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Evolution & Schöpfung

Evolution und Schöpfung wurde ursprünglich im Jahr 2003 als eine dreiteilige Artikelserie in der Zeitschrift SUNRISE publiziert und nun in einer etwas überarbeiteten Version neu herausgegeben. Hinter jeder Diskussion über die Evolution und Schöpfung und ihr zugrunde liegend steht eine Frage, die uns zum eigentlichen Herzen der Philosophie bringt: Warum gibt es überhaupt ein Universum? Gewiss spiegeln und definieren unsere Antworten die Bedeutung und Richtung unseres Lebens; und sie sind wichtig, weil unsere Glaubensvorstellungen ebenso das Leben anderer berühren – zutiefst. Schöpfung und Evolution beschäftigen sich grundsätzlich mit unserem Ursprung und unserer Abstammung und mit der Frage, wer wir sind und wohin wir gehen. Obwohl viele Menschen keine wesentliche Unvereinbarkeit erkennen, stellen Schöpfung und Evolution jedoch gegenwärtig zwei antagonistische, sich gegenseitig ausschließende Weltanschauungen dar, zum Großteil wegen einschränkender Definitionen, entweder/oder-Argumenten und stillschweigend beibehaltener Annahmen.

Evolution wird allgemein mit Darwinismus gleichgestellt, Schöpfung mit biblischem Kreationismus; das eine ist Physik, das andere Metaphysik und die beiden werden niemals zueinander finden. Dieses Denken ist so zur Gewohnheit geworden, dass wir uns vielleicht nicht bewusst sind, wie sehr es unsere Wahrnehmung und unser Verständis einengt; auch impliziert die Ablehnung der einen Weltanschauung nicht die Annahme der anderen. Der Mathematiker und Darwin-Kritiker David Berlinski schrieb vor einigen Jahren: „Es ist nicht notwendig zwischen den Doktrinen zu wählen. Die rationale Alternative zur Theorie Darwins ist intelligente Ungewissheit“ („The Deniable Darwin“[Der widerlegbare Darwin], Letters, 1996) …

Evolution & Schöpfung
Eine theosophische Synthese
W. T. S. Thackara
Sunrise Bücherei


Vorwort

[Evolution und Schöpfung wurde ursprünglich im Jahr 2003 als eine dreiteilige Artikelserie in der Zeitschrift SUNRISE publiziert und wird nun in einer etwas überarbeiteten Version neu herausgegeben. SUNRISE, das seit 1951 „für mehr Verständnis unter den Menschen“ veröffentlicht wird, bietet weiterhin theosophische Perspektiven über einen weiten Bereich religiöser, philosophischer und wissenschaftlicher Themen und ihre Anwendbarkeit im täglichen Leben. Für diejenigen, für die das theosophische Denken oder SUNRISE neu ist, sind vielleicht die folgenden Kommentare des Gründers und Herausgebers von Sunrise, James A. Long (1898-1971) hilfreich; sie treffen heute genauso zu wie damals, als sie vor beinahe 50 Jahren geschrieben wurden.

– W. T. S. T.]

Sunrise wurde nicht mit dem Ziel gegründet, eine Idee oder ein System von Ideen zu „verkaufen“, sondern in der ernsthaften Hoffnung, dass die Menschen, die suchen, ein gedankenreiches Medium für einen Austausch finden können, wobei wir gemeinsam jene dauerhaften Grundvorstellungen erforschen können, die das spirituelle Bollwerk der Zeitalter bilden. Schließlich wachsen Zivilisationen und werden stark und groß als Ergebnis eines sich erweiternden Bewusstseins; ebenso gehen Zivilisationen unter und verfallen als Ergebnis eines sich verengenden Bewusstseins. Es ist die Aufgeschlossenheit – was auch immer die Glaubensrichtung oder die Philosophie, der Glaube oder Nicht-Glaube –, welche die spirituelle Gesundheit der Menschheit sicherstellt.

Im Laufe der Jahre haben wir über verschiedene Themen diskutiert, die den meisten heiligen Schriften gemeinsam sind. Man kann fragen, was eigentlich der Wert eines Wissens um all diese Dinge ist? Helfen sie uns, besser zu leben; oder noch wichtiger – verschaffen sie uns Stärke und eine Vision, um dem Druck eines komplexen Zeitalters zu begegnen? Wir werden den Anschluss völlig verpassen, wenn wir es uns gestatten, nur von der intellektuellen Faszination gefangen genommen zu werden, die verschiedene Aspekte dieser alten Traditionen haben, denn darin liegt nicht ihr Ziel. Diese heiligen Schriften wurden für die Nachwelt nicht einfach deshalb bewahrt, um unseren intelektuellen Gaumen zu kitzeln. Sie wurden periodisch herausgegeben, von Zeitalter zu Zeitalter, weil es hinter jedem Aspekt universaler Arbeitsvorgänge ein ethisches Konzept gibt, das wir nicht nur erkennen, sondern in unserem täglichen Leben veranschaulichen müssen.

All das weist auf die Tragödie hin, dass wir während vieler Jahrhunderte die umfassende Sichtweise nicht gesucht haben – nicht nur die der Struktur des Universums, sondern deutlicher die des einmaligen, jedoch natürlichen Platzes der Menschheit in einem größeren Schicksalsmuster. Wir sind aufgrund falscher Erziehung gewohnt zu denken, wir seien Würmer im Staub und nicht potenzielle Götter. Wir wurden nicht über die natürliche Zusammenarbeit, die in allen Naturreichen über und unter dem menschlichen existiert, unterrichtet, und dass das Menschenreich die Wege und Mittel neu entdecken muss, um im Laufe der Zeit ein selbstbewusster Mitarbeiter der Natur zu werden. Mit anderen Worten wir wurden nicht erzogen, die Tatsache zu verstehen und mit ihr zu arbeiten, dass Bruderschaft Natur in Tätigkeit ist und dass Natur Bruderschaft ist. Sobald die Völker der Erde das Getrenntsein, das sie auseinander zu reißen droht, überwinden und wirklich mit der Tatsache der Bruderschaft arbeiten, werden wir erkennen, dass die Zeit nicht weit weg sein muss, in der wir einen durchführbaren Frieden und eine durchführbare Eintracht unter den verschiedenen, aber nicht getrennten Völkern des Globus voraussehen können.

Die Grundstruktur der alten Traditionen umfasst sowohl die tiefgründigste Philosophie als auch die reinste Ethik. Im Herzen von allem ist Göttlichkeit – innerhalb, außerhalb, oberhalb, unterhalb. Jene Göttlichkeit sucht nach Ausdruck, damit sie die Umgebung, in die ihr Einfluss geboren wird, bereichern kann. Im langen Muster der Evolution gibt es ein Gesetz oder eine Gewohnheit der Natur, die konstant ist – das Gesetz von Aktion und Reaktion, von Ursache und Wirkung. Wenn wir die Wirkungsweise dieses Gesetzes beachten, erfassen wir intuitiv „eine Göttlichkeit, die unsere Ziele gestaltet“ und erkennen dann, wie die Erfahrungen, denen wir von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr begegnen, Wegweiser dafür sind, was für die Seele zu ihrem Wachstum nötig ist. Wir müssen nur in die „umgekehrte Schale der Nacht“ blicken – wie es Omar Khayyam ausdrückte –, um dort die Harmonie zu sehen und zu erkennen, dass jeder einzelne von uns nicht nur das Potenzial, sondern die edle Pflicht hat, ein bewusster Mitarbeiter auf dem Gebiet der menschlichen Erleuchtung zu werden.

– JAMES A. LONG

Anmerkung des Übersetzers: Im Folgenden sind die angegebenen Zitatstellen aus der Geheimlehre von H. P. Blavatsky teilweise geringfügig verändert bzw. einer modernen Terminologie angepasst.


I – Intelligenter Plan?

Hinter jeder Diskussion über die Evolution und Schöpfung und ihr zugrunde liegend steht eine Frage, die uns zum eigentlichen Herzen der Philosophie bringt: Warum gibt es überhaupt ein Universum? Gewiss spiegeln und definieren unsere Antworten die Bedeutung und Richtung unseres Lebens; und sie sind wichtig, weil unsere Glaubensvorstellungen ebenso das Leben anderer berühren – zutiefst. Schöpfung und Evolution beschäftigen sich grundsätzlich mit unserem Ursprung und unserer Abstammung und mit der Frage, wer wir sind und wohin wir gehen. Obwohl viele Menschen keine wesentliche Unvereinbarkeit erkennen, stellen Schöpfung und Evolution jedoch gegenwärtig zwei antagonistische, sich gegenseitig ausschließende Weltanschauungen dar, zum Großteil wegen einschränkender Definitionen, entweder/oder-Argumenten und stillschweigend beibehaltener Annahmen. Evolution wird allgemein mit Darwinismus gleichgestellt, Schöpfung mit biblischem Kreationismus; das eine ist Physik, das andere Metaphysik und die beiden werden niemals zueinander finden. Dieses Denken ist so zur Gewohnheit geworden, dass wir uns vielleicht nicht bewusst sind, wie sehr es unsere Wahrnehmung und unser Verständis einengt; auch impliziert die Ablehnung der einen Weltanschauung nicht die Annahme der anderen. Der Mathematiker und Darwin-Kritiker David Berlinski schrieb vor einigen Jahren: „Es ist nicht notwendig zwischen den Doktrinen zu wählen. Die rationale Alternative zur Theorie Darwins ist intelligente Ungewissheit“ („The Deniable Darwin“[Der widerlegbare Darwin], Letters, 1996).

