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Wer spricht für die Menschenfamilie?

[Nach dreißig Jahren internationalem Dienst in den Vereinten Nationen, wobei er sich hauptsächlich den Sonderkörperschaften widmete, deren Netzwerk der Hilfeleistung und Wiederherstellung jetzt fast alle Lebensbereiche der Menschheit einschließt, ist Robert Muller überzeugt, daß wir dazu aufgefordert sind, Brüderlichkeit zu unserem Lebensziel zu machen: Sie darf nicht nur ein nichtanwendbares, wenn auch erhabenes Gefühl sein, sondern muß zu der treibenden Kraft hinter dem Gewissen des einzelnen Menschen und der ganzen Welt werden. Wir freuen uns, unseren Lesern die Ansichten des Direktors und Abgeordneten des Generaluntersekretariats für Internationale Angelegenheiten bei den Vereinten Nationen darlegen zu können.

- Der Herausgeber]

 

 

 

Im geistigen Bereich steht heute jedem von uns mehr Wissen zur Verfügung, als irgendeinem König oder Kaiser in der Vergangenheit. Für ein paar Dollar können wir ein Taschenbuch kaufen, das das Universum beschreibt. In den letzten zwanzig Jahren haben über sechshundert Millionen mehr Menschen Lesen und Schreiben gelernt. Die menschliche Leistung war, was die Bildung anbelangt, bis zu dem Punkt, an dem nun das Umweltproblem auf uns zukommt, gewaltig: Zu viele Ideen, zu viel Geschriebenes, zu viele Nachrichten, zu viele Ansprüche auf Wahrheit, Werte und Neuheit, eine Übersättigung und Vielfalt, die verwirren, Angst und Elend erzeugen und oftmals den einzelnen Menschen von seiner Kultur vertreiben.

Auf den moralischen, gefühlsmäßigen und spirituellen Ebenen wurden bedeutend weniger Fortschritte gemacht, obwohl einige Verbesserungen in bezug auf grundlegende Menschenrechte, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen und die humanitäre Hilfe sowie eine Wiederbelebung geistiger Bestrebungen beachtenswert sind. Doch die Wissenschaft und die Art zu leben sind beträchtlich zurückgeblieben; die ungeheuren Möglichkeiten des menschlichen Herzens und der menschlichen Seele wurden vernachlässigt, anstatt daß sie erforscht und entwickelt werden. In den höchsten Gremien der Welt wird über diese nichtmateriellen Bereiche nicht einmal diskutiert. Die wissenschaftliche und die industrielle Revolution hat den grundlegenden Fragen wenig Aufmerksamkeit geschenkt: "Warum bin ich auf der Erde? In welcher Beziehung stehe ich zum Universum, zur Schöpfung, zum ewigen Strom der Zeit? Welche Bedeutung und welchen Zweck hat das Leben? Worin liegt der Sinn von allem?" Diese philosophischen und spirituellen Fragen haben die Vereinten Nationen als Institution noch nicht erreicht, obwohl sie von einzelnen Persönlichkeiten, wie Dag Hammarskjöld und U Thant, nachdrücklich vertreten wurden.

Man könnte sagen, daß der Fortschritt der Wissenschaft im kosmischen Bereich und die Kenntnisse über die Erscheinungswelt beträchtlich sind. In bezug auf das persönliche Leben, besonders in materieller und intellektueller Beziehung, wird der Fortschritt immer größer und erblüht immer mehr, doch im sozialen System hinkt er am weitesten hinterher. Ein Beispiel: Während die Welt voll von religiösen, moralischen, ethischen und gesetzlichen Vorschriften für das Benehmen und Verhalten des einzelnen ist, gibt es kaum den geringsten Ansatz ähnlicher ethischer Grundsätze für das Verhalten von Institutionen, einschließlich der mächtigsten von allen, nämlich der bewaffneten Nationen. Für eine Privatperson ist es ein Verbrechen, einen anderen Menschen zu töten. Für eine Nation ist massenweises Töten Heldentum. Ist die Lage hoffnungslos? Können wir jemals aus diesem Netzwerk ineinander verflochtener Tatsachen und Verstrickungen herausfinden, die wir ererbt haben und die wir selbst auf unserem seltsamen kleinen Planeten im Universum geschaffen haben? Das ist die Hauptaufgabe unserer Zeit, und wir brauchen viel Zuversicht, Einsicht und Entschlußkraft, um unsere Zivilisation auf einen besseren Weg zu bringen.

