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Zyklische Gesetzmäßigkeiten

Die Vorstellung, daß es in der Natur und auch im Leben des Menschen Zyklen gibt, ist für viele sofort verständlich. Intuitiv ist gegen diesen Gedanken nichts einzuwenden; aber auch für den Verstand gibt es zahlreiche Beispiele, die dafür sprechen. Man braucht dabei nur an die imposanten Bewegungen von Sonnen und Planeten bis zum Kreisen der Elektronen im Atom zu denken. Diese Dinge waren bei unseren Vorfahren Wissenschaften, die geheimgehalten wurden, wie ein Großteil ihrer religiösen und wissenschaftlichen Ideen, denn sie befürchteten, dieses Wissen könnte zu selbstsüchtigen und sogar zerstörerischen Zwecken benützt werden, wenn Uneingeweihte davon erführen. Heute erscheint uns diese Einschränkung ohne Zweifel recht willkürlich, hegten wir doch den Glauben, daß Wissen und Tatsachen Allgemeingut sind oder sein sollten; denn wer könnte schon sagen, soviel und nicht mehr darf die Öffentlichkeit erfahren? Doch gerade in unserer heutigen Zeit konnten wir auf allen Gebieten den erschreckenden Mißbrauch der Macht des Wissens sehen und sollten daher verstehen können, warum in früheren Epochen die Regeln in dieser Hinsicht strenger waren.

Im Zeitalter der Statistiken, Computer und Daten-Speichermöglichkeiten ist es verhältnismäßig einfach, über fast alle Themen eine große Menge Informationen anzuhäufen und mit dem Wissen auf anderen Gebieten in Zusammenhang zu bringen, um festzustellen, ob es tatsächlich bei so verschiedenen Dingen wie dem Steigen und Fallen der Börsenkurse, Rekordernten, Wetterschwankungen, Kriegen und dem Vorkommen von Krankheiten etc., eine Gesetzmäßigkeit gibt. Dabei erhält man fast den Eindruck, daß solche Ereignisse eher chaotisch sind und mehr von unvernünftigen menschlichen Einflüssen abhängen, als vom unbeeinflußbaren Vorrücken des kosmischen Uhrzeigers. Aber dem ist anscheinend nicht so, wie E. R. Dewey in seinem ausgezeichneten Buch über Zyklen zeigt.{/ootnote}Cycles, the Mysterious Forces that Trigger Events, 1971; s. Sunrise, May 1972, Buchbesprechung von Willy Ph. Felthuis.{/footnote} Auch in G. G. Luces Studie über biologische Rhythmen sind viele Einzelheiten darüber zu finden.1 Werden aber alle wechselseitigen Beziehungen zwischen Mensch, Erde, Mond und Sonne zusammengenommen, so liegt ihr erstaunlicher Synchronismus völlig außerhalb des Zufalls.

Es kommt selten vor, daß Forscher so tief bis zu den Ursachen vordringen, wahrscheinlich weil diese oft aus dem Metaphysischen herrühren. Mr. Dewey jedoch erforscht dieses Gebiet. Er stellt die Frage, ob wohl gleich lang dauernde Zyklen auf denselben Ursprung zurückgeführt werden können. Zu seiner Überraschung mußte er feststellen, daß alle Zyklen und sich ähnliche wiederkehrende Zeitperioden zu gleicher Zeit beginnen und ihren Höhepunkt haben, so als würden sie durch einen identischen inneren Impuls gelenkt. Was ist das für ein Impuls? Bei der Beantwortung dieser Frage spricht er von Radiowellen und anderen Schwingungserscheinungen, die zyklisch sind, sich durch Instrumente feststellen lassen und greifbare Wirkungen erzeugen - Ton, Licht, Wärme usw. Er ist auch der Meinung, daß Tausende von Zyklen, die unterschiedlich lang anhalten, regelmäßig wiederkehren. Jeder muß dabei einen rhythmischen Ausgangspunkt haben, und für jene, die die gleichlange Zeitspanne umfassen, muß eine identische Quelle angenommen werden. Mr. Dewey setzt weiterhin voraus, daß es zahlreiche kosmische Energien mit sehr großen Wellenlängen gibt, die, verglichen mit den Bruchteile von Sekunden dauernden Schwingungen der Materie, Stunden, Tage, ja sogar Monate, Jahre und noch länger anhalten. Infolge dieser Wellen werden bei den Naturerscheinungen und in den vielen Myriaden menschlicher Handlungen erstaunlich regelmäßige Zyklen erzeugt, die verschieden lang sind.