Es existieren ebenso andere vernünftige Alternativen und erinnern uns an die scharfsinnige Bemerkung von Allan Bloom in The Closing of the American Mind [Das Stilllegen des amerikanischen Denkens]: „Die erfolgreichste Tyrannei ist nicht jene, die Gewalt anwendet, um Einheitlichkeit sicher zu stellen, sondern jene, welche die Wahrnehmung anderer Möglichkeiten ausschließt, was es unvorstellbar erscheinen lässt, dass andere Wege lebensfähig sind.“ Die modernen Medien, die öffentliche Erziehung und das Internet haben die Macht der alten Tyranneien massiv verringert; aber Herausforderungen für die herrschenden Orthodoxien werden immer unwillkommen bleiben. Das trifft auf die neue intelligente Gestaltungsbewegung zu, die gegen die darwinistischen Erklärungen, wie wir ins Dasein traten, überzeugende Argumente anführt. Da sie von kompetenten, sehr glaubwürdigen Wissenschaftlern stammt, haben viele Kritiker – der theologischen Einmischungen müde – sie mit ‘heimlichem Kreationismus’ etikettiert, und was eine für beide Seiten nützliche Bestätigung hätte werden können, wurde wieder einmal zum Zankapfel.

Während die Vorstellung eines intelligenten Plans nichts Neues ist – sie wird in der alten Philosophie und in beinahe jeder spirituellen Tradition gefunden –, weisen moderne Schriftsteller oft auf den britischen Geistlichen William Paley hin, der 1802 der Auseinandersetzung eine beeindruckende, intelligente Kraft verlieh. Genauso wie wir aus der Komplexität einer im Wald gefundenen Armbanduhr schließen, dass sie von einem intelligenten Jemand geplant und hergestellt wurde, der eine klare Absicht im Kopf hatte, so können wir in gleicher Weise aus vielen Beispielen der komplexen Struktur und Funktion in der Natur auf Planung und Absicht schließen. Planung impliziert einen intelligenten Planer, argumentiert Paley, und da kein Tier oder Mensch sich selbst planen kann – was eine Aktivität vor der Schöpfung bedeuten würde – wer könnte dann der universale Planer sein außer Gott? (Natural Theology, S. 412). Das bleibt für viele ein zwingendes Argument; da Paley das Argument aber mit fragwürdigen theologischen Annahmen und einigen schlechten Beispielen aus der Natur überlud, wurde es kritisiert und verlor letztendlich an Beliebtheit. Wenn zum Beispiel Gott durch die natürliche Art seiner Erfindungsgabe als gut erwiesen ist, ist es vernünftig zu fragen, warum Unvollkommenheiten und ‘nicht optimale Pläne’ in der Natur existieren. Warum eine Welt schöpfen, die Krankheiten, Missbildung und Tod in einem grimmigen Kampf ums Leben hervorbringt? Eine beliebige Theorie oder Hypothese, die eine intelligente Planung vorschlägt, muss diese Fragen ansprechen, selbst wenn liebgewonnene Annahmen über den Gestalter und die Prozesse, durch welche die Dinge entstehen, über Bord geworfen werden müssen. Aber wir brauchen die Schlussfolgerung oder das Konzept der Planung nicht wegen schlechter Argumente abzulehnen. Das Gleiche trifft auf die Evolution zu, die vielleicht mehr als alles andere Verwandtschaft und Einheit der Lebensbeziehungen aufgezeigt hat, die in den Vorstellungen einer besonderen Schöpfung fehlen, wo jede Art oder Spezies durch eine eigene mystische Handlung von Gottes Willen ins Dasein gebracht wird.

Die Vorstellung von Evolution – was einfach das ‘Ausrollen’ im Sinne von Veränderung und Entwicklung in der Zeit bedeutet – ist ebenso ein Teil des intellektuellen Erbes der Menschheit seit dem Anfang der Geschichtsschreibung. Der Mechanismus oder Prozess dessen, wie Dinge entstehen und sich verändern, wird besprochen. Darwin selbst erkannte größere Schwierigkeiten in seiner Theorie, die sogar heute noch – ungeachtet der Proteste und Ablehnung und viel zu vielen unfreundlichen Worte – unerklärt bleiben: Lücken bei den Fossilien, Grenzen bei den Hybriden, komplexe Organe, die Mechanismen des Instinkts und vielleicht das größte Problem von allen: wie die ‘einfachste’ sich selbst vervielfältigende Zelle entstanden ist. 1 Darwin spekulierte nicht öffentlich über den Ursprung des Lebens; aber – die moderne Biochemie vorwegnehmend – bemerkte er in einem Brief an seinen Freund Joseph Hooker im Jahr 1871, dass vielleicht „irgendein kleiner warmer Teich“ die Chemikalien und Bedingungen lieferte, um das notwendige Fußfassen zu ermöglichen.

Die neo-darwinistische Synthese stellt in ihrer einfachsten Formulierung die Hypothese des Abstiegs durch Modifizierung auf: dass die auf die willkürlichen genetischen Mutationen einwirkende natürliche Selektion ausreicht, um die Vielfalt der Geschöpfe auf Erden hervorzubringen. Keine leitende Kraft oder kreatives Prinzip ist nötig, keine metaphysische Intervention ist erforderlich; und für viele Darwinisten gibt es keinen letztendlichen Zweck oder kein Ziel, auf das die Evolution ausgerichtet ist. Für sie findet die Evolution innerhalb der Einschränkungen der existierenden physischen Gesetze zufällig statt. Spezies gehen auf gemeinsame Vorfahren zurück und verändern sich, einige überleben lange Zeiträume, andere versagen im Lebenskampf und alle werden schließlich aussterben, wenn der Sonne der Brennstoff ausgeht und sich das Universum in einem Hitzetod ‘gleichmäßg verteilt’ oder mit einem großen Knirschen zusammenbricht. Was uns die moderne Evolutions-Wissenschaft sagt – nach dem pro-darwinistischen Biologen William B. Provine – ist, „dass es keine Götter gibt, keine Ziele und keine zielgerichteten Kräfte irgendeiner Art. Es gibt kein Leben nach dem Tod. Wenn ich sterbe, bin ich mir absolut sicher, tot zu sein. Das ist mein Ende. Es gibt keine letztendliche Grundlage für Ethik, keinen letztendlichen Sinn des Lebens und keinen freien Willen für die Menschen“ (Stanford University Debatte, 1994).

Hauptsächlich aufgrund dieser düsteren, die Seele leugnenden Schlussfolgerungen haben so viele Menschen eine Abneigung gegen die darwinistische Weltsicht. Aber eine Mehrheit von Wissenschaftlern und Erziehern ist davon überzeugt, dass sie die Entwicklung des Lebens auf Erden erklärt, und viele von ihnen machen ihren Einfluss energisch geltend, damit sie in öffentlichen Schulen als eine bewiesene Theorie gelehrt wird, nicht nur unter Ausschluss irgendeiner anderen Theorie oder Hypothes, sondern – aus Angst, sich dem Schicksal der Schöpfungsanhänger auszuliefern – von jeglicher kritischen Diskussion.

Und doch haben angesehene Wissenschaftler von Anfang an die darwinistische Theorie kritisiert. 1871 zum Beispiel stellte der Zoologe St. George Jackson Mivart die Frage, ob die natürliche Selektion die anfänglichen Stadien brauchbarer Strukturen wie die von Flügeln erklären könnte – wie zum Beispiel entwickeltt und selektiert die Natur einen teilweise noch nicht funktionierenden Flügel als vorteilhaft für die Fortpflanzung? Steven J. Gould erkannte das als den bleibenden „ersten Stolperstein unter nachdenklichen und wohlwollenden Forschern des Darwinismus heute“. 1877 sagte der Anthropologe Armand de Quatrefages – obwohl er Darwin für „eine vollständige und systematische Theorie lobte“ –, dass er „keine Schwierigkeit habe den Punkt zu erkennen, an dem der berühmte Autor den Boden der Realität verlässt und sich mit einer unakzeptablen Hypothese einlässt“. Zwar stimmte de Quatrefages mit Darwin überein, dass Selektion das Ergebnis des Existenzkampfs ist (obwohl seiner Meinen nach ‘Eliminierungen’ ein geeigneteres Wort wäre), lehnte es aber zutiefst ab, dass die beiden Faktoren „die Macht besitzen, organische Wesen unbestimmt in einer vorgegebenen Richtung zu modifizieren, so dass die direkten Nachkommen einer Spezies eine andere Spezies bilden, die von der ersten verschieden ist“. Darwin, so schrieb er, hatte keine klare Vorstellung über den Unterschied zwischen Spezies und Varianten und brachte folglich die erhaltende Kraft der natürlichen Selektion, die Varianten begünstigt, mit der Fähigkeit, eine neue Spezies hervorzubringen, durcheinander. Quatrefages wiederholt, indem er hybride Begrenzungen, fossile Lücken und Stillstand bei Spezies erwähnt, dass „Phänomene, die erzeugen, sehr verschieden sind von jenen, die erhalten“ (The Human Species [Menschenarten], S. 92-103).

Dieser Gedanke wurde beinahe ein Jahrhundert später von dem Zoologen und früheren Präsidenten der Französischen Akademie der Wissenschaften, Pierre-P. Grassé, wieder aufgegriffen, der in Evolution of Living Organisms [Die Evolution lebendiger Organismen] (1973) schrieb: „Abweichen und Evolvieren sind zwei verschiedene Dinge; das kann niemals genügend betont werden.“ Sogar mit den Erweiterungen der Theorie – von modernen Genetikern und Biochemikern geboten – meinte Grassé, dass

die erklärenden Lehrsätze der biologischen Evolution einer objektiven, in die Tiefe gehenden Kritik nicht standhalten können. Es stellt sich heraus, dass sie entweder mit der Wirklichkeit in Konflikt stehen oder sonst unfähig sind, die entsprechenden Hauptprobleme zu lösen …

Durch den Gebrauch oder Missbrauch verborgener Postulate, kühner und oft schlecht begründeter Extrapolationen wurde eine Pseudowissenschaft geschaffen. Sie schlägt Wurzeln im Herzen der Biologie und führt viele Biochemiker und Biologen in die Irre, die ernsthaft glauben, dass die Genauigkeit fundamentaler Vorstellungen aufgezeigt wurde – was aber nicht der Fall ist …

In dem Wunsch, das Problem der Evolution verstehen zu können, müssen die Naturalisten den Verhaltenskodex annehmen, sich an Fakten zu halten, und alle a priori Ideen und Dogmen wegwischen. Fakten müssen zuerst da sein, und die Theorien folgen danach … Tatsächlich wurden die besten Studien über die Evolution von Biologen durchgeführt, die nicht von Dogmen geblendet waren und die die Fakten kühl beobachteten – ohne die Überlegung, ob sie mit ihren Theorien übereinstimmen oder nicht. Heute ist es unsere Pflicht, den Evolutionsmythos – als ein einfaches, verstandenes und erklärtes Phänomen betrachtet, das sich rasch vor uns entfaltet – zu zerstören. Biologen müssen ermutigt werden, über die Schwäche der Interpretationen und Extrapolationen nachzudenken, die Theoretiker vorbringen oder als etablierte Wahrheiten vorlegen. Manchmal ist die Täuschung unbewusst, aber nicht immer, da einige Menschen aufgrund ihres Sektierertums absichtlich die Wirklichkeit übersehen und sich weigern, die Unzulänglichkeiten und das Falsche an ihren Glaubensansichten anzuerkennen.