Vor der Wissenschaft liegt eine ruhmvolle Zukunft: auf unzähligen Gebieten gibt es noch viel zu entdecken und zu erforschen. Für den Menschen ist Fortschritt notwendig, vor allem in bezug auf das innere Wesen, die Moral und das Geistige, und, mehr allgemein, brauchen die Menschen mehr Glück, denn darin liegt der Höhepunkt des Wunders "Leben". Was aber kann für die soziale Ordnung getan werden?

Die nächstliegende Aufgabe ist, die einzelnen Gruppen daran zu hindern, einander abzuschlachten und unseren Planeten und das gesamte Leben dabei in die Luft zu jagen. Das steht an erster Stelle. Am augenblicklichen Punkt der Entwicklung muß man zunächst, wenn ein Konflikt auszubrechen droht, oder wenn die Gewalt - sei sie neu oder alt - anfängt unverhältnismäßig zu wachsen, Brücken bauen. Das ist eine der grundlegenden und bedeutenden Aufgaben der Vereinten Nationen: Fortwährend Brücken zu bauen, immer wieder Dampf abzulassen, damit Spannungen und Druck daran gehindert werden, Verwüstungen anzurichten, ganz gleich, ob es sich dabei um Gebietsansprüche handelt, um Not, Ungerechtigkeit, Ungleichheit oder um die Verletzung der Menschenrechte usw. Dadurch haben die Staatsmänner jedes Jahr am Ende der dreimonatigen Generalversammlung etwas voneinander gelernt; sie sind etwas einsichtsvoller geworden, sie verstehen den Standpunkt des anderen besser. Es ist etwas mehr Geben und Nehmen vorhanden, und am Ende kommen wir allmählich etwas näher aufeinander zu, wenn wir unser gemeinsames Schicksal auf dem Planeten Erde betrachten und verstehen.

Eine weitere Quelle der Hoffnung, daß sich die menschlichen Beziehungen verbessern werden, ist die Tatsache, daß die Regierungen und andere große Körperschaften anfangen einzusehen, daß sie nicht alles gewinnen können und daß sie innerhalb unserer Biosphäre, auf unserem Planeten, in unserem Sonnensystem und im Universum doch nicht so groß und mächtig sind. Sie fangen an, zu verstehen, daß beim gegenwärtigen Entwicklungsstand unzählige Kräfte am Werk sind und daß sie im Rahmen unserer gegebenen Tatsachen und Mittel ihre Träume von absoluter Macht und Herrschaft nicht ständig weiter vorantreiben können. Ich habe den Generalsekretär bei verschiedenen Staatsbesuchen begleitet. Überall betrachteten die führenden Staatsmänner den Umweltschutz als wichtigstes Problem auf unserem Planeten, und sie taten recht daran. Sie wußten, daß diese neue Kraft mit aller Macht auf uns zukommt und daß sie ihnen die Gelegenheit verschafft zusammenzuarbeiten und die alten Denkweisen und Abneigungen, die sie von ihren Vorfahren ererbt hatten und an die sie oftmals gar nicht mehr glauben, abzulegen. Das Phänomen Ökumene ist eine bedeutende Entwicklung unserer Zeit: Es ist eine neue Philosophie, die den Religionen geholfen hat, sich nicht mehr im Namen Gottes zu hassen und gegenseitig zu bekämpfen. Sie wird jetzt auch den Nationen helfen aufzuhören, sich um der staatlichen Oberherrschaft willen gegenseitig abzuschlachten. Dieses neue planetarische Verstehen der weltumfassenden menschlichen Lebensbedingungen auf dieser Erde ist eine unserer größten Chancen. Die neuen Bedingungen werden die politische Szene und das politische Denken der Zukunft verändern. Weltweite Zusammenarbeit ist eine mächtige Hilfe geworden, hervorgebracht durch die starken Kräfte, die in der gegenwärtigen Phase der Evolution am Werke sind.

Es gibt ein drittes Gebiet, auf dem die Menschen einen bedeutenden Fortschritt machen können, durch den einzelnen als selbständiger Kosmos mit freiem Willen, der während seines Lebens einen starken Einfluß auf seine Familie, auf die Gemeinschaft, auf die Nation, die Religion oder im Beruf ausübt: Es ist das Auftauchen und Vorwärtsdringen der Idee von der Menschenfamilie. Wer spricht inmitten des betäubenden Geschreies so vieler Gruppen für die Menschenfamilie? Ich gebe zu, daß alle Rassen wichtig sind, daß alle Nationen wichtig sind, daß alle Religionen wichtig sind, daß Ost, West, Nord und Süd wichtig sind - aber was ist mit der Menschheit als ein Ganzes? Welche Aufmerksamkeit wird der allergrößten Familie geschenkt, welche Priorität erhält sie in unserer Zivilisation, bei den Medien, in den Schulen, in der Literatur, in der Kunst, in den Kirchen, in unserem Heim?

