRIFT DIESER ERKLÄRUNG IST AN DIE SOCIETY FOR PSYCHICAL RESEARCH IN LONDON, ENGLAND, ÜBERSANDT WORDEN.

VERNON HARRISON