– S. 202, 6, 8

Diese kraftvolle Kritik fasst eine wachsende Welle der Unzufriedenheit anderer aus einer Auswahl von Disziplinen zusammen, miteingeschlossen Paläontologie, Biochemie, Mathematik und Physik. Das Fehlen fein abgestufter Übergangsfossilien führte Steven Gould schließlich dazu, den Lehrbuch-Darwinismus als eigentlich überholt beiseite zu legen und mit Niles Eldredge 1972 die Theorie des Interpunktierten Gleichgewichts vorzubringen, welche die Artenbildung von schneller Veränderung in abgelegenen, geschützten Gegenden postuliert, gefolgt von langen Perioden der Stagnation. 1985 brachte der Biologe Michael J. Denton das Buch Evolution: A Theory in Crisis [Evolution: Eine Theorie in der Krise] heraus. Es behandelt die wichtigsten wissenschaftlichen Kritiken der darwinistischen Theorie und macht klar, dass komplexe interagierende Strukturen und Systeme nicht nur durch Mutation und Selektion entstehen können. Ein Jahr später veröffentlichte der Chemieprofessor Robert Shapiro Origins [Ursprünge], eine niederschmetternde Kritik an der Theorie ‘von der Suppe zur Zelle’ und an anderen Theorien der Biogenese. Er zeigt die gewaltige Lücke zwischen der Chemie als Wegbereiterin und dem Mikro-Universum sogar der kleinsten sich selbst reproduzierenden Zelle. In den frühen 1990er Jahren unterwarf der Juraprofessor Phillip E. Johnson, wie bereits vor ihm der Rechtsanwalt Norman Macbeth (Darwin Retried [Darwin neu verhandelt], 1971) in seinem Buch Darwin on Trial [Darwin vor Gericht] Darwins Theorie den Regeln der Beweisführung und Logik, nur um die wissenschaftliche Kritik zu bestätigen.

Nach der Aufarbeitung von Argumenten und Gegenbeweisen ist vielleicht das hartnäckigste Problem von Darwins Theorie – und das widerstandsfähigste gegenüber rein physikalischen Erklärungen – das Bestehen eines Plans in der Natur. Grassé kam auch zur gleichen Schlussfolgerung:

Evolution, ein geleitetes Phänomen, wird nicht nur durch willkürlich vererbte Varianten aufrechterhalten, durch Selektion aussortiert, die für das Wohl einer Bevölkerung arbeitet …

Jedes System, das der Evolution angeblich zugrunde liegt, muss einen Mechanismus hervorrufen, der nicht auf Mutation und Aleatorik [Willkür] beruht … Die vereinigten Anstrengungen der Paläontologie und Molukular-Biologie – letztere ihrer Dogmen entkleidet – sollten zu der Entdeckung der genauen Mechanik der Evolution führen, möglicherweise ohne uns die Ursachen von Ausrichtungen der Abstammungen, von Endgültigkeiten der Strukturen, von lebendigen Funktionen und von Zyklen zu offenbaren. Vielleicht kann die Biologie auf diesem Gebiet nicht weiter gehen: Der Rest ist Metaphysik.

– S. 245-6

Auf der Makro-Ebene bestätigt der Physiker Paul Davies in Cosmic Bluepring [Kosmische Blaupause] einen ähnlichen Gedanken:

Allein die Tatsache, dass das Universum schöpferisch ist und dass die Gesetze des Auftauchens und die Entwickung komplexer Strukturen bis zum Auftreten des Bewusstseins zugelassen haben – mit anderen Worten, dass das Universum sein eigenes Selbstbewusstsein organisiert hat –, ist für mich der kraftvolle Beweis, dass hinter allem ‘etwas im Gange’ ist. Der Eindruck eines Plans ist überwältigend.

– S. 203

Zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Dentons Buch las es der Biochemiker Michael Behe und fing an zu überlegen, dass er wie so viele andere Fachleute von der darwinschen Theorie betört worden war – und die „Betörung“, sagt Steven Gould, „bleibt oft endgültig“. Auch Behe hatte die Prämissen, die Annahmen und die prophetische Kraft der Theorie nicht hinterfragt, geschweige denn geprüft oder getestet. Er fuhr fort, die evolutionären Probleme auf seinem eigenen Gebiet zu betrachten und erkannte allmählich, dass biologische Strukturen, wie das bakteriellen Flagellum – die rotierende, schwanzähnliche Peitsche, welche die Zelle bewegt – eigentlich molekulare Maschinen sind, die viele verschiedene, aber integrierte Moleküle benötigen, um zu funktionieren. Wenn ein essenzieller Teil der Struktut fehlt, fällt die Funktion aus – was Behe zu der Schlussfolgerung führte, dass viele dieser Molekular-Systeme „nicht reduzierbar komplex“ sind und nicht nur einer darwinistischen Interpretation trotzen, sondern jeder Theorie, die nicht einen intelligenten Plan einbezieht. In dem Buch Darwins’s Black Box (1996) schlägt Behe keinen Mechanismus des Plans vor oder spekuliert über die Natur und Motive des implizierten, aber unbekannten Planers. Er beschreibt einfach die umwerfende Komplexität der Natur mit verschiedenen detaillierten Beispielen auf der biochemischen Ebene – molekulare Synthese, Konstruktion und Funktion der Zilie, blutgerinnende Kaskaden, die Chemie des Sehens, zellularer Proteintransport – und fragt, ob es immer noch vernünftig ist zu folgern, dass diese zufällig unter Prinzipien der führungslosen, stufenweisen Veränderung evolvierten. 2 „Die [hier] diskutierten wissenschaftlichen Hindernisse dienen als deutliche Beispiele für die Berge und Kluften, die eine darwinistische Erklärung blockieren“ (S 161).

Und sie werfen die erschreckende Frage auf: Wie könnten diese enorm komplexen metabolischen Pfade und biochemischen Systeme evolviert sein? Selbt wenn die natürliche Selektion irgendwie auf der molekularen Ebene wirken kann – was Behe und die Theoritiker der ‘genetischen Strömung’ und andere ebenso bestreiten –, reichen irgendwelche willkürlich begründeten Theorien aus, um das Auftauchen und die Verschiedenheit des sich selbst erhaltenden Lebens zu erklären? Ist es nicht genauso vernünftig das anzuwenden, was der Mathematiker William A. Dembski als „Gestaltungs-Folgerung“ bezeichnete: dass die Strukturen der Natur eine spezifizierbare Ebene der Komplexität zur Schau stellen, von der man auf einen intelligenten Plan schließen muss?

Als Ganzes gesehen sind das kraftvolle Argumente, und sie berücksichtigend beginnt die darwinistische Theorie der Physik Newtons zu ähneln, die Phänomene auf einer Ebene erklärt und voraussagt, aber bei der Anwendung auf andere versagt. Einige Evolutions-Biologen wie Lynn Margulis haben bereits auf sehr ähnliche Art über den Darwinismus geschrieben wie Historiker über das geozentrische Universum des Ptolemäus: Während es scheinbar einige wenige Evolutions-Phänomene erklärt, ist die Theorie grundsätzlich fehlerhaft: „Neo-Darwinismus in der Gaiaperspektive muss intellektuell als eine kleinere Sekte des zwanzigsten Jahrhunderts mitten in der wuchernden religiösen Überzeugung der anglosächischen Biologie abgelehnt werden“ (Slanted Truths [Gefärbte Wahrheit], 1997, S. 281). Nichtsdestoweniger bleibt sie heute das überwältigend dominierende wissenschaftliche Paradigma.

Eine wirklich umfassende Theorie über Ursprung und Abstammung erfordert eine breitere Sichtweise, die nicht nur Biochemie und Biologie umfasst, sondern auch den Ursprung und die Entwicklung von Bewusstsein, dessen Beziehung zu Kraft und Substanz und das Auftauchen von denkenden, selbstbewussten Organismen wie Sie und ich erklären. Sowohl in der Physik als auch Kosmologie werden die traditionellen Grenzen, welche Wissenschaft und Religion (oder Physik und Metaphysik) trennen, rapide durchlässiger, weil Beobachtungsdaten und Mathematik völlig neue Theorien erzwingen. In weniger als hundert Jahren musste sich die Physik von den Prinzipien Newtons – die solche Dinge wie die Bewegungen von Planeten und Bällen beschreibt und vorhersagt – zur relativen Quantendynamik ausdehnen, welche Teilchen und Quarks erklärt; und von dort zu Theorien, die eine fundamentalere, als Strings bezeichnete Substanz von Quarks vorschlägt, die ihrerseits als ‘abstrakte energetische Felder’ beschrieben werden – mit der Eigenschaft, zumindest sechs ‘komprimierte’ Dimensionen einzunehmen, die in den uns vertrauten vier Dimensonen von Raum und Zeit verborgen liegen. Und nun gibt es die M-Theorie (stellvertretend für Matrix, Mutter oder trüb [engl. murky] – abhängig von Ihrer Perspektive), die hofft, alle Kräfte zu vereinigen, miteingeschlossen Schwerkraft und dunkle Materie (manchmal ‘Quintessenz’ genannt).

