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Eine Reise zum Mond im Jahre 1609!

Die Wege auf denen die Menschen zu ihren Erkenntnissen in himmlischen Dingen gelangen, erscheinen mir fast so bewunderungswürdig, wie jene Dinge selbst. - Johannes Kepler

 

 

 

Die Aufregung, die entstand, als Raketen den Mond erreichten und seine Oberfläche photographierten und die Möglichkeit, daß in Zukunft Erdenmenschen den einzigen natürlichen Satelliten unseres Planeten betreten, macht uns blind für andere Arten der Raumfahrt. Die meisten Menschen haben von Jules Vernes im Jahre 1865 erschienenen Roman Von der Erde zum Mond gehört. Aber er war nicht der einzige, der die Bedingungen für einen solchen Flug genau voraussagte. Schon 1609 schrieb Johannes Kepler, deutscher Astronom und Hofmathematiker der Habsburger eine Abhandlung1, in der er einen Besuch des Mondes beschrieb. Ganz außergewöhnlich ist die Klarheit, mit der er in seiner "Geographie des Mondes" sowohl die charakteristischen Merkmale des Mondes beschreibt, die die Astronauten entdecken würden, wie auch die Hindernisse, die überwunden werden müssen, um sicher landen zu können. Nebenbei bemerkt, Kepler war der erste, der den Mond einen "Satelliten" nannte, und im Gegensatz zu Galilei vertrat er energisch die Theorie, daß die Gezeiten des Meeres durch die magnetische Anziehungskraft des Mondes verursacht werden.

Warum ist dieses Dokument diese ganzen Jahre hindurch vergessen worden und von einer handvoll Gelehrter abgesehen, unbekannt? Vor allem, weil es allegorisch und in lateinischer Sprache geschrieben ist, denn die lutherische Kirche hatte alle schwer bestraft, die Ideen verbreiteten, die ihren eigenen, von ihr aufgestellten Lehren, entgegengesetzt waren. So widersprach zum Beispiel die Auffassung des Kopernikus, daß sich die Planeten um die Sonne bewegen, dem Dogma, daß die Himmelskörper nur an den Himmel versetzt wurden, um uns nach Sonnenuntergang zu leuchten. Einige Theologen begriffen, daß wenn man die Erde "zu einem wandernden Trabanten der Sonne" machen würde, andere Kirchenlehren in ähnlicher Weise herausgefordert werden könnten.

Kepler lebte zu der Zeit, in der astronomische Entdeckungen einen Aufruhr des Denkens verursachten. Er wurde in Deutschland in Schwaben in der Nähe des Schwarzwaldes geboren und in den ihm unmittelbar vorhergehenden Generationen hatten Erasmus und Luther, Melanchthon und Reuchlin die festgegründete Orthodoxie angegriffen und eine intellektuelle Revolution gefördert. Kopernikus, einer ihrer Zeitgenossen, war ein katholischer Kanonikus und schrieb aus diesem Grunde seine wichtigste Schrift in der Form eines Manuskriptes: Von den Umdrehungen der Himmelskörper, die er privat zirkulieren ließ. Schließlich überredeten ihn zwei seiner Freunde, sie zu veröffentlichen. Später spornte sie Galilei und Kepler bei ihren Forschungen an; die Kurze Darstellung der Astronomie von Kopernikus (1618) des letzteren ist das erste Lehrbuch über diesen Gegenstand.

Kepler begann seine höhere Ausbildung als Student der lutherischen Theologie, verteidigte aber bald "die Ansichten des Kopernikus", erstens in bezug auf die Umdrehung der Erde und dann hinsichtlich ihrer Bewegung um die Sonne - wie er in seinem autobiographischen Essay, das er sein Horoskop nennt, sagt, nicht in erster Linie um ihrer selbst willen, sondern "aus physikalischen oder, wenn Sie es vorziehen, aus metaphysischen Gründen." Er fügt hinzu:

Wenn es auf dem Monde lebende Geschöpfe gibt (eine Sache, über die in einer 1593 in Tübingen geschriebenen Disputation nach der Art von Pythagoras und Plutarch zu spekulieren mir Freude machte), muß angenommen werden, daß sie dem Charakter ihres besonderen Landes angepaßt sein müssen.

