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Die Masken Odins

18 – Kvädet om Rig

(Das Riglied)

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Anmerkungen der Übersetzerin

Vor langer langer Zeit, die menschliche Rasse hatte die Fähigkeiten noch nicht erlangt, die uns von den Tieren heute unterscheiden: die Macht der Sprache, abstrakter Gedanken, der Kunst, der Kreativität und der Einfühlung. Das ist die Geschichte unseres Erwachens in die rudimentäre Menschheit, in der das Training, das Schärfen und die Vervollkommnung des menschlichen Instruments eingeleitet wurde – etwas, das heute noch andauert.

Rig1 ist ein Strahl von Heimdal, „dem weisesten Ásen“, eines solaren Einflusses. Symbolisch ist er mit Thrym verbunden, dem Gott des Anfangs, und mit der Tierkreis-Konstellation Widder. Das Lied erzählt, wie der Abstieg dieses gottgleichen Einflusses in die Menschheit jener frühen Zeit in drei Stufen stattfand. Die Menschheit war noch stumm, ermangelte des Denkvermögens und vegetierte ziellos dahin, indem sie mit unendlicher Langsamkeit den evolutionären Weg dahintrieb. Sie besaß keinen Ansporn oder Wunsch zum Wachstum, als die mitfühlenden Götter zurückschauten und ihr Elend sahen. Und so „reiste auf grünen Wegen der starke, verständige, weise Áse, der mächtige, männliche, wanderende Rig“(1). Er stieg zur Menschheit herab, um die Möglichkeit im Menschen zu erwecken, ein Ásmegir, ein Gottmacher, zu werden.

Der erste Versuch war erfolglos: die Tür der menschlichen Behausung, eine miserable Hütte, war verschlossen (2). Bei dem zweiten Abstieg fand der Gott den Menschen in einer komfortablen Heimstätte, deren Tür angelehnt war (13) – teilweise aufnahmefähig. Das dritte Unterfangen fand den Menschen in einem Haus wohnen, dessen „Tür offenstand“ (23): diese menschlichen Formen waren geeignet, den göttlichen Zufluß des selbstbewußten Denkens zu empfangen.

Von dieser Zeit an wurde die Menschheit selbstbewußt und fähig, ihr Schicksal selbst zu bestimmen. Mit dem Denkvermögen kam Willensfreiheit, und mit der Wahl kam Verantwortlichkeit. Der Mensch war jetzt für seine Gedanken und Handlungen verantwortlich und mußte sie auf moralische und intellektuelle Ebenen erheben und nicht nur auf physische Gründe wie zuvor.

Es ist bemerkenswert, daß der Nachkomme des Gottes in der dritten Behausung von seinem göttlichen Vater gelehrt wurde. Ihm wurden Runen der Weisheit gegeben, und er erwarb erfolgreich für sich den Titel „Rig“. Aus dieser Rasse heraus entwickelten sich die nachfolgenden Menschheiten, deren jüngste, König, fähig war, zu heilen und den „Vogelgesang zu erlernen“, d. h. der Mensch konnte die Sprachen der Natur verstehen und besaß Einsicht und Verständnis.

In dem plötzlichen und unerwarteten Schluß des Liedes, wird König von einer Krähe gewarnt, mehr männlichen Objekten nachzugehen als Vögel zu jagen: er möge „ein Roß reiten, mit dem Schwert hauen und den Feind zu Fall bringen“ – Symbole, wie die tierische Natur kontrolliert, das Schwert des Willens oder des Wissens ergriffen und der Feind des menschlichen Fortschritts – der Egoismus – erschlagen werden kann. Diese Warnung könnte eine Vorahnung der Perversion der Göttlichen Begabung durch die nachfolgende Rasse sein. Die Geschichte von Rig wird häufig dafür verwendet, um als Stütze für das Kastensystem zu dienen, das in den meisten Gesellschaften, ob offen oder unbemerkt, existiert. Es mag sein wie es will, sie besitzt auch eine weit größere Bedeutung. Wir müssen die Struktur der Mythen berücksichtigen, die wiederholt tiefere Schichten der Bedeutung bis zur Grenze unseres individuellen Verständnisses enthüllen. Wenn wir die Evolution hauptsächlich als die Entfaltung des Bewußtseins mit ihren Strukturen und den daraus folgenden entsprechenden Persönlichkeiten betrachten, erkennen wir das göttliche Mitgefühl im Abstieg von Rig, unseres göttlichen Vaters. Er kam, um uns mit den spezifischen menschlichen Eigenschaften auszustatten, die, nach vielen Verwicklungen im Verlauf unserer Leben, die Vollkommenheit unserer Spezies bringen wird.

Kvädet om Rig

In früheren Zeiten erzählten sich die Menschen, daß ein gewisser Aesir namens Heimdal sich erhob und am Strand entlang ging, als er zu einer Hütte kam und sich Rig nannte. Von dieser Geschichte stammt dieses Lied.