Auf der kosmischen Ebene führte die Entdeckung der Rotverschiebung von Edwin Hubble im Jahr 1929 zu der Entwicklung der Urknall-Theorie. Veranlasst durch weitere Beobachtungsdaten und die Anforderungen von Mathematik und Quantenphysik wurde in den 1980er Jahren die Inflations-Theorie von Alan Guth (MIT) als eine Abänderung vorgestellt; und Kosmologen ziehen jetzt ernstlich viele „multiple Universen“-Theorien in Betracht, die den Ursprung und die Entwicklung unserer eigenen kosmischen Heimat erklären. Guth meinte bei einem Interview der New York Times: „Die Inflation zwingt uns die Idee der multiplen Universen ziemlich auf“ (29. Oktober 2002). Im Jahr 2001 wurde eine interessante Theorie über zyklische Universen von den Astrophysikern Paul J. Steinhardt (Princeton) und Neil Turok (Cambridge) vorgeschlagen. Auf der M-Theorie basieren postuliert sie, dass

Raum und Zeit immer existieren. Der Urknall ist nicht der Anfang von Zeit. Er ist mehr eine Brücke zu der prä-existierenden, zusammenziehenden Ära [vermittelt als in einer verborgenen fünften Dimension des Raumes liegend]. Das Universum macht eine endlose Reihenfolge von Zyklen durch, indem es sich in einem großen Knirschen zusammenzieht und in einem ausdehnenden Urknall wieder auftaucht, getrennt von Trillionen von Evolutionsjahren. Die Temperatur und Dichte des Universums werden an keinem Punkt in dem Zyklus unendlich; eigentlich überschreiten sie nie eine endliche Grenze (von ungefähr einer Trillion Trillionen Grade) … Die Samen für die Bildung einer Galaxie wurden durch Instabilitäten geschaffen, die entstanden, als das Universum mit einen großen Knirschen – vor unserem Urknall – zusammenbrach.

– „The Endless Universe, feynman.princeton.edu/~steinh

Obwohl momentan ‘vielstrophige’ Szenarien vorgeben, viele theoretische Probleme des Urknalls zu lösen, besonders das Mysterium seines Ursprungs und seiner Ursache, bleiben Wissenschaftler über den Punkt eines Plans entzweit: Kann eine rein physikalische kosmologische Erklärung alles begründen? Oder muss man sich auf metaphysische Faktoren berufen – die von einem anthropozentrischen Führungsprinzip – das irgendwie das Universum ausrichtet, um Leben und denkende selbstbewusste Wesen hervorbringen – bis zu einer ausgearbeiteten Theorie über einen intelligenten Plan reichen? Und so gehen die Forschung und der Dialog weiter.

Wenn das Universum geplant ist, können wir uns fragen: Wer oder was ist der unbekannte Planer? Führende Plan-Theoretiker, die – obwohl sie sich selbst allgemein auf Beweise für einen Plan oder einen Planer und nicht auf die Existenz Gottes beschränken – schlagen dennoch den christlichen Theismus als die ‘Schlussfolgerung mit der besten Erklärung’ vor – Theismus ist die Vorstellung von Gott als dem höchsten Wesen und Schöpfer aller Dinge, der die Welt transzendiert, aber dennoch der Welt immanent ist. 3 Ist das aber die beste Erklärung, wenn sie von den widerspenstigen Problemen der Unvollkommenheit, der Ungleichheit und Ungerechtigkeit heimgesucht wird? Wie bei dem theologischen Argument von Paley führen die offenkundigen Versäumnisse und Fehler in der Natur zu der nächsten Frage: Ist das Universum intelligent geplant? Oder wurde es vielleicht von einem Kommitee gemacht oder von vielen Planern, Architekten und Bauleuten miteingeschlossen, als eine Art schrittweise Arbeit?

Ein multiple Plan-Theorie ist nicht so weit hergeholt wie es klingen mag; sie ist nicht nur von einigen Vertretern der intelligenten Plan-Bewegung ernsthaft vorgeschlagen worden, um die Unvollkommenheit zu erklären, sie ist eigentlich eine grunglegende (obwohl manchmal verborgene) Vorstellung sowohl in den östlichen als auch den westlichen spirituellen Traditionen, die jüdisch-christliche miteingeschlossen. Das Wort ‘Gott’ zum Beispiel in der ersten Zeile der Genesis ist eine Übersetzung des singularisierten Hauptworts Elohīm im Plural, das in Übereinstimmung mit seinem polytheistischen Ursprung und auch mit der universalen Tradition ein Kollektiv schöpferischer Kräfte darstellt – ungeachtet der Interpretation als Majestät-Plural. Und Gott/Elohīm sagte am sechten ‘Tag’ oder Periode der schöpferischen Aktivität: „Lasst uns Menschen machen als unserem Abbild, uns ähnlich“ (siehe dazu auch S. 26-29). In hinduistischen Schriften ist die Geschichte unverholen: Brahmā, der manifestierte Aspekt von Brahman, der seinerseits in Parabrahman existiert („Das was jenseits von Brahman ist“), schöpft und evolviert das Universum aus seiner eigenen Bewusstsein-Energie-Substanz mit Hilfe seiner zehn aus dem Denkvermögen geborenen Söhne, zu denen er sagte: „Von nun an müsst ihr alle Geschöpfe erzeugen und auch die Götter, Dämonen und Menschen“ (Matsya Purāna, 3:1 - 47).

Das Zeugnis der Geschichte und der gesunde Menschenverstand sagen uns, dass die ersten Kapitel der Genesis und die Schöpfungsgeschichten praktisch jeder spirituellen Tradition allegorisch verstanden werden sollen. Wenn wir nicht die Schlüssel für ihre Interpretation besitzen, dann deshalb, weil sie verborgen, vergessen, unterdrückt oder geheim gehalten wurden; oder wir haben sie nicht gesucht. Eine Stelle um jene Suche anzufangen – und eine Lösung zu dem Problem des Plans – wird in der folgenden Passage aus H. P. Blavatskys erstem Buch dargestellt, das im Jahr 1877 geschrieben wurde, als das dominierende westliche Denken behauptete, die Atome wären unteilbar, die Milschstraße das einzige Universum, das Christentum die einzig wahre Religion und Gott der einzig mögliche Planer, der alles aus dem Nichts erschuf. In Bezug auf ursprüngliche Tradition, die Theosophia oder göttliche Weisheit, die allen Religionen zugrunde liegt, schreibt Blavatsky:

Die esoterische Lehre lehrt nun, gleich dem Buddhismus und Brahmanismus und sogar gleich der verfolgten [jüdischen] Kabbala, dass die eine unendliche und unbekannte Essenz von aller Ewigkeit her besteht und in regelmäßiger und harmonischer Aufeinanderfolge entweder passiv oder aktiv ist. In der poetischen Phraseologie des Manu werden diese Bedingungen der ‘Tag’ und die ‘Nacht’ Brahmās genannt [jede umfasst 4,32 Milliarden Jahre]. Brahmā ist entweder ‘wach’ oder er ‘schläft’. … Die Buddhisten behaupten, dass es keinen Schöpfer, sondern eine Unendlichkeit schöpferischer Mächte gibt, die kollektiv die eine ewige Substanz bilden, die Essenz dessen, was unergründlich ist – deshalb ist es kein Spekulationsgegenstand für irgendeinen wahren Philosophen. … Beim Einsetzen einer aktiven Periode, sagt die Geheimlehre, geschieht eine Ausdehnung dieser Göttlichen Essenz von innen nach außen in Gehorsam mit dem ewigen und unwandelbaren Gesetz, und das phänomenale oder sichtbare Universum ist das letztendliche Ergebnis der langen Kette kosmischer Kräfte, die sich fortschreitend in Bewegung setzen. Auf gleiche Art – wenn der passive Zustand sich fortsetzt – findet ein Zusammenziehen der Göttlichen Essenz statt und das vorausgegangene Schöpfungswerk wird allmählich und fortschreitend aufgelöst. Das sichtbare Universum wird zerstreut, seine Materie zerlegt und ‘Dunkelheit’, einsam und einzig, brütet wieder über dem Antlitz der ‘Tiefe’. Unter Anwendung einer Metapher wird diese Idee noch klarer: Ein Ausatmen der ‘unbekannten Essenz’ erzeugt die Welt und ein Einatmen verursacht ihr Verschwinden. Dieser Prozess hat immer stattgefunden und unser gegenwärtiges Universum ist nr eines aus einer unendlichen Folge, die keinen Anfang hat und kein Ende haben wird.

Isis Unveiled (Isis entschleiert), 2: 264-5

Die Annäherung der modernen Kosmologie an diese Idee zusammen mit der Schlussfolgerung der schöpferischen Evolution bietet ein erstaunliches Beweismaterial dafür, dass es immer in der Geschichte jene Menschen gegeben hat, die – die Welten der Physik und Metaphysik mit außergewöhnlicher Einsicht überbrückend – das Grundprogramm des Lebens scheinbar verstanden haben. Wie die Schlussfolgerung eines Plans kann ihre Existenz erahnt und gewonnen werden, denn ihre Philosophie ist aufgezeichnet und stimmt gut mit der Geschichte und der Natur überein – ein Thema, das gemeinsam mit dem vernachlässigten und oft ausgeschlossenen Thema des Bewusstseins als nächstes betrachtet wird.


II – Die ‘ausgeschlossene Mitte’

Jene Begabungen, die uns fähig machen, Zeit und Raum zu übersteigen und die wunderbaren Vorstellungen von Mathematik und Philosophie zu erkennen, oder die uns eine intensive Sehnsucht für abstrakte Wahrheit verleihen … sind offensichtlich essenziell für die vollkommene Entwicklung des Menschen als ein spirituelles Wesen; es ist jedoch gänzlich unvorstellbar, dass sie durch die Tätigkeit eines Gesetzes [natürliche Selektion] hervorgebracht wurden, das nur auf das unmittelbare materielle Wohl des Individuums oder der Rasse schaut oder nur darauf schauen kann.