Was mich anbelangt, so habe ich, nachdem ich einen fürchterlichen Krieg und einen ungewissen Frieden durchlebt habe, nachdem ich gesehen habe, wie meine eigene Familie gewaltsam zwischen zwei Nationen geteilt wurde, vor langer Zeit beschlossen, daß das einzig Wahre, das für mich wichtig ist, der Planet Erde, die Menschheit, meine Familie und mein eigenes Leben sein sollen. Alle anderen Dinge unterliegen beständigem Wechsel: ihre Grenzen, ihre Bedeutung, ihre Macht, ihre Treue wechseln. Doch der Planet, die Menschheit, die Familiengemeinschaft und das Wunder des einzelnen Lebens sind dauerhafte Realitäten in unserem kosmischen Dasein und Abenteuer. Wir tun nicht genug für die Menschenfamilie. Wenn Sie Anthropologe sind, dann möchte ich Sie bitten, eine Wissenschaft der gesamten menschlichen Anthropologie entwickeln zu helfen und die neuen weltumspannenden Angelegenheiten und Organe zu studieren, die für die menschliche Rasse neu entstehen. Wenn Sie Psychologe sind, dann helfen Sie bitte, die Psychologie zu einer weltumspannenden Wissenschaft zu machen. Warum haben wir in den meisten Ländern zur gleichen Zeit ein Welt-Jugendproblem? Warum gibt es diese Schrecken in der Welt? Warum erleben die Menschen während der Olympiade ein Gefühl der inneren Zusammengehörigkeit? Könnten wir nicht ein Welt-Musical und andere künstlerische Wettbewerbe entwickeln? Es gibt so viele schöne und nützliche Dinge, die die Völker der Erde gemeinsam tun könnten. Es gibt eine Weltpsychologie, weil es heute dank der schnellen Nachrichtenübermittlung eine weltweite öffentliche Meinung gibt. Dasselbe trifft auf die Weltphilosophie, die Weltsoziologie und auf die Weltspiritualität zu. Wo sind die Philosophen, die den Mut haben, für die ganze Menschenfamilie zu sprechen?

Das ist äußerst wichtig. Ich habe mein Leben lang beobachtet, daß es schwierig ist, eine beliebige Gruppe von Menschen länger zusammenzuhalten, wenn es nicht etwas Schönes gibt, kein Ideal, kein Ziel, keinen Traum. Um die Menschenfamilie zusammenzuhalten, um ihren weiteren Aufstieg zu ermöglichen, um zu verhindern, daß sie den Boden unter den Füßen verliert und in den Abgrund der Verzweiflung und der Verlassenheit stürzt, müssen wir ein unerschütterliches Ideal besitzen, einen Traum für die ganze Menschenfamilie. Wir werden immer in dem gegenwärtigen Irrgarten herumirren, wenn uns nicht ein Weg gezeigt wird. Wenn man die Lehrpläne der Schulen und der Universitäten betrachtet, und die Medien und die Literatur, so ist leider auch nicht eine Stütze zu finden. Die Träume von Frieden, von Bruderschaft in der Welt, und über die Vereinten Nationen sind nur zu oft Zielscheibe des Spotts, und sie werden als kindische und hoffnungslose Fantasien ignoriert. Natürlich werden sie allein durch die bloße Tatsache, daß die Leute nicht an sie glauben, hoffnungslos. Friede und richtige menschliche Beziehungen sind nicht allein Sache der Regierungen und der internationalen Ämter, sie sind die Angelegenheit eines jeden Menschen. In den vier Milliarden Menschen auf diesem Planeten steckt eine ungeheure Kraft für den Frieden und das Gute. Keine Regierung kann dafür unempfänglich bleiben. Der Schutz des Friedens und der Brüderlichkeit liegt größtenteils in der Hand der Menschen selbst. Man sollte die wirkliche Macht der Menschen und ihrer Träume niemals unterschätzen, wenn sie wirklich gehört werden wollen. Deshalb habe ich für den letzten Jahreswechsel dieses Jahrhunderts vorgeschlagen, daß alle Menschen am Anfang des Jahres 2000 eine weltweite Zweitausendjahresfeier begehen sollten, eingeleitet durch beispielloses Nachdenken, mit Imagination, Inspiration, Begeisterung, Planen und Liebe, damit eine friedliche und glückliche menschliche Gesellschaft auf Erden entstehen kann.