Wir erfahren ferner, daß er ein schwächliches Kind war, mit schlechten Augen und vielen abstoßenden Leiden. Doch als er zum Manne heranwuchs, wurde er zu einer "mageren, verschlossenen, sehnigen, mit Nervenkraft geladenen Gestalt mit scharf geschnittenen Zügen. ... Der ruhelose Student, der nie fähig war zu vollenden, was er begann, hatte sich in einen Gelehrten mit einer erstaunlichen Arbeitsfähigkeit, physischer und mentaler Ausdauer und einer fanatischen in den Annalen der Wissenschaft einzig dastehenden Geduld verwandelt." Dieses Arthur Koestlers Die Nachtwandler entnommene Bild ist anschaulich, aber durch seine stark intellektuelle Betrachtungsweise übersieht der Autor die in Keplers eigenen Schriften zum Ausdruck kommenden feinen charakterlichen Obertöne.

Koestler kritisiert Kopernikus und Kepler wegen ihrer Verehrung von pythagoräischem und hiermit verwandten Denken und wegen des Einflusses der platonischen Wiederbelebung auf sie während der Renaissance in Florenz. Gewiß, anfangs bewegten sich Keplers Betrachtungen wie eine tanzende Flamme um den pythagoräischen Begriff der "Harmonie der Spären", - daß jeder Himmelskörper als Folge seiner Bewegung einen musikalischen Ton erzeugt und diese Schwingungen zusammen einen Akkord oder eine Harmonie bilden. Zuerst versuchte er, deren mathematische Beziehungen durch die Verwendung von geometrischen Symbolen zu übertragen, die er zwischen die Planeten setzte, um das richtige Verhältnis ihrer Kreisläufe anzudeuten: ihre Relativität zu einander. Später als er Beweismittel für die Annahme elliptischer Kreisläufe der Sonnenfamilie hatte, unterließ er die buchstäbliche Anwendung dieser Symbole, hielt aber an ihrer subjektiven Bedeutung fest.

bild_sunrise_31967_s80_1Ohne alle Mittel, um seine kleine Familie zu unterhalten, wandte sich Kepler in seinen zwanziger Jahren an seinen Lehrer in Astronomie, Maestlin, der ihm viele Jahre treu geholfen hatte, er möchte seinen Einfluß geltend machen und ihm zu einem Posten an einer Universität verhelfen. Nachdem er hier keinen Erfolg hatte, trat er an Tycho Brahe heran, den adeligen dänischen Astronomen, dessen Genauigkeit und von ihm persönlich gemachten und aufgezeichneten Beobachtungen berühmt waren. Er hatte Erfolg, und am 1. Januar 1600 verließ er Graz und traf im Februar bei Tycho Brahe in Prag ein, - eben in dem Monat, in dem Bruno von der Inquisition auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde - um bis zu Brahes Tod, achtzehn Monate später, mit ihm zusammen zu arbeiten. Doch dauerte die Zusammenarbeit lange genug, um die Zerstörung des bis dahin vorherrschenden unaufgeklärten Weltbildes zu bewirken. Die beiden Männer waren grundverschieden: Brahe war 53 Jahre alt und Kepler 29. Im Temperament war der Däne standesbewußt, gelassen, weltmännisch; Kepler war lebhaft, leidenschaftlich. Ihre unterschiedliche Erziehung hatte eine beständige Reibung zur Folge, aber ihre Auseinandersetzungen waren nicht ernster Natur, denn jeder wußte, daß der andere zur Vollendung seiner eigenen Arbeit notwendig war. Kepler brauchte Brahes astronomische Tabellen, und Brahe begriff, daß er nicht fähig war, die in seinen großen Zahlenreihen ausgedrückten natürlichen Gesetze der Bewegung der Sterne zu abstrahieren. Effektiv hat das von Tycho Brahes Daten genährte Denken Keplers "das moderne Universum erschlossen." Kepler sammelte und veröffentlichte später in schätzenswerter Arbeit Brahes Aufzeichnungen unter dem Titel Die Rudolphinischen Tabellen, so genannt nach dem freundlichen Gönner, dem beide mit Liebe dienten: Kaiser Rudolph II.