Die Schlussfolgerung, die ich aus dieser Klasse von Phänomenen ziehen würde, ist, dass eine Super-Intelligenz die Entwicklung des Menschen in einer unbestimmten Richtung und für einen besonderen Zweck geleitet hat … wir müssen deshalb die Möglichkeit zugestehen, dass irgendeine höhere Intelligenz – wenn wir nicht die höchsten Intelligenzen des Universums sind – den Vorgang, durch den die menschliche Rasse entwickelt wurde, mittels feinerer, uns nicht bekannter Agenten ausgeführt haben kann.

– ALFRED RUSSEL WALLACE, „The Limits of Natuaral Selection“ 4

Im April 2001 brachte das National Public Radio ein Programm, das als „Evolution versus intelligente Planung“ angekündigt war, in dessen Verlauf ein Anrufer die Entweder/Oder-Art der Streitfrage hervorhob. Er hatte beobachtet, dass es hier anscheinend eine „ausgeschlossene Mitte gibt … ausgeschlossen von einer großen Mehrheit der darüber diskutierenden Menschen“. Die Phrase ist passend, nicht nur weil Evolution und intelligente Planung als sich gegenseitig ausschließend beiseite gelegt wurden, sondern auch weil alternative Ansichten wie die von Wallace für unwesentlich erachtet oder übersehen wurden. Besonders in der öffentlichen Diskussion werden grundlegende Vorstellungen über Evolution und Schöpfung häufig neu definiert, falsch eingeordnet und so stereotyp vorgebracht, dass es – um die Worte von Allan Bloom zu wiederholen – „unvorstellbar scheint, dass andere Wege lebensfähig sind“.

Im November 2002 zum Beispiel gab die Amerikanische Vereinigung zur Förderung der Wissenschaft eine Resolution bekannt, in der die Politiker dazu aufgefordert wurden, „sich gegen die Lehren der ‘intelligenten Plan-Theorie’ in naturwissenschaftlichen Fächern zu wenden, [und] sie auseinander zu halten, so wie man es momentan mit der Schöpfungslehre und anderen religiösen Lehren handhabt“. Zwei Tage später gab der Astrophysiker Lawrence Krauss seinen Kommentar zur Unterstützung der Resolution ab und sagte, dass „ein intelligenter Plan nach allen objektiven Regeln nichts mit Wissenschaft zu tun habe“. 5 Das Problem mit dieser ausgrenzenden Ansicht besteht darin, dass eine Frage beiseite geschoben wird, die ganz und gar die Wissenschaft betrifft. Denn die Frage „Ist das Universum geplant?“ dreht sich um das Wissen – scientia – nicht um Philosophie oder Religion, wie eng sie auch verwandt sind. Wenn ein Archäologe aus Kochstellen und Feuerkreisen auf intelligente Aktivität schließt und aus diesen Daten Rückschlüsse auf ihre Planer zieht, dann beschäftigt er oder sie sich wissenschaftlich. Solange man nicht Wissenschaft neu definiert, ist es nicht weniger wissenschaftlich, nach Wissen darüber zu trachten, ob Intelligenz das Universum antreibt oder nicht. Wenn man alle Annahmen und Vorlieben beiseite lässt, haben wir eine der wichtigsten wissenschaftlichen Fragen, die wir stellen können, denn – wie bei der Frage nach der Existenz – beeinflusst die Art unserer Antwort uns alle zutiefst.

In Kapitel 1 sahen wir, dass beide, Darwinismus und christlicher Theismus, schwierige Probleme aufwerfen, die nur das Mysterium unseres Ursprungs und unserer Abstammung vertiefen; und darüber hinaus, dass Evolution und Darwinismus weder gleichwertige Begriffe sind noch ein intelligenter Plan gleichbedeutend mit Schöpfung oder unvereinbar mit Evolution ist. Dennoch sind diese irreführenden Stereotypen zu häufig wiederholt worden, dass die öffentliche Diskussion großteils nicht mehr in der Lage ist, sich aus der Klemme zu befreien, um die Evolution und Schöpfung von anderen wissenschaftlichen und religiösen Perspektiven aus zu betrachten.

Die vielleicht vielversprechendste Forschungsrichtung zu einer erweiterten Sicht ist die des Bewusstseins. Dass intelligente Planung eine hohe Ordnung des Bewusstseins impliziert, mag einen Anteil an dem erneuten Interesse an dem Thema hervorgerufen haben, obwohl Bewusstsein auch fundamentale Herausforderungen an die Forschung stellt. Aufgrund seiner innewohnenden subjektiven Natur ordnet sich das Bewusstsein nicht so einfach in die gewöhnlichen Vorgehensweisen der Wissenschaft ein: Wenn sich das Denkvermögen selbst untersucht, sind objektive, nachvollziehbare und vorhersehbar reproduzierbare Daten bekanntlich schwierig zu beobachten und zu quantifizieren. Aus diesem Grund wurde das Studium des Bewusstseins der Philosophie, der Religion und der sogenannten ‘weichen Wissenschaft’ der Psychologie zugewiesen. In den beiden letzten Jahrzehnten hat jedoch eine gemeinsame Bemühung, eine Wissenschaft vom Bewusstsein zu entwickeln, eine beachtliche Forschung und Diskussion bewirkt, worüber in akademischen Konferenzen, Symposien, Artikeln und Bücher ausgiebig berichtet wurde. 6

Ungeachtet dieses Trends besteht weiterhin die Spannung und Unstimmigkeit zwischen den Studien im Selbstexperiment – wie denjenigen, über die in kontemplativen und mystischen Traditionen berichtet wird – und der empirischen Forschung an ‘dritten Personen’, die im Wesentlichen objektbezogen ist und physikalische, verhaltens- und umweltbedingte Erklärungen vorzieht. Und das alte ‘Kernproblem’ der Verursachung bleibt: nämlich die Frage, ob Bewusstsein – menschliches, tierisches oder sonstiges – ein zeitliches Nebenprodukt der Elektrochemie ist, eine von ‘Nervenverbindungen’, die sich mit dem Tod auflösen, hervorgebrachte Illusion; oder ist es etwas Ursprüngliches, Architektonisches, dazu fähig, unabhängig von organischen physischen Formen zu existieren und deshalb sich aus vorhergehenden Bewusstseinszuständen selbst zeugend und erneuernd; oder vielleicht beides in einer Art reziproker Verursachung.

Wie bei der Diskussion über den intelligenten Plan ist das Studium des Bewusstseins voll von widerstreitenden Theorien, Annahmen und unbewiesenen Hypothesen, die uns – wie einige Forscher warnen – mit der „Illusion des Wissens“ blenden können – ein scheinbar endloses Labyrinth von zweideutigen Daten und rein intellektueller Argumentation, wodurch wertvolle Forschung oft dem Minotaurus des Reduktionismus geopfert wird. Oft genug werden subjektive Phänomene auf Chemie und Physik reduziert, aber es gibt auch das Problem, dass Daten selektiv interpretiert werden und man versucht, diese den Vorstellungen des dominierenden Paradigmas – ob wissenschaftlich oder religiös – anzupassen, wobei ihre größere Bedeutsamkeit oftmals übersehen wird.

Anders ausgedrückt: Das Problem des Wissens ist nicht essenziell verschieden von dem, dem Sokrates vor mehr als 2 400 Jahren begegnete, als Meno das sophistische Dilemma aufwarf: Wie ist es bei der Suche nach Wahrheit möglich, dass Objekt deiner Suche zu entdecken, wenn du es nicht kennst? Selbst wenn man findet, wonach man sucht, wie kann man jemals wissen, ob das das Ding ist, das nicht bekannt war? (Meno 80). Das mag uns wie reine Sophisterie vorkommen (wie Plato es gerne beschrieb), es bezeichnet jedoch eine Grenze des wissenschaftlichen Forschens, besonders in Bezug auf das Bewusstsein, das oft nur das sieht, was es möchte oder erwartet (wie der Wissenschaftshistoriker Thomas S. Kuhn so effektiv zeigte) 7. Wir können bis zur Erschöpfung im Irrgarten der schwer fassbaren Phänomene, die von unseren vorgefassten Meinungen gefiltert sind, herumwandern oder stattdessen, was Sokrates möglicherweise andeutete, nach einem Ariadnefaden der Intuition suchen – dem Genius der wissenschaftlichen Entdeckung –, um einen Ausweg aufzuzeigen.

Seit 1871, als der berühmte Chemiker Sir William Crookes (anderen vor ihm folgend) die wissenschaftliche Erforschung der psychischen Kräfte vorschlug, ahnt eine Anzahl von namhaften Wissenschaftlern, dass die psychische Forschung einen solchen Weg anbietet. Wenn paranormale Phänomene und das Überleben des Individuums nach dem Tod unter Testbedingungen bewiesen werden könnten, dann wäre das sicherlich ein Beweis, dass Bewusstsein unabhängig vom Körper existieren kann. Wenn wir jedoch die Annalen der Geschichte zu Rate ziehen, führt auch dieser Weg, der viel zum Nachdenken bietet, zu anderen Labyrinthen und Minotauren, wie blinde Leichtgläubigkeit, psychische Eitelkeit, Täuschung und Betrug auf einer und extremer Skeptizismus und Spott auf der anderen Seite. Das alles hat ernsthafte Forschung immer mehr an die Peripherie gedrängt.