Schwierig ist, daß bis jetzt noch keine Instrumente erfunden wurden, die diese längeren Impulse oder Wellen - sollten sie tatsächlich existieren - erfassen könnten. Neuesten wissenschaftlichen Vorstellungen liegt jedoch der Gedanke zugrunde, daß die Erde in ein großes elektromagnetisches Feld der Sonne eingebettet ist. Man vermutet, daß irgend etwas "da draußen" auf die Kraftströme in diesem Feld einwirkt und damit veranlaßt, daß sie sich beständig verändern. Dadurch tritt wiederum eine Veränderung im Erdenleben ein, die Chemie unserer Körper, das Wetter und unzählig andere Funktionen mit eingeschlossen. Die Art dieser Energiequelle ist unbekannt - und dennoch sollte die Frage gestellt werden: Selbst wenn wir imstande wären, diese Quelle zu ermitteln, könnten damit die Zyklen "erklärt" werden? Oder müßten wir nicht nachforschen, woher diese Energie kam, wie sie über so ausgedehnte Räume wirken kann, und ob wir alle Zyklen auf eine solche quasi materielle Ursache zurückführen können?

Es ist wirklich zweifelhaft, ob das Grundprinzip der Zyklen richtig verstanden werden kann, solange wir das Universum nur als eine Art leblosen Mechanismus betrachten. Natürlich können wir den Wechsel von Tag und Nacht, das Vorübergehen der Jahre und den Ablauf und die Wiederkehr der Jahreszeiten beobachten. Wir können die Sonnenfleckenmaxima und -minima, die Mondmonate und -jahre, Finsternisse, Durchgänge und andere astronomische Ereignisse und damit zusammentreffende Erscheinungen unter den Lebewesen der Erde aufzeichnen. Aber wie sollen wir das alles, untereinander und jedes einzelne wieder mit allen anderen zusammen, zu einem Bild zusammenfügen und ihren wahren Ursprung und ihre Bedeutung erklären, ohne etwas von uns selbst als lebendigen Teilen eines lebendigen Ganzen zu verstehen? Was sich im Kosmos vor unseren Augen abspielt, muß sich auch in uns widerspiegeln, und ebenso müssen die Zirkulationen und Funktionen, die in uns vorgehen, in dem universalen Leben, das uns umgibt, - von gewissen klassischen und mittelalterlichen Philosophen anima mundi genannt - ihre Entsprechungen haben; denn, wie Paulus auf dem Marshügel in Athen gesagt haben soll, "... in ihm leben wir, bewegen wir uns und haben wir unser Dasein ..." (Apostelgeschichte 17:28)