1. Auf grünen Wegen reiste
der starke, verständige Weise Áse,
Der mächtige, männliche wandernde Rig.

2. Als er die Mitte der Straße entlang ging,
Kam er zu einer Hütte, deren Tür geschlossen war
Und trat ein. Auf dem Boden war ein Feuer.
Ein grauhaariges Ehepaar saß am Herd,
Áe und Edda2 im alten Kopftuch.

3. Rig wußte, wie er ihnen guten Rat geben konnte,
Er setzte sich inmitten der Bank,
Ihm zur Seite die Eheleute.

4. Edda bediente ihn mit einfacher Kost,
Ein Brot, schwer und hart von grobem Korn;
Dann brachte sie mehr Nahrung auf den Tisch,
Suppe in der Schüssel wurde auf die Platte
Gestellt, gekochtes Rindfleisch, das Beste der Kost.

5. Rig wußte, wie er ihnen guten Rat geben konnte,
Dann erhob er sich und bereitete sich zur Ruhe vor;
Er lag in der Mitte des Bettes, ihm zur Seite
Die Ehegatten.

6. Drei Nächte weilte er bei ihnen,
Dann ging er fort, die gerade Straße hinunter,
Neun Monate vergingen.

7. Einen Sohn gebar Edda, er wurde mit Wasser gewaschen,
Er hatte dunkle Haut und wurde Knecht genannt.

8. Seine Haut war runzlig, seine Hände waren rauh,
Mit knotigen Knöcheln und gebrochenen Nägeln;
Die Finger waren dick, das Gesicht häßlich,
Sein Rücken war krumm, seine Fersen waren lang.

9. Er wuchs und gedieh, gebrauchte seine Stärke,
Um Bast zu binden, Bürden herzurichten und
Schleppte Holz den ganzen Tag.

10. Da kam zu der Hütte eine umherwandernde Maid
Mit narbigen Sohlen, sonnengebräunten Armen
Und platter Nase. Ihr Name war Magd.

11. Sie saß in der Mitte der Bank;
Mit ihr saß der Sohn des Hauses.
Sie flüsterten und kicherten, bereiteten das Bett,
Knecht und Magd in mühsamen Tagen.

12. Zufrieden hausten sie und gebaren Kinder …
(Hier folgen die Namen ihrer zwölf Söhne und zehn Töchter.)
Sie legten Höfe an, düngten Felder,
Züchteten Schweine, hüteten Geißen,
Gruben Torf. Von ihnen stammt der Stand der Knechte.

13. Rig ging inmitten der Straße
Und kam zu einer Halle, deren Tür angelehnt war;
Er trat ein, da war Feuer auf dem Boden, bei ihrer Arbeit
Saßen die Bewohner.

14. Afve und Amma3 gehörte das Haus.
Der Mann schnitzte an einem Baumstamm für einen Webstuhl,
Er trug einen gepflegten Bart, und seine Haare waren gekämmt,
Ein passendes Hemd. Eine Truhe stand in der Ecke.

15. Die Frau spann Garn auf einem surrenden Rad,
Breitete die Arme aus und richtete einen Schußfaden.
Sie trug ein Kopftuch um ihren Kopf,
Einen Schal an ihrer Brust
Und Broschen an ihren Schultern.

16. Rig wußte, wie er ihnen Rat geben konnte,
Saß zwischen ihnen auf der Bank
Mit den Leuten an jeder Seite…
(Hier fehlt ein Teil des Liedes)

17. Rig wußte, wie er ihnen Rat geben konnte,
Er erhob sich von dem Tisch und bereitete sich vor, schlafen zu gehen;
Er lag in der Mitte des Bettes mit den einheimischen Leuten auf jeder Seite.

18. Drei Nächte blieb er,
Dann ging er inmitten der Straße dahin;
Neun Monate verstrichen.

19. Ein Kind gebar Amma, es wurde mit Wasser gewaschen und Karl4 genannt;
Der Junge wurde trockengelegt. Er war rosafarben und hübsch mit funkelnden Augen.

20. Er wuchs und gedieh;
Zähmte Ochsen, schmiedete Pflüge,
Zimmerte Häuser und große Scheunen,
Schuf Lastwagen und lenkte einen Pflug.

21. Zu dem Heim wurde eine Braut mit unverbundenen Augen,
in einem Rock aus Ziegenleder gebracht und mit Karl vermählt.
Alert war ihr Name, sie war mit einem Schleier geschmückt.
Sie bauten gemeinsam, vereinigten ihre Besitztümer,
Errichteten ein Heim und machten ihr Bett.

22. Sie lebten zufrieden…
(Ihre Kinder werden genannt: zwölf Jungen und zehn Mädchen)
Von diesen stammten alle freien Menschen.

23. Von dort ging Rig die Mitte des Weges entlang,
Kam zu einer Halle mit der Tür nach Süden,
Und die Tür war offen, ein Ring am Pfosten.

24. Er trat ein. Der Boden bestreut;
Da saßen, freundliche Blicke wechselnd,
Fader und Moder5, ihre Finger ineinander geschlungen.

25. Der Mann drehte die Sehne, spannte den
Ulmenholzbogen und befiederte Pfeile,
Während die Frau eifrig Linnen preßte
Und Ärmel stärkte, um ihre Arme zu bedecken.