Um diese Klippen zu umgehen, könnten wir unser Betätigungsfeld erweitern und uns einem anderen ‘ausgeschlossenen’ Pfad des Suchens zuwenden, der direkt die Natur des Bewusstseins und seine Verwandtschaft mit der Materie anspricht, und zwar indem die Physik und die Metaphysik solcherart miteinander verschmolzen werden, dass sie zu den Problemen der Evolution und Schöpfung zusammenhängende Lösungen bieten. In der theosophische Literatur, wie Die Geheimlehre und Die Mahatma-Briefe an A. P. Sinnett, und auch in älteren Werken gibt es verschiedene Beispiele für wissenschaftliche Einsicht, die bis jetzt noch nicht verstandene oder erkannte Bewusstseinsarten vermuten lassen. 8 Spirituelle Wahrnehmung, Intuition, Erleuchtung und Gnosis oder ein Wissen und die Mysterien werden routinemäßig in den alten Weisheitstraditionen erwähnt: von Gilgamesh, der „geheime Dinge sah und verborgene Plätze öffnete“, bis zur Philosophie des Sokrates, der „das Schöne, das Gerechte und das Gute in ihrer Wahrheit“ erblickte, und Jesus, der im Thomas Evangelium sagt: „Erkennt, was in eurem Blickfeld liegt, und das, was für euch verborgen ist, wird für euch klar werden; denn es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar werden kann.“

Theosophie bedeutet buchstäblich „göttliche Weisheit“ und ihre Beschreibung der kosmischen und menschlichen Evolution beginnt vielfach mit einer Anzahl von Einleitungen. Plato bezieht sich besonders auf die Gesetzgebung, aber in einem tieferen Sinn auf das göttliche Gesetz, welches das Universum hervorbringt und regiert, und er nennt sie Vorreden mit dem Zusatz: „Es macht einen sehr großen Unterschied, ob wir uns klar an die Präambeln erinnern oder nicht“ (Die Gesetze 723); denn diese sollen ein notwendiges begriffliches Fundament liefern, um uns bei der Orientierung zu helfen und zu erläutern, was folgt. Die Geheimlehre von H. P. Blavatsky, eine moderne Darstellung der alten Weisheitstradition, beginnt mit drei solchen Vorreden – dem Vorwort, der Einleitung und der Vorrede. Als sie gefragt wurde, wie das Buch zu lesen sei, antwortete sie: „Als erstes muss man, selbst wenn man Jahre dafür braucht, etwas von den ‘drei Fundamentalten Grundsätzen’ verstehen, wie sie in der Vorrede gegeben werden“. Dann sollte man die Rekapitulation studieren – die nummerierten Absätze in der „Übersicht“ (Die Geheimlehre 1:290 ff; The Secret Doctrine 1:269 et seq.). 9

Aus der Sicht der Evolution ist das Konzept der gemeinsamen Abstammung ein Sprungbrett zu diesen drei Grundsätzen: dass alle Spezien unseres Planeten aus einer gemeinsamen Quelle stammen und durch Verflechtung miteinander verbunden und verwurzelt sind – auf eine solche Weise, dass wir unsere Erde als einen lebendigen Organismus betrachten können. In ihrer Beschreibung jener gemeinsamen Abstammung unterscheidet sich die Theosophie grundlegend vom Darwinismus, da sie zwischen Bewusstsein und Materie „nicht als unabhängige Wirklichkeiten, sondern als zwei Facetten oder Aspekte des Absoluten“ unterscheidet. Nichtsdestoweniger teilt sie mit dem Darwinismus die Idee der Familienverwandtschaft des gesamten Lebens. Sie dehnt diese Vorstellung jedoch bis zu den Grenzen unseres Vorstellungsvermögens aus, indem sie bekräftigt, dass die essenzielle Individualität jedes Wesen aus einer ewigen Vereinigung von Bewusstsein und Substanz besteht, verwurzelt in der absoluten Einheit, eine monadische Wesenheit, die von Universum zu Universum in einer fortdauernden, evolvierenden Selbstwerdung überdauert – von innen nach außen. Sich selbst die zyklischen Ewigkeiten hindurch ‘wiedererzeugend’ fällt jede solche monadische Wesenheit klar unter die Definition von Leben; und jede ihrer manifestierten Ausdrucksformen – ob Teilchen, Pflanze, Tier, Mensch oder darüber hinaus – ist deshalb auf ihrer eigenen Ebene der Wahrnehmung bewusst und ein essenzieller lebendiger Bestandteil unseres lebendigen Universums.

Mit dem Hinweis auf „jene Begabungen, die uns fähig machen, Zeit und Raum zu übersteigen … die uns eine intensive Sehnsucht für abstrakte Wahrheit verleihen“ beginnen die drei fundamentalen Grundsätze mit der Quelle aller Existenz: ein allgegenwärtiges, ewiges, grenzenloses und unveränderliches Prinzip, „die wurzellose Wurzel von allem, was war, ist oder jemals sein wird“. ES oder JENES (die namenlose Wirklichkeit) ist kein Wesen oder eine anthropomorphe, geschlechtliche Gottheit, sondern wird als eine abstrakte „Sein-heit“ beschrieben, jenseits der Reichweite menschlichen Denkens, undenkbar und unaussprechlich, symbolisiert durch absoluten abstrakten Raum und absolute abstrakte Bewegung, wobei letztere manchmal der Große Atem genannt wird:

Betrachten wir diese metaphysiche Triade [die Eine Realität, Bewusstsein und Materie] als die Wurzel, aus der alle Offenbarung hervorkommt, so nimmt der große Atem den Charakter präkosmischer Ideenbildung an. Er ist der fons et origo [Quelle und Ursprung, d. Ü.] von Kraft und allem individuellen Bewusstsein und bietet die leitende Intelligenz in dem weiten Plane kosmischer Evolution.

Gerade so wie präkosmische Ideenbildung die Wurzel allen individuellen Bewusstseins ist, so ist präkosmische Substanz die Grundlage der Materie in ihren verschiedenen Graden ihrer Differenzierung.

Es wird somit klar, dass der Gegensatz dieser zwei Aspekte des Absoluten für die Existenz des „Manifestierten Universums“ essenziell ist.

Hier betont die Geheimlehre, dass Bewusstsein aus früheren Bewusstseinszuständen entsteht, genauso wie Materie aus früheren Stadien der Substanz entstanden ist, und dass die zwei ewig und unentwirrbar verbunden sind. Sie arbeitet dann weiter aus, indem sie erklärt, dass Bewusstsein und Substanz durch die dynamische Energie verbunden sind, welche die Idee des göttlichen Gedankens durch die Architekten unserer sichtbaren Welten der kosmischen Substanz in Form der sogenannten ‘Naturgesetze’ einprägt (Die Geheimlehre 1:42-43; The Secret Doctrine 1:14-16)).

Der zweite fundamentale Grundsatz weitet diese Konzept der Dualität und Bipolarität aus und postuliert „die Ewigkeit des Weltalls in toto als einer grenzenlosen Ebene, die periodisch der ‘Spielplatz ist von zahllosen unaufhörlich erscheinenden und verschwindenden Universen’“. Jedes von ihnen ist der Ursprung seines Nachfolgers. „Diese zweite Behauptung der Geheimlehre ist die absolute Universalität jenes Gesetzes der Periodizität … die auf allen Gebieten der Natur beobachte und aufgewiesen wird“ – Veränderungen wie die von Tag und Nacht, Leben und Tod, Schlafen und Wachen (Die Geheimlehre 1:44-45, 74; The Secret Doctrine 1:16-17, 43).

Bei der Spekulation über die Nacht des Universums – das heißt über den passiven Zustand der absoluten Essenz, als „Finsternis über der Urflut lag“ (Genesis 1,2) – wird gesagt, dass nichts in der grenzenlosen Unendlichkeit des abstrakten Raums existiert, was der endliche Intellekt erfassen kann, außer vielleicht das, was die Kogi-Philosophen im nördlichen Kolumbien Aluna nennen, dessen zwei Attribute Erinnerung und Möglichkeit (oder Potenzialität) sind. Die Theosophie behauptet, dass es ex nihilo („aus dem Nichts“) keine Schöpfung geben kann, wie man normalerweise meint; sondern stattdessen ein sich periodich manifestierendes ‘Werden’ innerhalb des immer existierenden absoluten Prinzips, aus dem die Gesamtheit des Kosmos emaniert. Obwohl die Theosophie einen „Schöpfer oder eher ein kollektives Aggregat von Schöpfern nicht leugnet“, weigert sie sich aber sehr logisch, die ‘Schöpfung’ und besonders die Gestaltung – etwas Begrenztes – einem Unbegrenzten Prinzip zuzuschreiben“ (Die Geheimlehre 1:36; The Secret Doctrine 1:7). Die ‘Schöpfungsaufgabe’ fällt stattdessen der Schar von intelligenten Kräften zu, die oft als Architekten und Bauleute beschrieben werden:

Der ganze Kosmos wird von einer nahezu endlosen Reihe von Hierarchien fühlender Wesen geleitet, gelenkt und belebt, von denen jede eine Sendung zu erfüllen hat … Sie sind in ihren jeweiligen Abstufungen von Bewusstsein und Intelligenz unendlich verschieden; und sie alle reine Geister zu nennen, ohne irgendwelche irdische Beimischung, „woran die Zeit zu nagen pflegt“, bedeutet nur einer poetischen Phantasie zu huldigen. Denn jedes dieser Wesen war entweder ein Mensch oder bereitet sich vor, einer zu werden, wenn nicht in dem gegenwärtigen, so in einem vergangenen oder zukünftigen Zyklus (Manvantara). Sie sind vervollkommnete, wenn nicht anfangende Menschen …

Die Geheimlehre 1:295; The Secret Doctrine 1:174-5

Dieser Gedanke führt natürlich zu dem dritten Grundsatz, der „die fundamantale Identität aller Seelen mit der universalen Oberseele“ postuliert, „wobei letzere selbst ein Aspekt der unbekannten Wurzel ist; und die obligatorische Pilgerschaft für jede Seele – einen Funken der erstgenannten – durch den Zyklus von Inkarnation (oder ‘Notwendigkeit’) in Übereinstimmung mit zyklischem und karmischem Gesetz“, zuerst durch natürlichen Impuls vom Mineral zu Pflanze und Tier aufsteigend, dann durch selbstbewirkte und selbsterdachte Anstrengungen vom Menschen hinauf zum heiligsten Erzengel. „Die Kernlehre der Esoterischen Philosophie gibt keine Privilegien oder besonderen Gaben im Menschen zu außer jenen, welche sein eigenes Ego durch persönliche Anstrengung und Verdienst während einer langen Reihe von Metempsychosen und Reinkarnationen gewonnen hat“ (Die Geheimlehre 1:45; The Secret Doctrine 1:17).