Doch wir interessieren uns hier nicht so sehr für einen allgemeinen Überblick über Keplers zahlreiche Arbeiten, sondern nur für einen besonderen Teil davon. Weil er kopernikanische Prinzipien als Grundlage für seine Studien über die Mondreise und die Topographie des Mondes benutzte, verkleidete er sein Thema als Roman, den er Traum betitelte und ließ ihn unter seinen Freunden zirkulieren, in der Hoffnung, daß er wissenschaftliches Interesse erwecke. Nach etwa zwei Jahren war das Manuskript verschwunden und wäre wohl nie wieder aufgetaucht, wenn nicht eine "falsche Auffassung" dieses Manuskripts zu einem Gerichtsverfahren gegen seine Mutter "als Hexe" geführt hätte. Der Glaube an Hexen war in jenem Jahrhundert noch sehr lebendig. Schwatzhaft wie sie war, verärgerte ihr böswilliger Klatsch ihre ehemaligen Freunde und verwandelte sie in Feinde, die eine falsche Auslegung des Traumes benützten, um sie zu vernichten. Das Buch enthielt so viele erkennbare, auf Kepler passende, biographische Einzelheiten, daß die in der Geschichte kurz erscheinende 'Mutter' mit seiner eigenen identifiziert wurde, als handle sie ebenfalls mit Kräutern und "beschwöre Geister." Kepler kämpfte mit solcher Ausdauer und solchem Feuer für sie, daß sie aus dem Gefängnis entlassen wurde und die deutschen Gesetze hinsichtlich der Zauberei geändert wurden. Es dauerte sechs Jahre bis dieser Sieg errungen war. Seine durch die schweren Prüfungen geschwächte Mutter starb bald darnach. Während der nächsten zehn Jahre versah Kepler seinen "Traum" mit erklärenden Fußnoten, denn er hatte gefunden, daß die Leser seine Vorstellungen nicht erfaßten oder die tiefere Bedeutung seines Denkens nicht verstanden. Später veröffentlichte er ihn mit Anmerkungen und mit seiner Übersetzung von Plutarchs Symposium über The Face on the Moon. Er erlebte nur den Druck der ersten sechs Seiten, aber sein ältester Sohn setzte das Vorhaben als einen Akt kindlicher Pietät fort, aber auch um Geld für die verarmte Witwe und die jüngeren Kinder zu verdienen.

Das in der ersten Person geschriebene Buch schildert die vom Erzähler gemachten Erfahrungen bei einer Reise zum Mond, die er mit der Hilfe eines von seiner Mutter gerufenen 'Geistes' machte. In Fußnoten erklärt Kepler, daß in einer der Bedeutungen dieser Allegorie die Mutter die Unwissenheit und der Sohn die Wissenschaft darstellen, während der 'Geist' die Astronomie ist, aber er scheint anzudeuten, daß es noch andere Aspekte für den Symbolismus gibt.

Welcher Art waren nun einige der Schwierigkeiten, die Kepler bei seiner Reise zum Mond voraus sah? Vor allem begriff er, daß unser Körper für irdische Verhältnisse geschaffen ist und die Reisenden deshalb sorgfältig ausgewählt und physisch wie psychologisch strenge geschult werden müßten, um die starken Veränderungen zu überstehen, denen sie außerhalb der schützenden Umhüllung der Erde begegnen würden. Zweitens wäre für das Raumfahrzeug ein Schutzschild gegen die Hitze notwendig, die entsteht, wenn das Fahrzeug außerhalb des Bereiches der "filtrierenden Atmosphäre" unseres Planeten den Energien der Sonne ausgesetzt ist. Er deutete an, daß eine Reiseroute in dem Schatten läge, den unser Globus wirft, weil in diesem schmalen Band die Strahlung der Sonne fast vollständig ausgeschlossen ist. Drittens wußte er, daß der kürzeste Weg eine Kurve zu einem Rendezvous im Raum sein würde, wo die Reisenden und der Mond an einem vorher bestimmten Punkt gleichzeitig ankämen. Er empfahl zwei Wege, um das zu erreichen: der eine würde bedingen, daß ein "Vehikel ... in der Höhe einige Tage im Kegel des Erdschattens kreist (damit es in dem Augenblick zur Stelle ist, in dem der Mond in diesen Kegel eintritt)." Aber er fürchtete, es könnte "technisch nicht möglich sein, ein solches Vehikel zu konstruieren." Sein anderer Vorschlag war, die Reise während der kurzen Zeit einer Mondfinsternis zu machen. Diesem Vorschlag fügte er die Erklärung bei, daß "diese Beförderung nicht von der Beschaffenheit des Raumschiffes abhängt, sondern von der Disposition jener, die befördert werden." Er dachte für einen so "stürmischen Abstoß" würden nur einige wenige Menschen - "die am meisten Prädestinierten" - geeignet sein, die mit Gewalt "von unten" in die Höhe geschleudert würden.

