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Ein Kind des Universums

Von Earl Hubbard1.

 

 

Gespannt sieht die Menschheit einer neuen Phase der Evolution entgegen. Wir suchen das Unbekannte. Wir sind Forscher. Auf allen Gebieten forschen wir, fortwährend nach Neuem Ausschau haltend. Ununterbrochen geht es weiter.

Die Zukunft ist das Unbekannte. Das beste, was wir tun können, ist wohl, zu begreifen, daß wir alle gemeinsam die Menschheit sind, die einem Universum von unaussprechlichen Ausmaßen gegenübersteht. Nehmen wir aber an, daß wir vom Universum getrennt sind und uns auch untereinander getrennt gegenüberstehen, so kann es sein, daß wir die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten hemmen.

Wenn ein Volk sich kurz vor einem Umbruch befindet, ist es durchaus möglich, daß ein magnetischer Lichtblitz der Erkenntnis eintritt. In dieser Lage befinden wir uns augenblicklich.

Unser Ausgangspunkt ist nicht die Erde, sondern das Weltall. Die Farbe des Alls ist schwarz. Die Menschheit aber, das Bewußtsein des Menschen, ist aus allen Farben zusammengesetzt. Es ist ein strahlendes Licht. Nur allein dem Menschen ist es möglich, dem auf uns zukommenden Unbekannten entgegenzutreten. Wir müssen eine Überprüfung unseres Glaubens vornehmen. Unser Glaube an uns selbst und unsere Aspirationen werden alles sein, was uns helfen wird, wenn wir in die Leere vorstoßen. Wir sind bisher noch nicht vom Alleinsein überwältigt worden, aber jene, die es wagen, über den reflektierten Glanz unserer kleinen Welt hinaus in andere Welten vorzudringen, deren Glaube wird geprüft werden, wie noch kein Mensch zuvor geprüft wurde. Ein Fünkchen Hoffnung auf die Rückkehr in unser eigenes Heim, die Erde, ist alles, was uns vor der überwältigenden Verwirrung bewahren kann, die durch zu viel Neues, durch zu viel Unbekanntes entsteht. Von der gewohnten Anziehungskraft völlig losgelöst, kann es zu einem unerträglichen Zustand kommen. Von der unermeßlichen Neutralität des Unbekannten unserer Existenz gegenüber können wir völlig überwältigt werden.

In der Geschichte kann man immer wieder nachlesen, daß sich die Menschen am besten verhalten, wenn sie sich etwas Unbekanntem gegenübergestellt sehen, während sie angesichts des Allzuvertrauten immer kleinlicher werden. Wenn es wahr ist, daß der Mensch seine bedeutendsten Gedanken während seiner größten Anforderungen denkt, dann ist es klar, daß die mentalen Fähigkeiten des Menschen für Anforderungen benötigt werden, die er jetzt noch gar nicht begreift.

Man nimmt an, daß wir nicht mehr als fünfzehn Prozent unserer mentalen Hilfsquellen ausnutzen. Mit diesen fünfzehn Prozent haben wir die Mittel zur Lösung der meisten unserer gegenwärtigen Probleme auf Erden entwickelt. Wofür werden die anderen fünfundachtzig Prozent unserer Fähigkeiten erforderlich sein? Selbst wenn die Erde weitere dreißig Prozent in Anspruch nehmen würde, so hätten wir immer noch eine überreichliche Hilfsquelle, die unausgenützt ist. Es erscheint unwahrscheinlich, daß irgendeine vorstellbare Anforderung auf Erden unser ganzes Potential erfordern würde. Diese fünfundachtzig Prozent scheinen darauf hinzudeuten, daß in uns die Fähigkeit vorhanden ist, von dieser Erde aus in eine größere Umwelt vorzustoßen, die größere Ansprüche an uns stellt.

Die Erde ist ein Platz, der für die Geburt notwendig ist. Die menschlichen Fähigkeiten weisen jedoch deutlich darauf hin, daß der Mensch für eine unermeßlich größere Aufgabe ausgerüstet ist, als sie die Erde in absehbarer Zeit jemals bieten kann. Betrachten wir das Universum als unser Heim, dann können wir diese innewohnende Kraft als Schlüssel für die Anforderungen ansehen, die jenseits unseres Gravitationsfeldes reichlich vorhanden sind.

