Informationen über Theosophie in anderen Sprachen:     ENGLISH    ESPAÑOL    ITALIANO    NEDERLANDS    РУССКИЙ    SVENSKA  

Gute Aussichten

bild_sunrise_11969_s23_1So wie es oben ist, ist es unten;

und wie es unten ist, so ist es oben.

So zeigt sich uns das Wunder des Kosmos.

Wie alle Dinge durch das Eine

aus dem Einen stammen, so entstanden alle Dinge aus diesem Einen durch Evolution.

- Smaragdene Tafel des Hermes.

 

 

 

"Bewacht unsere Grenzen gut, Brüder. Beständige Liebe und Wachsamkeit bilden immer noch einen undurchdringlichen Wall gegen das Böse; doch wenn es gilt, die Harmonie aufrecht zu erhalten, führen wir auch Krieg", sagte das Oberhaupt der Götter in seinem Palast inmitten der Unendlichkeit. "Nun, wer hat etwas in bezug auf Entwicklungen im Raum zu berichten?"

"Ich habe etwas zu berichten", erwiderte der Aufseher der Milchstraße. "Ich fürchte, daß es auf dem Kleinsten in diesem System zu Schwierigkeiten kommen wird."

"Erzähle uns davon", erwiderte der Oberste.

"Dort findet ein gewisser Fortschritt statt, für den im Augenblick nicht ganz die rechte Zeit ist. Er kann das weitere Wachstum fördern, kann aber auch ernstes Unheil bringen."

Alle Götter stimmten bei; sie wußten Bescheid. Weit draußen befand sich eine funkelnde Blase, die unter den größeren und leuchtenderen kaum sichtbar war. Sie wußten, daß selbst diese winzige Blase aus Abermillionen kleinster Partikel bestand, die auf ihre Weise strahlten und funkelten. Ihre Augen richteten sich auf einen der undeutlichsten Punkte am Rande jener kleinen Blase. Rund um jenen Funken liefen nämlich in regelmäßigen Bahnen einige unendlich kleine Dinge und eines der Kleinsten davon war der Gegenstand ihrer Betrachtung. Sein Aufleuchten vergrößerte ihn zu einer Bohne, die die Form eines Balls hatte.

"Das ist ein Planet, der Erde genannt wird", sagte der Aufseher. "Soll ich Euch etwas über ihn erzählen?"

Die Götter stimmten zu.

 

"Die Erde, ein Körnchen in der Milchstraße, ist der Wohnsitz einer Unzahl von Mikroben, die sich menschliche Wesen nennen, obwohl sie meiner persönlichen Meinung nach nicht vollkommen verstehen, was es bedeutet, Mensch zu sein. Wenn wir ihn näher betrachten sehen wir, daß dieser winzige Planet durch die großen Verwicklungen der ihn beherrschenden Einflüsse einen mühseligen Lebensweg zu gehen hat, der schwer zu beschreiben ist. Bei starker Vergrößerung zeigt es sich, daß seine Oberfläche an manchen Stellen feucht und seine Haut hier und dort faltig ist. Die stolzen Bewohner nennen das Ozeane und Berge. Die Nachforschungen ergaben, daß sich Gruppen dieser Mikroben an verschiedenen trockenen Stellen ansiedeln. Ängstlich beobachtet eine Gruppe die andere, und jede hütet ihr eigenes Gebiet. Das seltsamste ist, viele von ihnen versuchen beständig, andere Mikroben, deren Wohnsitze und ihre Habe zu erbeuten, um ihre eigenen Territorien zu vergrößern. Bei weiteren Forschungen konnte man erkennen, daß dann und wann kaum sichtbare Flammen aufflackern. Sie werden künstlich erzeugt und können für die ungeschützten Mikroben gefährlich werden.

Anscheinend können die Mikroben Himmelskörper - das heißt solche, die Licht spenden oder Licht empfangen - etwa auf die Entfernung von, sagen wir, einem bis zehn Millimeter beobachten. Das ist so weit entfernt, daß diese Erdgeschöpfe wenigstens eine oder zwei Sekunden brauchen, wie wir sie kennen, um so weit zu reisen. Da ihre Lebensspanne jedoch sehr kurz ist, ist es ihnen unmöglich, die Distanzen zu diesen himmlischen Welten zurückzulegen. Unsere Kalkulationen beweisen, daß innerhalb einer solchen Sekunde viele Tausende von Generationen der Mikroben inzwischen einander gefolgt sind.

Um einen Augenzeugenbericht zu haben, sandten wir einen unserer Forscher zur Erde. Ihr werdet verstehen, Brüder, daß dieses Studium eine Menge schwieriger Probleme mit sich brachte, weil der Lebenszyklus eines solchen Körnchens, wie es die Erde ist, außerordentlich kurz ist. Während wir zum Beispiel hier eine Nacht der Ruhe haben, sind Millionen und Abermillionen solcher Kristallisierungen manifestiert und wieder verschwunden, so kurz ist ihr planetarisches Dasein. Wie kurz ist dann erst das Dasein der Mikroben? Weil die Götter die Bedeutung der Dauer verstehen, die Menschen aber nur die Zeit kennen, war es für unseren Beauftragten möglich, anwesend zu sein, ehe die Rinde der Erde verhärtete. Er sah die Mikroben als Lebensfunken von ihrem letzten Heim zu ihrem gegenwärtigen übersiedeln. Er sah Gruppen der hoch entwickelten zuerst ankommen, um die Ansiedlung der später ankommenden vorzubereiten. Es ging nach einem ganz harmonischen Plan.