Bezüglich des Starts fährt er fort: "Ich bezeichne die Schwerkraft als der magnetischen Kraft ähnlich - eine gegensätzliche Anziehung. Im Falle von zwei Körpern, die einander nahe sind, ist die Anziehungskraft stärker, als wenn sie weit voneinander entfernt sind. Solange deshalb zwei Körper nahe beisammen sind, ist der Widerstand gegen die Trennung stärker." Da die Körper der Mondreisenden "schwer sind, werden sie der Bewegung widerstreben und die Gewalt eines so schnellen Schubes wird heftig sein", um die Anziehung der Schwerkraft aufzuheben.

Kepler sah nicht nur die Notwendigkeit voraus, die Bedingungen im Raumschiff den uns auf unserem Planeten vertrauten anzupassen, sondern auch die durch den Abschuß in den Raum verursachte Drallbewegung. Um auf diese Weise den Druck und die Störung nach dem Start in ihrer Wirkung auf ein Minimum zu beschränken, empfahl er für den Reisenden eine horizontale Lage, wobei "Glied um Glied Vorsorge getroffen werden muß, damit der Stoß auf die einzelnen Glieder verteilt wird, weil sonst der obere Teil seines Körpers von der Unterlage gehoben oder der Kopf von den Schultern gerissen wird." Er empfahl eine Startgeschwindigkeit von 12000 deutschen Meilen in der Stunde, was heute zwischen 50000 und 55000 Meilen pro Stunde entspricht. Selbst der gegenwärtigen Periode angehörige Schriftsteller wie Rudyard Kipling und H. G. Wells glaubten, daß künftige Luftfahrzeuge nur 225 Meilen in der Stunde erreichen würden. Das war für sie eine fantastische Geschwindigkeit! Ferner betrachtete Kepler in natürlicher Folgerung die Schwerkraft als eine universale Erscheinung und nahm an, daß es zwischen der Erde und dem Mond eine Stelle gäbe, wo sich die entsprechenden Anziehungskräfte "die Waage halten" oder neutralisiert sind, so daß es nur einer geringen Nachhilfe bedarf, die letzte Etappe mondwärts zu erreichen. Er sagte, daß die Körper an dieser Verbindungsstelle "allein sein werden, ohne Hilfe, sie werden mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben und schwitzen und natürlich ohnmächtig werden", wenn sie "die Reise nicht dann unternehmen, wenn der Mond in der richtigen Stellung ist."

Es ist nicht notwendig, alle diese theoretischen Voraussagen in bezug auf die Reise oder die Erfahrungen, die man nach der Ankunft auf dem Mond machen würde, einzeln aufzuführen. Wie oft von ihm bezeichnet, ist sein Werk auf Grund seiner Betrachtung des Universums als ein wirkendes Ganzes, als eine Mischung von "Physik und Metaphysik" anzusehen. Aber wegen der Gedankenatmosphäre und der allgemeinen Lebensbedingungen in Europa zu jener Zeit, mußte Kepler bezüglich der Darbietung dessen, was er zu sagen wünschte, vorsichtig sein. Wir sind John Lear zu Dank verpflichtet, daß er dieses anregende Werk der Allgemeinheit zugänglich machte, aber wir bedauern, daß er sich hauptsächlich für den Raumreiseaspekt von Keplers Arbeit interessierte und nicht für die von den Pythagoräern und Orphikern, von Plato, Bruno und Kardinal Nicolaus Cusanus daraus abgeleiteten Nuancen. Herr Lear deutet darauf hin, daß "Keplers Fußnoten über die Geographie verraten, wie das Manuskript entworfen wurde, um stärkstens gegen das aristotelische Vorurteil zu opponieren, ohne dabei echte wissenschaftliche Prinzipien aufzugeben."