In alten Zeiten waren die Philosophen, die die Früchte jahrhundertelangen Denkens und Forschens ernteten und die die Einheit allen Lebens bestätigten, fähig, sowohl im Menschen als Einzelwesen wie auch allgemein unter den Rassen und Nationen Einflüsse und Wechselbeziehungen wahrzunehmen, die wir vielleicht nie erkennen würden, weil wir oft im empirischen Forschen zu sehr verhaftet sind. Der Wert des Empirismus (Erkenntnis aus Erfahrung und Experiment) und auch seine unermeßlichen praktischen Vorteile sollten nicht übersehen werden. Es ist nur fraglich, ob einige der wichtigsten Prinzipien der Philosophie oder der Religion auf diese Weise erklärt werden können. Die Wissenschaftler sind unter den ersten, die auf die Grenzen dieser Methode hinweisen, und dennoch sind sie der Meinung, daß sie nichts weiter tun können, weil sie sonst ihre Grunddisziplin aufgeben würden. Sie überlassen deshalb die Metaphysik den Philosophen. Manche verweisen sie sogar in das Gebiet des Unwirklichen. Obwohl man heute eine große Anzahl zyklischer Ereignisse feststellen kann, können viele nicht hinreichend erklärt oder gedeutet werden, weil eine alles umfassende Philosophie fehlt, die sowohl die innere wie die äußere Struktur und das innere und das äußere Wirken des Menschen und der Natur erfaßt. Die Tatsachen werden nur vermerkt, und das ist alles.

Ist aber der Mensch ein Mikrokosmos des großen Makrokosmos, in dem "er sein Dasein hat", dann müßten in beiden die gleichen grundlegenden Gesetze walten; und durch analoges Schlußfolgern nach vorwärts und rückwärts müßten wir imstande sein, unser Verständnis für beide zu erweitern. Bestimmte bekannte physiologische Vorgänge im Menschen müssen zum Beispiel ihre solaren und auch kosmischen Entsprechungen haben und auch umgekehrt. Die Zirkulation des im Körper befindlichen Blutes, das alle zehn bis zwölf Sekunden durch das Herz pulst und den gesamten körperlichen Bedarf dieser Lebensflüssigkeit sicherstellt, muß gewiß im größeren Maßstab mit einem derartigen Vorgang in der Sonne verwandt sein, wie etwa dem elfjährigen Sonnenfleckenzyklus. Die Sonne wird dabei als Herz des Sonnensystems betrachtet.

Alle Dinge beeinflussen sich gegenseitig. Da in der Natur das Prinzip der Schwingung herrscht und sich alles in ihr in kreis- oder spiralförmigen Bahnen bewegt, kehren die Ereignisse wieder zurück, was eben die Zyklen sind. Deshalb ist es auch nicht überraschend, daß wir in der Lage sind, Parallelen unter den menschlichen Erscheinungen und denen in der Natur festzustellen. Henry Still schreibt darüber in seinem Buch Of Time, Tides, and Inner Clocks:

... das Funktionieren aller Lebewesen wird durch eine biologische Uhr oder durch biologische Uhren zeitlich genau bestimmt, die das Schlafen, Atmen, Leben und Sterben in auffallender Übereinstimmung mit dem Universum regeln.

Wenn wir an Zyklen denken, so stellen wir uns im Geist wahrscheinlich Räder von verschiedener Größe vor, die mit Zähnen und dergleichen Dingen versehen und in irgendeiner Maschine vereint sind, in der sich die großen Räder langsam, die kleineren schneller bewegen. Diese Vorstellung enthält gewiß viel symbolische Wahrheit, aber es ist schwer, sich vorzustellen, wie menschliche und kosmische Ereignisse praktisch so miteinander verbunden werden können. Ja, wie sind sie denn überhaupt verbunden? Diese scheinbare Sackgasse ergibt sich aus der oberflächlichen Betrachtung, daß die Himmelskörper "unendlich weit entfernt" und wir hier auf unserem winzigen wirbelnden Globus durch Millionen, oft Milliarden Kilometer anscheinend leeren Raumes von ihnen getrennt sind. Eine derartige Anschauung ist aber wissenschaftlich und philosophisch falsch.