Ich möchte auf ein anderes Gebiet aufmerksam machen, auf dem neue Hoffnung und neuer Fortschritt für eine weitere Entwicklung der menschlichen Beziehungen entstehen könnte: die Welt des Herzens. Während der letzten dreihundert Jahre war der Fortschritt der Menschen wesentlich intellektueller und materieller Natur. Mit Descartes begann in Frankreich der Imperialismus der Vernunft, ohne viel Raum oder Rücksicht für edle Gesinnung. Wissenschaftler und Denker glaubten, alles könne mit rein physikalischen Mitteln und mit dem Intellekt gelöst, erklärt und gefördert werden. Wir scheinen am Ende dieser Überzeugung angekommen zu sein. Wie oft sehen wir in den Vereinten Nationen, daß weltweite Probleme infolge der überforderten Intelligenz der Gegner unlösbar sind? Endlos werden eine Menge Argumente auf jeder Seite vorgebracht, und keine Lösung ist in Sicht. In der Regel muß schon ein großer Staatsmann auftreten, der das alles hinwegfegt und bestimmt, daß sich seine Gegner mit ihm zusammensetzen, der alle Argumente beiseiteschiebt und eine friedliche Lösung findet, einfach weil er eine finden will. An den Fakultäten, an denen die jungen Leute in Politik und Diplomatie wissenschaftlich ausgebildet werden, werden ihnen die verschlungenen Wege des reinen Verstandesdenkens und der systematischen Verdrehung gelehrt: Lügen werden "Verhandlungspositionen" genannt, und die Wahrheit eine "Rückzugsposition". Mit solchen Korruptheiten werden wir nichts erreichen. Freud hat im Jahre 1932 in seiner berühmten Antwort an Einstein auf den richtigen Weg hingewiesen, als er sagte, daß dem Aggressionstrieb im Menschen nur durch die Entwicklung von Liebe oder edler Gesinnung entgegengewirkt werden könne. Deshalb empfahl er, solche Verbindungen für weltumspannende Angelegenheiten und Institutionen zu entwickeln. Er betrachtete den Völkerbund als ein einmaliges, noch nie dagewesenes Experiment, das eine gewisse idealistische Geisteshaltung und eine völlige Übereinstimmung der gesamten Gruppe in Gang bringen würde, die am Ende die Welt zusammenhalten könnte.

In den letzten Jahrhunderten hat die Menschheit Wunder vollbracht. Sie hat die menschlichen Sinne und das menschliche Begriffsvermögen durch erstaunliche wissenschaftliche und technische Erfindungen entwickelt: Unser Sehvermögen ist durch riesige Teleskope, durch Radar, Fernsehen, elektronische Mikroskope usw. tausendfach vervielfältigt worden. Unser Hörvermögen ist durch Unterwassergeräte, Telefon, Rundfunk, Satelitenübertragungen und Mikrowellen erweitert worden. Unsere Hände wurden zu riesigen Greifern in automatischen Arbeitsgängen. Unsere Gehirne sind durch den Gebrauch unglaublicher Computer erweitert worden. Und dieses Voranschreiten von Wissenschaft und Forschung wird weitergehen und eine bis dahin unbekannte Realität entdecken, die von Anfang an unbemerkt schon rings um uns bestanden hat. Doch es gibt keinen Grund, Herz und Seele dabei zu vergessen. Die Wunder der Wissenschaft müssen jetzt in den Bereichen der Gesinnung, der Seele und des inneren Wesens des Menschen wiederholt werden. Die Menschen müssen wieder als Ganzheit betrachtet werden, die imstande sind, ihre eigene Erfüllung zu finden und im vollen Umfang mit den Eigenschaften zu handeln, die durch Gott oder die Entwicklung in uns gelegt wurden. Wenn das erst einmal geschehen ist, werden die meisten Schwierigkeiten in ihrer richtigen Bedeutung gesehen werden und zu lösen sein. Um richtig zu sehen, richtig zu denken und richtig zu handeln, müssen wir unseren Platz im ganzen Universum und im Strom der Zeit erkennen, wie es uns alle großen Propheten, geistigen Führer und Philosophen gelehrt haben. Wir müssen die große moralische Kraft der Liebe, des Mitleids, der Wahrheitsliebe, der Brüderlichkeit und der Hoffnung in die menschliche Bestimmung, die am Anfang der menschlichen Zivilisation stets da war, unbedingt wieder herstellen. Diese Kraft allein wird uns befähigen, unter den Verstrickungen, Niedrigkeiten und Ängsten der Gegenwart das Licht und die große Einfachheit im Plan der Entwicklung zu sehen.