Wissenschaftler, wie Jammer und Koyré, die Kepler in den langen und zuweilen im Verborgenen fließenden platonischen und neuplatonischen Strom einreihen, weisen nachdrücklich darauf hin, daß Kepler diesen Einfluß durch die Benutzung der aristotelischen Ausdrucksweise verbarg, um einen Zusammenstoß mit den Autoritäten seiner Zeit zu vermeiden. Sei dem wie es will, Keplers Theorie (die er das erstemal 1605 in einem Brief niederschrieb, die aber erst 1609 veröffentlicht wurde), daß die Laufbahnen der Planeten elliptisch und nicht kreisförmig verlaufen, wie Galilei dachte, "gestaltete die Astronomie von Grund auf um." Sie brachte ihn mit den größten Wissenschaftlern seiner Zeit in Verbindung, einschließlich dem britischen Astronomen Thomas Hariot, der mit Sir Walter Raleighs 'Schule der Nacht' in Verbindung stand. Diese wurde ein oder zwei Jahrzehnte nach dem Besuch Giordano Brunos in England ins Leben gerufen. Hariot war auch ein Freund von Rev. John Donne, dem Dichter und Dekan von St. Paul in London, Kepler glaubte, daß Donne eventuell das Traum Manuskript gelesen hat, solange es Hariot besaß, und daß es ihn zu seinem satirischen Gedicht gegen die katholische Hierarchie, Ignatius His Conclave, veranlaßte. Es konnte kaum ein Zufall sein, daß er seinem Gedicht die Form eines Traumes gab und Kepler und Galilei namentlich nannte.

John Lear bemerkt in seinem Kommentar:

Donne hat nicht nur geträumt, er war

... in einer Verzückung, und

Meine kleine, wandernde, lustige Seele,

Gast und Begleiter meines Körpers,

hatte die Freiheit, durch alle Orte ... im Firmament zu wandern.

"Alle die Räume ... des Himmelsgewölbes" sind von Kepler und Galilei bereits entdeckt und erforscht worden, berichtet Donne nach seiner ersten Erkundigung. So schaute er "mit Hilfe gewisser Brillen, ich weiß nicht welcher Fabrikation ", in die entgegengesetzte Richtung. Der Dichter war ein erfinderischer Mensch, aber man braucht die Augen nicht anzustrengen, um in dieser Stelle eine rasche Erkenntnis der Tatsache zu sehen, daß es Galileis Linsen, obgleich sie berühmt geworden waren, nicht mit der Vorstellungskraft des menschlichen Gemütes aufnehmen konnten.

Donne sah deutlich, welch seltene Persönlichkeit Kepler war, wie einsam der Weg war, den er in dem kalten Licht des wissenschaftlich bestätigten Verstandes ging. Würden es gewöhnliche Menschen gewagt haben selbst einem kaiserlichen Mathematiker in den grenzenlosen Raum zu folgen, in den Kepler seine Leser lockte?

Kepler übersetzte in seiner Jugend viele Werke aus dem Griechischen, das er durch stark konzentrierte Anstrengung in kurzer Zeit beherrschte. Eines von diesen Werken war Plutarchs Essay über den Mond, das wir schon erwähnten. Er schrieb darin von alten Inseln im Nordwesten Britaniens, deren Bewohner vor langer Zeit "Reisewege zum Mond kannten." Diese anscheinende Anspielung auf das legendäre Atlantis (von dem Plato bemerkt, daß die Wissenschaft davon Kenntnis hat) ist nicht das einzige Verwunderliche daran. Von Plutarch gab es auch eine Beschreibung der Wege zum Mond, "mit starkem Verkehr der Seelen der Ungeborenen und der Toten, die im Schatten der Erde jammernd zwischen der Erde und dem Mond hin und her fluten." Diese von Lear kurz wiedergegebene Idee mag seltsam und wie ein Märchen, wenn nicht 'absonderlich' erscheinen. Aber der dahinter stehende Gedanke ist nicht nur bei Plutarch oder Kepler zu finden. G. von Purucker erinnert in seinen Dialogues daran, daß im Altertum die Grundidee war, daß "die ganze Natur in einem unumschränkten Gewebe des Schicksals miteinander verstrickt ist" und deshalb

eine Sonnen- oder Mondfinsternis sehr enge mit den Zirkulationen des Kosmos verknüpft ist und die Zeit darstellt oder tatsächlich ist, in der die Lebensenergien von einem Himmelskörper zum andern übertragen werden.