Wir brauchen nur die gewaltigen Energien in Betracht zu ziehen, die von unserer Sonne ausströmen und wieder zu ihr zurückkehren, um zu verstehen, daß die sogenannten leeren Räume bis zum Überfließen erfüllt sind mit Licht, den Kräften des Magnetismus und der Anziehung und Abstoßung, von kosmischen Strahlen, radioaktiven Ausstrahlungen, elektromagnetischen und unzähligen anderen Energien, so daß unser Sonnensystem, wenn wir es von der Energieebene aus "sehen" könnten, als eine ungeheuer große, undurchdringliche, funkelnde Sphäre erscheinen würde, in der die verschiedenen Planeten wie sich bewegende Brennpunkte eingebettet sind. Und wenn wir diese Brennpunkte miteinander und mit der Sonne verbinden, wären diese Ströme von Energien gewaltige Kraftlinien, die sozusagen in lebendiger Bewegung sind. Bei dieser Vorstellung wird das System nicht vom Standpunkt des Bewußtseins, des Geistes und anderer Ebenen mit höher entwickelten universalen Kräften und Substanzen aus betrachtet, an denen der Kosmos und der Mensch teilhaben.

Es ist gut, die Vorteile einer solchen Betrachtung über die Erde, die Sonne und die Milchstraße zu betonen, denn sie hebt das wissenschaftliche Paradoxon actio in distans auf und zeigt, wie Kräfte ohne irgendeinen übertragenden Vermittler über Entfernungen hinweg wirken können. Eine solche Betrachtung führt jedoch unweigerlich dazu, die Milchstraße, die Sonnen, alle ihre Planeten und Monde als Teile eines ausgedehnten Organismus zu sehen, in dem die Kleineren im Größeren leben und somit dessen Bestandteile bilden, wie die Organe im Menschen oder die Moleküle einer Zelle - alle sind unlösbar miteinander verbunden. Genauso wie die wichtigste Aktivität im Innern des Menschen stattfindet und sich nur gelegentlich sichtbar widerspiegelt, - seine Gedanken, Sehnsüchte, Gemütsbewegungen, Intuitionen, sein Bewußtsein - so befindet sich der Hauptaspekt des Kosmos sicherlich auf inneren, unsichtbaren 'Ebenen' oder Sphären. Deshalb ist zweifellos das Universum mehr in innerer Hinsicht zu verstehen, als es uns nach außen hin betrachtet verständlich und begreifbar erscheint; und unsere Sonnensysteme und galaktischen Welten können tatsächlich ein pleroma bilden, wie es die griechischen Gnostiker nannten, eine Fülle von Energien, Substanzen und Lebewesen.

In ähnlicher Weise können wir uns die Menschen als Dynamos vorstellen, die Wärme, Lebenskräfte (prâna), psychische Energien, Gefühlswallungen, plötzlich auftauchende Gedanken und heftiges Verlangen ausstrahlen, die die entferntesten Sterne berühren können; so daß von einem höheren Gesichtspunkt aus der Mensch tatsächlich ein Globus der verschiedenartigsten Energien ist, von denen dieser sichtbare Körper, so wunderbar er auch sein mag, nur eine irreführende Illusion ist, die auf zwei Beinen schwerfällig umhergeht und unser waches Bewußtsein und unsere Handlungen den Begrenzungen von Masse, Raum und Zeit unterwirft.

Wie die Mitglieder einer Familie, die ganz offensichtlich getrennte Individuen sind und dennoch einen großen Einfluß aufeinander ausüben, so haben die Mitglieder der Sonnenfamilie, obgleich anscheinend einsam in der Unergründlichkeit des physischen Raumes befindlich, einen beständigen und in bestimmten Intervallen sehr mächtigen Einfluß aufeinander und auf alle geringeren Lebensformen, aus denen sie sich zusammensetzen. Mit Einfluß ist wechselseitiger Austausch von Energien und Lebensformen jeder Art gemeint. Auf ähnliche Weise bilden die zwölf Sternbilder ein erdumschlingendes Band des Zodiakus, und jedes hat seine charakteristischen Merkmale, die es ausstrahlt. Während sich die Erde auf ihrer jährlichen Umlaufbahn bewegt, scheint die Sonne der Reihe nach durch diese Konstellationen zu wandern, ihre Ausstrahlungen aufzunehmen und sie an unseren Planeten und seine Nachkommen, wie auch an die anderen Planeten weiterzugeben.