26. Sie trug einen großen Kopfschmuck, einen Edelstein auf ihrer Brust,
Eine blau gezierte Bluse und eine Schleppe;
Ihre Braue war heller, ihre Brust lichter,
Ihr Hals weißer als glitzernder Schnee.

27. Rig wußte, wie er sie beraten konnte,
Er setzte sich in die Mitte der Bank
Mit den Leuten der Halle an jeder Seite.

28. Mutter deckte den Tisch mit dem bestickten Tuch,
Brachte dünne weiße Scheiben aus Weizenbrot.
Sie stellte Teller aus getriebenem Silber
Voll Verzierungen auf den Tisch:
Fisch und Schwein und gebratene Wildvögel,
Wein in einer Karaffe, teure Pokale.
Sie tranken und vergnügten sich bis der Tag verging.

29. Rig wußte, wie er sie beraten konnte,
Er erhob sich und bereitete sich vor, schlafen zu gehen.
Er lag in der Mitte des Bettes
Mit den Leuten der Halle an jeder Seite.

30. Hier lebte er mit ihnen drei Nächte;
Er ging inmitten des Weges.
Neun Monate vergingen.

31. Einen Sohn gebar Moder. Er war in Seide gehüllt,
Er wurde mit Wasser gewaschen und Jarl6 genannt.
Seine Haare waren hell, seine Wangen waren rosig.
Seine Augen funkelten gleich einer jungen Schlange.

32. Jarl wuchs auf dem Boden der Halle auf.
Er schwang bald den Schild, spannte Sehnen,
Schnitzte Bogen, spitzte Pfeile, schleuderte den Speer, schwang die Lanze,
Bändigte Hunde, ritt Pferde, schwang das Schwert und schwamm durch die Wellen.

33. Aus den verbergenden Wäldern kam der wandernde Rig, kam Rig mit großen Schritten.
Er lehrte ihn Runen, gab ihm seinen Namen und nannte ihn Sohn,
Gab ihm Erbgüter, Besitztümer, Farmländereien und alte Städte.

34. Der mächtige Jarl ritt durch dichte Wälder
Über schneebedeckte Berge zu einer fernen Halle;
Er schleuderte seinen Speer, schwang seinen Schild,
Gab seinem Roß die Sporen, hieb mit seinem Schwert,
Erweckte Fehde, blutiges Feld, fällte
Krieger, erkämpfte Land für sich.

35. Allein herrschte er über achtzehn Höfe,
Er wechselte Güter und gab allen Juwelen,
Wertvolle Steine, flinke Pferde, verteilte Ringe,
Zerschlug das rote Gold.7

36. Boten gingen über feuchte Wege
Und erreichten die Halle, in der Herse lebte.
Er hatte eine Maid mit schlanken Fingern,
Schneeweiß, edelgesinnt. Ihr Name war Erna.8

37. Sie gewannen sie und brachten sie nach Hause.
Sie trug hochzeitliches Linnen und wurde mit Jarl vermählt.
Sie bauten gemeinsam und waren zufrieden, sie vermehrten
Ihre Rasse und wurden sehr alt.

38. (Hier folgen die Namen ihrer Kinder.)
Kon9 war der Jüngste.
So wuchsen Jarls Söhne, sie zähmten Rosse
Rundeten Schilde, schnitzten Pfeile und
Schwangen Lanzen.

39. Aber Kon, der Jüngste, kannte
Ewige Runen und alterlose Runen.
Mächtig war er, Menschen zu retten,
Schwerter abzustumpfen und die See zu besänftigen.

40. Er verstand den Vogelsang, Feuer zu stillen,
Sorgen zu lindern und Leiden zu heilen,
Er besaß die Kraft von acht Männern und
Eine klare Vision.

41. Jarl maß sich mit Rig in Runen,
Er vollbrachte Meisterstücke und tat das Bessere.
Er gewann das, was sein Los war:
Rig genannt zu werden und Runenkunde.

42. Kon, der Junge, ritt durch Sumpf und Wald,
Ließ Pfeile fliegen, wenn ein Vogel sich über ihn schwang.
Da sang eines Tages eine Krähe auf einem Zweig:

43. „Warum, Kon der Junge, tötest du Vögel?
Du solltest lieber ein Pferd reiten,
Mit dem Schwert hauen und den Feind fällen.“

44. „Andere Könige haben prächtige Häuser und
Bessere Güter als du besitzt;
Sie können einen Kiel reiten, eines Schwertes Schneide
Blutig machen und Wunden schlagen.“

Fußnoten

1. Rig bedeutet einen „Abstieg“ oder eine „Involvierung“. [back]

2. Urgroßvater und Urgroßmutter [back]

3. Großvater und Großmutter [back]

4. Mensch [back]

5. Vater und Mutter [back]

6. Graf [back]

7. In den Wikingerzeiten dienten um den Oberarm getragene spiralförmige Goldringe als Geld. Ein Stück eines Armrings wurde, wenn benötigt, als Zahlungsmittel abgeschlagen. [back]

8. Strebsam [back]

9. König [back]