Kepler bringt an vielen Stellen die Verbindung mit diesen archaischen Begriffen zum Ausdruck, besonders in bezug auf die Naturerscheinungen als ein Teil des Wirkens in einem geordneten Kosmos. Er legt dar, daß die ungeheuren Einflüsse von anderen Himmelskörpern auf den Planeten alle seine Bewohner beeinflussen müssen, den Menschen eingeschlossen. Wie Giordano Bruno, auf den er sich gelegentlich bezieht, fühlte er, daß der Raum als mehr als eine Leere oder der Behälter irgendeines Wesens oder Dinges betrachtet werden sollte, sondern vielmehr als von einer verfeinerten 'Substanz' erfüllt, die als der innewohnende 'Gott' alles durchdringt und dessen Bewußtsein die Grundlage für die Exaktheit der astronomischen Erscheinungen ist. Aus dieser unsichtbaren Substanz heraus wurde das Universum geboren, und die Sterne und Planeten sind verkörperte Intelligenzen.

Durch die Griechen in Alexandrien kam ein beträchtlicher Teil ägyptischer Lehren auf uns, die als die Hermetica zusammengefaßt wurde. Schriften, die dem mystischen ägyptischen König zugeschrieben werden, den die Griechen Hermes Trismegistos nannten: als Hierophant, Philosoph-Baumeister und Regent der "Dreimal Größte." In der vierbändigen Ausgabe von Walter Scott, die die griechischen und lateinischen Texte, wie auch die englische Übersetzung enthält, finden wir in Buch I (The Poimandres) einen Hinweis auf das Abwerfen feiner Hüllen oder Kräfte durch die Seele, wenn sie das magnetische Feld der Erde verläßt und der Wiederaufnahme derselben bei der Rückreise - ein Begriff, der sich auf Reinkarnation als einem grundlegenden Faktor im Leben stützt. Das Gehen der Seelen zur Erde hin und von der Erde zurück war nicht auf die Zustände nach dem Tode oder vor der Geburt beschränkt, sondern es wurde auch angenommen, daß es für jene eine Erfahrungsmöglichkeit des Bewußtseins bildet, die geschult werden, die damit verbundenen psychologischen Veränderungen zu ertragen. Es wurde gesagt, daß die Seele in diesem Kreislauf in der ersten Zone (dem Mond) die Kraft abstößt, "die Zunahme und Abnahme bewirkt."

Dieses Thema war auch nicht auf sonderbare oder wunderliche Systeme vor der christlichen Ära begrenzt, denn wir finden es in den gnostischen und in gewissen frühchristlichen Schriften wieder, die beiseite geschoben wurden, als in den Konzilen der Kirche etwa seit dem vierten Jahrhundert über den offiziellen Kanon debatiert wurde, der jetzt das Neue Testament bildet. Die Essenz dieser Ideen, die weit verbreitet waren, ist, daß der Mensch mehr als nur sein Körper ist: er ist ein Bewußtsein, das aus irdischen Materialien ein physisches Instrument emaniert und entwickelt, um das Leben auf diesem Planeten kennen zu lernen. Er erweitert den Bereich seines Bewußtseins, so daß es das Universum umfaßt, aus dessen Elementen er zusammengesetzt ist. Wir könnten dieses Forschen des Bewußtseins eine Reise im inneren Raum nennen.

Wir fühlen intuitiv, daß das kosmische Leben ein einziges zusammenhängendes Ganzes ist, und die Erscheinungen um uns scheinen das zu bestätigen. Es möchte scheinen, daß der Mensch aus den Tiefen seiner Seele heraus die Anzeichen kommender Ereignisse empfangen kann, wie sich Kepler und Verne Vorstellungen von der Reise zum Mond machten, wobei ihre Voraussagen mehr als bloße Vermutungen oder Phantasie waren. Kepler hat uns einen wundervollen Bericht über seinen Flug zum Mond hinterlassen - war es nur ein Traum?

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Fußnoten

1. KEPLERS DREAM, von John Lear, mit dem vollen Text und den Anmerkungen Somnium, Sive Astronomia Lunaris von Joannis Kepleri, ins Englische übersetzt von Patricia Frueh Kirkwood. University of California Press, Berkeley und Los Angeles, 1965, 182 Seiten, $ 5,00. [back]