Diese Vorstellungen liegen der jetzt sehr verstümmelten astrologischen Wissenschaft zugrunde, die unter den Alten nur einen Zweig einer umfassenden Philosophie über die Entstehung des Kosmos und des Menschen bildete. Da heute jedoch eine derartige systematische Darlegung unbekannt ist, welche die spirituelle und physische Entwicklung und die Bestimmung des Menschen miteinander vereint, wird nur eine Art unvollkommene, sich nur auf die Person beziehende Wahrsagerei ausgeübt.

Wie G. G. Luce in seiner Studie über biologische Rhythmen darlegte, basieren die meisten Lebensgewohnheiten der Pflanzen, Tiere und Menschen auf einem Kreislauf von vierundzwanzig Stunden. Einige davon werden durch den Anbruch der Nacht oder des Tages bestimmt, was davon abhängt, ob die Wesenheit ein Nacht- oder ein Tagesgeschöpf (oder beides) ist. Aber abgesehen von diesen Umwelteinflüssen gibt es bestimmte biologische Rhythmen, die sich in den Vierundzwanzigstundenzyklus einfügen. So ist z. B. der Blutdruck um 3 Uhr nachmittags am höchsten und etwa um 3 Uhr früh am niedrigsten. Die Nebennierensekretion erreicht ihren Höhepunkt von 4 bis 6 Uhr früh und fällt dann am späten Abend auf fast Null ab. Es scheint jedoch, daß manche Phänomene nicht an dieses Tag-und-Nacht-Syndrom gebunden sind. So atmen die Menschen normalerweise 3 Stunden lang hauptsächlich durch das eine Nasenloch und dann durch das andere, immer abwechselnd. Oder ein anderes Beispiel in größerem Maßstab: Der Höchststand der Todesfälle infolge Arterienverkalkung ist im Januar, der durch Selbstmord im Mai.

Daß schnelle Luftreisen über unterschiedliche Zeitzonen hinweg Erschöpfung erzeugen, ist eine interessante Tatsache, die jetzt immer mehr allgemein bekannt wird. Nach der Meinung der Piloten liegt die Ursache darin, daß die individuelle "Uhr" im Körper eines jeden Menschen zunächst noch nach dem Stundenplan der "Heimatzone" weitergeht und etwa einen Tag braucht, um sich den neuen zeitlichen Verhältnissen anzupassen. Diese Ansicht wird in der Natur bestätigt, denn Pflanzen, die aus der südlichen Hemisphäre in die nördliche gebracht werden, behalten oft noch ihre früheren jahreszeitlichen Verhaltensweisen bei. Und noch ein Beispiel: Als Professor Frank Brown von der Northwestern University Austern von den Austernbänken in New Haven, Connecticut, nach Evanston in Illinois brachte, öffneten und schlossen sie ihre Muschelklappen genau in Übereinstimmung mit den Gezeiten an der Atlantischen Küste. Innerhalb von zwei Wochen stellten sie sich jedoch um und richteten sich nach den Mondstellungen im Mittelwesten, da der Mond die Hauptursache für Ebbe und Flut der Gezeiten ist.

Der Mond hat einen großen Einfluß auf das Leben der Erde. Der Lunarmonat mit etwas mehr als 28 Tagen wurde von vielen Völkern, wie z. B. den Juden, für ihren religiösen und auch für ihren weltlichen Kalender verwendet. Andere Völker, in Indien, Amerika und in anderen Ländern, benützten sowohl die Mond- als auch die Sonnenberechnungen, je nachdem, wofür sie gebraucht wurden. Die Völker des Altertums richteten sich beim Säen und Ernten ihrer Feldfrüchte nach den Mondphasen; und wenn auch einige Wissenschaftler darüber die Nase rümpften, so geben sie doch zu, daß manche Früchte am besten zur Zeit des Vollmondes zu ernten sind, wenn die Säfte oder die Kräfte ihr Höchstmaß erreicht haben. (Mr. Dewey behauptet, daß die Wissenschaftler mit der Zeit wohl ihre Meinungen über viele dieser archaischen Bräuche werden ändern müssen.)