Unterschätzt diese Menschen ja nicht, denn sie sind eifrig bemüht, ihr Wissen zu vergrößern. Da sie in einer stark intellektuellen Wellenlänge leben, die in einem ausgedehnten magnetischen Wunschbereich schwingt, schätzen sie überragendes mentales Können mehr als die zugrundeliegenden spirituellen Wellen. Das ist ein Grund, warum sie fast immer umständlich über das Gehirngemüt an etwas herantreten, anstatt auf dem direkten Weg des Herzens. Gegenwärtig, so haben ihre Mathematiker festgestellt, liegt die Grenze ihrer Raumforschung etwa bei fünf Zentimeter. Irdisch ausgedrückt bedeutet das eine Entfernung, für die das Licht dreißig Milliarden Jahre braucht. Sie hören auch bereits gewisse Töne aus dem äußeren Raum. Das gelingt ihnen mit Hilfe von Radioteleskopen. Sie studieren diese Signale, die sie mit diesen Instrumenten empfangen haben und hoffen dadurch zu erfahren, auf welche Weise das Universum geboren wurde. Sie sind zu vielen Vorstellungen über den Anfang der Dinge gekommen. Eine Theorie behauptet, das Universum sei durch eine Explosion ins Dasein getreten; eine andere, daß es sich in einem Zustand dauernder Veränderung befindet, und so weiter. Einige von ihnen haben sogar die Idee, daß sich Milchstraßen und Sterne in regelmäßiger rhythmischer Ordnung manifestieren und wieder verschwinden.

Glaubt nicht, das diese Mikroben wirklich einen Begriff davon haben, was dreißig Milliarden Lichtjahre bedeuten. Finge ein Mensch an zu zählen, eins, zwei, drei und so fort und das tagein, tagaus ohne Unterbrechung, sein ganzes Leben lang, so würde er mindestens zehn Leben benötigen, um diese Zahl zu erreichen. Selbst die Geschichte ihrer eigenen Rasse aufzuzeichnen, wäre eine unmögliche Aufgabe, da sie nicht mit dem geistigen Rüstzeug versehen sind, um mehr als den Bruchteil einer Sekunde zu überschauen. Und selbst über dieses Bruchstück der Zeit wissen sie nicht richtig Bescheid.

Es liegt nicht in meiner Absicht, diese Erdbewohner lächerlich zu machen. Wesentlich ist, daß sie trotz der ihnen jetzt zu Gebote stehenden beschränkten Hilfsmittel versuchen zu erkennen. Es beweist nur wieder einmal, welch großes Mysterium das Leben ist. Mikroben sind in ihrem Innersten das gleiche wie wir. Die Mehrzahl von ihnen weiß jedoch nicht, daß sie in ihrer Essenz spirituelle Wesen sind, und daß die physische Form nicht ihr wichtigster Teil ist. Für uns ist es ein Glück, daß es unter ihnen einige gibt, die den Geist als das Wirkliche erkennen. So ist es für uns möglich, durch den höheren Teil ihrer Natur mit ihnen in Verbindung zu bleiben.

Wir wissen, daß sich die Leiter der Evolution nach beiden Seiten hin ins Unendliche erstreckt, daß wir und unser System in den Augen jener, die noch weiter beim Zentrum der Tiefe wohnen, nur ein kleines Partikelchen sind, und diese ihrerseits sind wiederum gegen die jenseitigen Übergötter wie 'Mikroben'. Brüder, ist es nicht ebenso erfreulich, zu vernehmen, daß diese Erdenwesen für die weit unter ihrer Wachstumsstufe stehenden Heere von Lebensformen wie Übergötter sind? So kommt es, daß niemand die Unendlichkeit begreifen kann. ...

Nebenbei gesagt, die kaum sichtbaren Flammen, von denen wir sprachen, werden Atombomben genannt. Die Menschen glauben, daß sie sich durch die fürchterlichen Energien, die sie durch die Explosivkörper entfesseln, gegenseitig vernichten und sogar ihren kleinen Globus zerstören können. Ihr seht, sie sind nur gewohnt in substantiellen Begriffen zu denken, anstatt in den Begriffen des Lebens an sich. Während eine solche Vernichtung hier kaum bemerkt werden würde, würden die Mikroben sie ein kosmisches Drama nennen. Sie wissen nicht, daß der Tod - oder die Geburt - eines einzelnen Elektrons genauso ein kosmisches Drama ist, wie die Zerstörung - oder die Neuwerdung - ihrer ganzen Welt. In kurzer Zeit würde sich der Planet wieder verkörpern, doch die Menschen müßten in allem dort wieder beginnen, wo sie aufgehört hatten; sie müßten immer noch herausfinden, daß die Liebe das vereinigende Gesetz im Universum ist. Früher oder später werden die Erdenbewohner begreifen. Wir wollen uns an die Zeit erinnern, als auch wir diese Lektion lernen mußten! Ich sehe gute Aussichten für diese Mikroben."

 

Die Götter nickten mit den Köpfen und murmelten, "Wir auch!"

bild_sunrise_11969_s27_1