Diesen evolutionären Aufstieg als einen wettstreitartigen Kampf anzusehen, welcher diejenigen bevorzugt, die materiell, intellektuell oder spirituell ‘am geeignetsten’ sind, wäre ein Missverständnis seiner Bedeutungen und seines Ziels. Im Gegensatz dazu sind diese drei Grundsätze eine Erklärung über unseren evolutionären Auftrag, welcher die inhärenten Rechte der Existenz und Abstammung, die zu jedem Lebenwesen gehören, beteuert: dass alles im Universum, da göttlichen Ursprungs, ein Mitteilnehmer und auf einer gewissen Ebene ein Mitschöpfer ist; und weiter dass wir in dieser universalen Partnerschaft eng miteinander verbunden sind, wie getrennt und verschieden wir äußerlich auch erscheinen mögen. Als selbstbewusste Menschen mit den Samen des göttlichen Potenzials haben wir alle die Möglichkeit, uns selbst zu kennen und unseren Pfad in die Zukunft zu wählen. Dass das sowohl den freien Willen als auch die Verantwortung des Handelns zum Wohl des gesamten Kosmos impliziert, ist offensichtlich; und ebenso dass wir alle unvollkommene Werkstücke sind. Wir lernen aus unseren Fehlern und unseren Erfolgen … und aus denen anderer:

wie viele Beweise es [im Universum] auch für eine leitende Intelligenz hinter dem Schleier geben mag – es zeigt dennoch Lücken und Fehler, die sogar sehr oft zu offenbaren Misserfolgen führen – so sind weder die gesamte Schar (der Demiurgen) noch irgendeine der wirksamen Kräfte individuell geeignete Subjekte für göttliche Verehrung oder Anbetung. Wie auch immer, alle verdienen die dankbare Verehrung der Menschheit. Und der Mensch sollte immer danach streben, der göttlichen Evolution der Ideen behilflich zu sein, indem er nach seinen besten Fähigkeiten ein Mitarbeiter der Natur bei ihrer zyklischen Aufgabe wird. Das ewig unerkennbare und unerfassbare Karana allein, die Ursachlose Ursache aller Ursachen, sollte seinen Schrein und Altar auf dem heiligen und immer unbetretenen Boden unseres Herzens haben – unsichtbar, unberührbar, unausgesprochen, ausgenommen von der „noch schwachen Stimme“ unseres spirituellen Bewusstseins. Jene, die demselben ihre Verehrung darbringen, sollten es tun in der Stille und in der geheiligten Einsamkeit ihrer Seelen; indem sie ihren Geist zum einzigen Mittler zwischen sich und dem Universalgeist machen, ihre guten Handlungen zu den alleinigen Priestern und ihre sündigen Neigungen zu den einzigen sichtbaren und objektiven Opferdarbringungen an die Gegenwart.

Die Geheimlehre 1:300-1; The Secret Doctrine 1:280

Weder Die Geheimlehre, Die Mahatma-Briefe noch irgendeine andere theosophische Schrift möchte den Anschein erwecken, die gesamte esoterische Philosophie anzubieten oder sogar „ein letztes Wort über die Existenz“. Ihre Autoren behaupten lediglich, wenige Fragmente als Rahmen zu geben, um bei „der Hinführung zur Wahrheit“ zu helfen. Lange vor Sokrates wurde Schülern der immerwährenden Weisheit der Rat gegeben, dass der Beweis gänzlich dem einzelnen überlassen bleibt, nichts Geschriebenes oder Gesprochenes sollte übernommen oder als letztes Wort angenommen werden; denn wirkliches Wissen kann nicht vermittelt werden – außer durch Erfahrung aus erster Hand, letztendlich durch direktes Schauen, was ein wahrnehmendes Bewusstsein einer höheren Ordnung erfordert. Auch kann der harte Aufstieg von Unwissenheit zu Einsicht nicht von der Wissenschaft allein bewerkstelligt werden, sondern bedarf einer Partnerschaft mit Philosophie und Religion – mit anderen Worten die ethischen, intellektuellen und spirituellen Schulungen, die den Mysterien vorausgehen.

Die kurze Zusammenfassung der grundlegenden Vorstellungen wird ihnen kaum gerecht und muss aus theistischer Sicht zweifellos fremd erscheinen. Dennoch liefert ein unparteiisches Studium des Ursprungs und der Abstammung der spirituellen Traditionen der Menschheit ausreichende Beweise, dass diese Ideen weder ketzerisch noch von untergeordneter Bedeutung sind, sondern dass sie von zentraler, grundlegender Bedeutung sind, und universal zum Ausdruck gebracht sind – ein Thema, das in Kapitel 3 untersucht wird.


III – Eine theosophische Synthese

Das netto Ergebnis der Untersuchung jeder beliebigen wissenschaftlichen Theorie oder religiösen Lehre, welche behauptet, den Ursprung des Universums und des Menschen zu erklären, ist die Erkenntnis, dass das Universum weit mehr verbirgt als es offenbart und dass dogmatische Ansprüche öfter tiefere Einsichten behindern. Es ist noch nicht lange her, dass ‘vergleichende Religionen’ die Bedeutung hatten, die Überlegenheit der eigenen Religion darzustellen, indem ihre besten Merkmale den schlechtesten der anderen gegenüber gestellt wurden. Eine weitaus bessere Methode besteht darin, das Beste mit dem Besten zu vergleichen und zu versuchen, jede Tradition als eine Fläche eines Diamanten zu betrachten, wobei jede dazu beiträgt, das innere Feuer des Jewels vollständiger zu reflektieren, zu verstärken und zu offenbaren. Diese Methode ist besonders bei dem Versuch hilfreich, die ursprünglichen Lehren einer Tradition festzustellen, die aufgrund der Unvollkommenheiten der menschlichen Natur und der erodierenden Kräfte von Zeit und Politik beinahe ausnahmslos mit einer trüben Kruste konventioneller Auslegung überdeckt werden.

Wenn die Weltreligionen mit einem gemeinsamen Faden der Weisheitslehren vereint sind, dann könnte man erwarten ein Glitzern von jenem inneren Feuer zu finden, das sich in ihnen allen widerspiegelt. Das ist die Erfahrung von vielen, die ein solches Studium unternommen haben. Joseph Campbell zum Beispiel baute auf den Archetypen des kollektiven Unbewussten von Carl Jung und seinen eigenen intensiven Studien auf und kam zu dem Schluss, dass es nur „eine Weltmythologie“ gibt, wobei jede Kultur sie in ihrem eigenen einzigartigen Zyklus von Erzählungen variiert. Auf gleiche Weise haben Steuch, Leibniz, Huxley und andere über die „immerwährende Philosophie“ geschrieben, die den größten gemeinsamen Nenner bei der Vereinigung der spirituell-philosophischen Traditionen der Welt darstellt. Diese vereinigenden Fäden sind erkennbar, weit verbreitet und gut dokumentiert und zeigen, dass keine Religion ein Monopol auf Wahrheit besitzt, sondern dass jede eine Ausdrucksweise unseres universalen spirituellen Erbes ist.

Viele Traditionen erzählen eine Geschichte, die mit dem namenlosen Mysterium beginnt und endet, in dem die gesamte Schöpfung und Evolution stattfindet. „Das Tao, das beschrieben werden kann, ist nicht der ewige Weg … Namenlos ist die Quelle des Himmels und der Erde“ (Tao Te King). Um uns bei der Vorstellung von Jenem behilflich zu sein, in dem „wir leben uns bewegen und unser Dasein haben“, hat es die Theologie Gott oder Höchstes Wesen genannt. Um uns dabei zu helfen, hinter die Stereotypen zu gelangen, bezeichnet es die Theosophie als eine abstrakte Sein-heit: ein allgegenwärtiges, ewiges, grenzenloses, unveränderliches Prinzip, das – wie die Idee des Guten von Plato – „jenseits des Seins“ liegt und sie fügt hinzu, dass es „die Quelle und der Ursprung von Kraft und allem individuellen Bewusstsein ist und die leitende Intelligenz in dem weiten Plan kosmischer Evolution darstellt“ (Die Geheimlehre 1:43; The Secret Doctrine 1:15). Dennoch schafft oder evolviert Es oder Jenes kein einziges Ding – etwas, das nur einem endlichen Wesen zugeschrieben werden kann. Vielmehr emanieren aus seiner abstrakten essenziellen Bewusstsein-Substanz die Scharen von intelligenten Kräften, eine beinahe Unendlichkeit von Architekten und Bauleuten, deren Aufgabe die Gestaltung und Entwicklung des manifestierten Universums ist.

„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ – so wird in der Sprache der jüdisch-christlichen Theologie gesagt und behauptet, dass Gott alles aus dem Nichts schuf. Die jüdische Theosophie bringt das ursprüngliche Hebräische wieder etwas anders zum Ausdruck, weitet es aus und deutet darauf hin, was mit dem Nichts oder ‘Kein-Ding’ gemeint ist. Gemäß dem berühmten Gelehrten des jüdischen Mystizismus des 20. Jahrhunderts, dem verstorbenen Gershom Scholem

stellt der Zohar und tatsächlich die Mehrheit der alten Kabbalisten die Bedeutung des ersten Verses der Torah – Bereshith bare Elohim, „Am Anfang schuf Gott“ – in Frage; was bedeutet das eigentlich? Die Antwort ist ziemlich überraschend. Es wird uns gesagt, es bedeute Bereshith – durch das Medium des „Anfangs“, das heißt durch jene ursprüngliche Existenz, die als die Weisheit Gottes definiert wurde – bara, schuf, was heißt, dass das verborgene Nichts, welches das grammatische Subjekt des Wortes bara bildet, emanierte oder entfaltete – Elohim, das heißt seine Emanation ist Elohim. Es ist das Objekt und nicht das Subjekt des Satzes … Elohim ist der Name, der Gott gegeben wurde, nachdem die Entkoppelung von Subjekt und Objekt stattgefunden hatte, wobei jedoch diese Kluft unaufhörlich überbrückt oder geschlossen wird. Das mystische Nichts, das vor der Teilung der ersten Idee in den Erkennenden und das Erkannte liegt, wird von den Kabbalisten nicht als das wahre Subjekt betrachtet. Die niederen Bereiche der Manifestation Gottes bilden den Gegenstand der ständigen menschlichen Überlegung, aber die höchste Ebene, welche die Meditation überhaupt erreichen kann … kann nicht mehr sein als ein gelegentlicher oder intuitiver Blitz, der das menschliche Herz erleuchtet … .