Unsere unmittelbare Aufgabe ist, die Integration der Menschheit auf Erden zustande zu bringen. Wir müssen zu einer harmonischen Gemeinschaft wachsen. Unser größtes Interesse erstreckt sich aber letzten Endes weit über die Grenzen dieser kleinen Gemeinschaft hinaus, denn die Menschheit ist ein Kind des Universums.

Der Sinn des Lebens ist nicht, gemeinsam vorwärts zu gehen, denn das kann nur durch die Bemühungen des größeren Selbstes geschehen, wir müssen uns auf die Geburt unserer Zukunft vorbereiten und uns um unser Kind kümmern, unser Zukunftskind, das in der Gegenwart geboren wird. Hierbei ist die Liebe der Menschheit am bedeutungsvollsten und hat den größten Wert.

Das wichtigste für den Menschen ist immer wieder die Tatsache, daß er den Zweck der Schöpfung erkennen muß. Das Wort Gott wird für den Plan der Schöpfung verwendet. Gott stellt einen Evolutionsplan dar, der sich vor jeder Generation entfaltet, die sich anstrengt, ihn kennen zu lernen. Es wird lange Zeit dauern, den gesamten Plan mitzuteilen, denn er scheint sich ununterbrochen weiter zu entwickeln.

Eine Änderung unserer Vorstellung von Gott ist eine Änderung im Bewußtsein des Menschen. In unserer Zeit ist die bildliche Vorstellung von Gott tot. Gott selbst nicht; auch nicht die schöpferische Kraft. Die schöpferische Kraft ist offensichtlich nicht tot. Diese Kraft ist nicht etwas, das auf Gefühlen oder Vermutungen im hintersten Winkel unseres Gemütes basiert.

Um uns herum gibt es beständig Demonstrationen der Schöpfung. Wir können unseren Glauben und unser Vertrauen in diese schöpferische Kraft setzen. Wir wissen, daß sie da ist. Wir werden uns dessen immer mehr bewußt.

Die Größe unseres Bewußtseins bestimmt den Raum unserer Realität. Wir haben auf diesem kleinen Fleck aus himmlischem Staube gelebt und haben uns eingebildet, der Mittelpunkt allen Geschehens zu sein. Jetzt suchen wir mit den Augen und Ohren der Wissenschaft, dem neuen Sinnesapparat der Menschheit. Wir sind uns bewußt geworden, daß das Universum unser neues Heim ist. Wir sehen, daß es sich weit über unseren leuchtenden blauen Planeten hinaus erstreckt, und daß dort draußen wahrscheinlich auch Leben existiert. Wenn das Wort Gott zu begrenzt ist, dann liegt das am begrenzten Wissen des Menschen über die Kräfte der Schöpfung und über seine eigene Existenz.

Würden wir in einem Raumschiff eine Fernsehkamera aufstellen und vom Schiff aus, während es weiter und weiter in das Weltall hinausfährt, unseren Planeten betrachten, bis er verschwindet, und würden wir dann gleichzeitig die geliebten alten Hymnen aus der Vergangenheit spielen, dann könnten wir begreifen, daß die Kleinheit unserer Existenz im Unendlichen uns genügen würde, um eine neue Haltung anzunehmen. Unser erweitertes Bewußtsein würde einen ausgedehnteren Gottesbegriff hervorbringen.

Wir können nicht länger behaupten, daß wir bereits eine feste persönliche Beziehung zur gesamten Schöpfungskraft gefunden haben. Wenn die Menschen von einem persönlichen Gott sprechen, dann sprechen sie über einen bestimmten kulturellen Begriff der schöpferischen Kraft. Daß zwischen der Menschheit und dieser Kraft eine Beziehung besteht, ist nicht abzuleugnen. Diese Kraft aber ist groß, und unser Wahrnehmungsvermögen ist begrenzt. Es wäre wahrhaft kühn von uns zu behaupten, wir würden sie genau kennen.

Fußnoten

1. Auszug aus seinem bei Pace Publications, Los Angeles, California, erschienenen Buch Mankind in the Universe. [back]