Das Leben des Meeres wird durch den Rhythmus der Gezeiten hauptsächlich vom Mond beeinflußt, und so ist es auch bei bestimmten physiologischen Funktionen in vielen Lebewesen. Experimente beweisen, daß Bäume elektrische Ströme übermitteln, die den jeweiligen Mondphasen entsprechend an Intensität und in der Richtung unterschiedlich sind - und meilenweit voneinander entfernte Bäume verändern die angesammelte elektrische Ladung in gleicher Weise. Der Mond scheint auch wirksamen Einfluß auf unsere menschliche Familie zu haben, denn wir alle erfreuen uns oder leiden mehr oder weniger an Gefühlsschwankungen, die zyklisch auftreten. Selbst das Wort lunacy (Wahnsinn) deutet auf gewisse Formen von Irrsinn hin, die vielleicht durch Mondwechsel ausgelöst werden. Der Mond wird von altersher mit Geburt und Tod in Verbindung gebracht, und Mr. Dewey scheint diesen alten Glauben zu bekräftigen, denn er erwähnt, daß bei zunehmendem Mond mehr Kinder geboren werden als bei abnehmendem. Und Dr. William F. Petersen hat beobachtet, daß von den Tuberkulosekranken die größte Anzahl bei abnehmendem Mond stirbt.

Durch die Neigung der Erdachse gibt es beim Kreislauf um die Sonne Zeiten, in denen ihre nördliche Hälfte der Sonne zugewandt ist, die Tage länger sind und wir das haben, was wir Sommer nennen, der seinen Höhepunkt zur Sommersonnenwende, dem längsten Tag des Jahres, erreicht. Im Winter ist der Nordpol vom Sonnenquell abgewandt, dadurch sind die Tage kürzer, und schließlich kommt die Wintersonnenwende. Zur Frühlings- und zur Herbst-Tagundnachtgleiche sind, wie schon das Wort anzeigt, die Tage und Nächte gleich lang. Zweifelhaft ist, ob die Neigung der Erdachse als alleinige Ursache für die vier Jahreszeiten angesehen werden kann, denn augenscheinlich hängt noch viel mehr mit der Ebbe und Flut des irdischen Lebens zusammen als nur die Länge der Tage. In früheren Zeiten wurden die Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen mehr als Brennpunkte verehrt, die eine Veränderung in der Natur und der Intensität geheimnisvoller Kräfte anzeigten; es waren nicht nur astronomische Erscheinungen.

Die Symbolik der Jahreszeiten ist einer der tiefsinnigsten und schönsten Aspekte auf diesem Gebiet. Man verspürt dabei, daß, so wie das Leben auf Erden 'geboren' wird, knospt, reift und 'stirbt', auch im spirituellen Leben des Menschen einmal eine Zeit kommt, in der der innere Christus oder Buddha zur Geburt, zum Erblühen, zum Leuchten in strahlender Kraft gebracht werden kann, um dann die Welt der Menschen entweder zu verlassen oder auf diesen Schritt zu verzichten und als Lehrer und Helfer bei der Menschheit zu verbleiben. Diese überall bekannte Geschichte ist in der ganzen Welt verbreitet, und weder eine Religion noch ein Volk kann daher für seinen Erlöser oder für seine Lehre Einmaligkeit beanspruchen, denn das Erscheinen von Lehrern und die Geschichte ihrer Erleuchtung zu der einen oder anderen der vier heiligen Jahreszeiten ist eine allen Zeitaltern und Ländern gemeinsame Tatsache.

Fußnoten

1. Biological Rhythms in Human and Animal Physiology, Dover Publications, N. Y. 1971, Paperback. Einen Teil der Information in diesem Artikel verdanke ich Herrn Luce. [back]