Am Ende möchte ich noch ein paar Bemerkungen machen über etwas, das mir sehr am Herzen liegt, nämlich die Erziehung. Die Menschenfamilie wird fortwährend erneuert: Jede Stunde sterben etwa sechstausend Menschen und fünfzehntausend werden geboren. Alle diese Neuankömmlinge müssen in der rechten Einstellung zum Leben, und in der Kunst es zu meistern, unterrichtet werden, damit sie das Wunder "Leben", das ihnen gegeben wurde, erfüllen können. In dieser Kette sind das Wissen und die Weisheit, die weitergereicht werden, ständig auf einer höheren Ebene. Die Erziehung beginnt durch die Mutter und daheim und wird später in Einrichtungen fortgesetzt, die der Erziehung dienen. Wenn wir richtige menschliche Beziehungen schaffen wollen, dann wird es immer wichtiger werden, die Kinder richtig zu erziehen. Das ist wahrscheinlich das wichtigste Problem, das wir auf diesem Planeten zu lösen haben. Sobald die Kinder geboren sind, werden sie mit vergänglichen Werten und entstellten Informationen über sich selbst, über unseren Erdball, seine Bewohner und die menschliche Bestimmung versehen.

Wir können keine richtigen menschlichen Beziehungen erhalten, wenn wir den Kindern kein ehrliches Bild von der Welt geben, in die sie hineingeboren sind. Wir müssen ihnen einen umfassenden Überblick über die Wunder und die Beschaffenheit des Planeten geben, über die Menschenfamilie und wie verschieden diese Menschen sind. Wir müssen ihnen helfen, zu verstehen, daß sie ein eigener Kosmos sind, ausgestattet mit dem Wunder des Lebens unter unzähligen Brüdern und Schwestern auf unserem Planeten. Wir müssen dem Kind sagen, daß es eine einmalige Erscheinung im Universum ist, die es niemals in der genau gleichen Form wiedergibt. Richtige menschliche Beziehungen erfordern, daß wir dem Kind sagen, wie es sich zum Firmament, zu den Sternen, zur Sonne, zum Unendlichen, zur Zeit, zur Menschenfamilie, zu seinem Planeten und zu den sozialen Systemen, von denen es umgeben ist, verhalten soll. Wir müssen ihm eine Darstellung geben, die auf allgemeinen Tatsachen beruht; begründet auf den gesamten Bestrebungen der menschlichen Spezies, zu lernen und zu verstehen.

Abschließend möchte ich noch meine feste Überzeugung aussprechen, daß es der menschlichen Rasse eines Tages gelingen wird, rechte menschliche Beziehungen zu schaffen, und daß dieser Tag nicht mehr so weit entfernt ist, wie wir denken. Ich komme aus dem Grenzgebiet zwischen zwei Ländern, Frankreich und Deutschland. Ich habe Haß und Greuel erlebt, die ich mir als junger Mensch nicht hätte vorstellen können. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, daß eines Tages der Friede in dieses Gebiet einziehen werde und daß Frankreich und Deutschland sich freundlich begegnen würden, hätte ich es nicht geglaubt. Und doch geschah es! Was zwischen diesen beiden Erzfeinden möglich geworden ist, kann auch für die ganze übrige Welt möglich werden. Es ist den Menschen möglich gewesen, während einer der gefährlichsten Perioden ihrer Entwicklung einen neuen Weltkrieg zu vermeiden. Wenn ich das Maß an Zusammenarbeit betrachte, das schon in den verschiedenen Ländervertretungen besteht, so kann ich nur schließen, daß wir letzten Endes auf dem richtigen Wege sind und daß wir nach und nach die richtigen menschlichen Beziehungen auf diesem Planeten finden werden. Wir haben diese Möglichkeiten. Die Mittel dafür sind uns gegeben worden; die Intelligenz, das Herz und die Seele, die dazu nötig sind. Daher würde ich ohne zu zögern meinen Handschuh für den Erfolg der menschlichen Rasse werfen, trotz vieler Dummheiten, trotz sinnlosen Rüstens und trotz des Risikos von Zwischenfällen. Der Kampf für richtige menschliche Beziehungen, der vor Tausenden von Jahren auf diesem Planeten begann, wird eines Tages gewonnen werden, und ich glaube, ziemlich bald.