Major Trends in Jewish Mysticism, S. 221

Wenn diese Interpretation in einem einzigen grammatischen Satz zusammengefügt wird, könnte Bereshīth bārā elohīm so wiedergegeben werden: „Am Anfang emanierte oder entfaltete durch das Medium der ursprünglichen Weisheit das verborgene Nichts die Elohīm“, die dann den Himmel und die Erde gestalteten. Ungeachtet seiner Verwendung mit Singular-Zeitwörtern in der gesamten hebräischen Bibel ist Elohim trotzdem ein Plural-Hauptwort und kann in der Bedeutung eines kollektiven Aggregats oder Pantheons von kreativen Kräften interpretiert werden, wie unverhohlen in Genesis 1, 26 und 3, 22 angedeutet wird („Und Elohim sagte: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich“) und implizit in Hiob 38, 4-7, wo über den Ratschluss der Götter berichtet wird, die bei der Schöpfung anwesend waren.

Die Idee der Pluralität ist in den ältesten Texten der mandäischen Theosophie erhalten, die aus der gleichen Strömung stammt, die der alten jüdischen Esoterik zugrunde liegt. Die Mandäer (die ‘Wissenden’, die auf Johannes den Täufer als einen ihrer ‘gekrönten’ oder initiierten Priester Anspruch erheben), die vor mehr als 1 800 Jahren von Jerusalum in das südliche Mesopotamien emigrierten, verweisen auf das höchste göttliche Prinzip als Hiia, „Großes Leben“ – sowohl die ursprüngliche Quelle als auch die kreative und erhaltende Kraft von allem im Universum. Das Große Leben wird als Nukraiia beschrieben, buchstäblich „als andere“ im Sinne von „weit weg, unbegreiflich, unaussprechlich“. Aufgrund seines Mysteriums sprechen die Mandäer darüber im unpersönlichen Plural – das Große Leben ist nicht ein „Er“ oder „Es“, sondern ein abstraktes „Sie“. Aus dem Großen Leben emaniert die belebende duale Kraft von Strahlung-Bricht-Hervor und Denkvermögen, die in der Folge ihren Sohn Yamar („Blender“ oder „Erwecker“) hervorrufen und ausstrahlen und ihn und seine Brüder mit der schöpferischen Arbeit der Wiedererschaffung des Kosmos beauftragen. Man bemerke, dass sie ein wiedererschaffende Kraft haben, was den Samen eines früheren Universums impliziert. Das Große Leben, das den Lehren zufolge früher für Anwärter reserviert war, ist in dem zyklischen kosmischen Drama nacheinander aktiv und passiv: Nach dem Zurückziehen in einer Periode der Untätigkeit manifestiert es (oder „sie“) sich erneut in den zwei großen Lebenskräften und in der erneuten Schöpfung des Universums – was jährlich auf unserem irdischen Globus in Korn, Halm, Blatt und Frucht nachgespielt wird. Wie oben, so unten. 10

In den sumerisch-babylonischen Traditionen, auf denen die Genesis bekanntlich beruht, ist die Schöpfung die Aufgabe von verschiedenen Gottheiten, welche die Himmel und die Erde aus präexistierender Substanz gestalteten. Beim Vergleich der jüdischen und babylonischen Schöpfungsgeschichten bemerkt der mesopotamische Gelehrte Alexander Heidel, dass Schöpfung des Universums◊√ einschließlich der Materie aus einem vakuumartigen Nichts durch den höchsten Willen und die Kraft Gottes „nicht vom hebräischen Zeitwort bārā, ‘schöpfen’, abgeleitet werden kann … es gibt keinen eindeutigen Beweis im gesamten Alten Testament, dass das Zeitwort selbst jemals die Idee einer Schöpfung aus dem Nichts zum Ausdruck bringt. … [Es stellt nur] eine Assoziation dar, die als bārā gelesen wurde (The Babylonian Genesis, 1963, S. 89-90). Gleicherweise ist die Identifizierung von Elohīm mit Yahweh (Jehovah) eine Assoziation, welche schließlich die ursprüngliche und weit philosophischere Bedeutung des Begriffs als einer Pluralität der schöpferischen Kräfte ablöste und verbarg. 11

Die Bedeutsamkeit dieser Verstellungen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, denn ihr Gegensatz – die Vorstellung eines einzigen maskulinen eifersüchtigen Gottes, der unschuldige Seelen ex nihilo ohne eine vorherige Existenz, bestimmt zu Ungleichheit, Ungerechtigkeit und unverdientem Leid, schafft – hat nur dazu gedient, „Materialismus und Atheismus als einen Protest gegen die angebliche göttlichen Ordnung der Dinge“ (Geheimlehre 1:205; The Secret Doctrine, 1:183) hervorzurufen. Hätten die Priester und Theologen geradeaus erklärt, dass Elohīm ein Plural-Hauptwort ist; hätten sie die biblischen Querverweise als Schilderung erwähnt, die aussagen, dass wir Menschen in unserer innersten Essenz auch Elohīm sind, weil wir von ihnen abstammen, wie Jesus es tat, als er sein Volk daran erinnerte: „Heißt es nicht in eurem Gesetz. Ich habe gesagt, Ihr seid Götter?’“ 12; hätten sie die allegorische Natur der Schriften betont und dass die Mysterien und die verborgene Weisheit Gottes letztendlich erfassbar sind 13; und wären sie – indem sie der Versuchung, tief metaphysische Vorstellungen zu stark zu vereinfachen, standhalten – zu den alten esoterischen Wurzeln zurückgegangen und hätten sie vielleicht die schöpferischen Götter mit einem Chor verglichen, wie es im Buch Iiob (38, 7) und in der Tradition der Navajoindianer heißt, wo die „Heiligen“ das Universum in die Existenz singen, dann könnte die Kontroverse um Schöpfung-Evolution weit weniger polarisiert und trennend sein und und für denkende Forscher lediglich ein kleines Hindernis darstellen. Gemeinsam mit dem kraftvollen Zeugnis von Planung in der Natur läge hier zumindest eine Basis für einen zusammenhängenden spirituellen und wissenschaftlichen Dialog über unsere Ursprünge und Abstammung und über die wichtigeren Themen von Bedeutung, Sinn, Gerechtigkeit und Mitleid.

Die Geschichte über die Schöpfung und die Evolutionsreise der Seele ist von Völkern überall auf der Welt unzählige Male nacherzählt worden. Mythen haben die Aufgabe Gedächtnistützen und Befreier vergessene Wahrheiten zu sein. Und eine sehr kompakte Version, eine moderne Nacherzählung eines Mythos der Aborigines, die sich hier auf das Essenzielle beschränkt, ist sehr vielsagend. 14 Uns dann in die Stille unserer Imagination zurückziehend, in die Abgeschiedenheit der Wüste im australischen Outback, erhellt vom Lagerfeuer und beschützt von den Sternen, hören wir erneut die zeitlose Erzählung:

Lange, lange Zeit vor unserem Traum hatte die Erde zu unseren Füßen keine Form, sie war farblos, es gab kein Licht, nichts wanderte auf ihr. Sie war Staub ohne Wasser, kein Strom floss, die Erde war leer. In die Dunkelheit kamen die Birirrk. Sie kamen von weither und zogen ihre Spuren auf dem Boden. Die Birirrk waren unsere großen spirituellen Ahnen. Ihre Spuren auf der Erde bezeichneten die Traumpfade und färbten sie mit Licht und Schatten.

Die Birirrk konnten in den Felsen eindringen. Sie bliesen auf seine Oberfläche und die Felsen öffneten sich um ihnen Einlass zu gewähren. Aus dem Staub formten sie unsere Berge und auf dem Land machten sie große Flüsse. Nach dieser Arbeit machten die Birirrk die Tiergestalten, um in ihnen zu leben. Mit dem Wasser kamen das Gras und die Bäume und die Tiere, um das Gras zu fressen, um unter den Bäumen Schutz zu suchen und an den Flüssen zu trinken. Die Birirrk gestalteten die Formen der Wasserlilien und der Süßkartoffel. Sie zeigten ihren Kindern, unserem Volk, wie man Süßkartoffeln findet und isst und sagten: „Das sind Süßkartoffeln. Süßkartoffeln sind auch Menschen.“

Als all das geschaffen war, lehrten die großen Vorväter ihre Kinder, unser Volk, über die Gestalt des Kängurus. „Kängurus sind auch Menschen.“ Als das Licht den Himmel erfüllte, machten die Birirrk die Formen der Vögel und lehrte sie zu fliegen. „Sie sind auch Menschen,“ erzählten sie uns.

Sie zeigten uns die Holzkohle aus dem Feuer ihrer großen Traumpfade und sagten uns: „Mit diesen Farben könnt ihr das Träumen erhalten. Wir werden bald gehen, jedoch mittels eurer Lieder und Tänze, eurer Malerei und euren Erzählungen zu den Traumplätzen zurückkehren“.

Die Birirrk verschwanden. Sie wurden die Wasserlöcher, Hügel, Flüsse und Felsen der Erde, unserer Mutter. Sie hinterließen die Erzählungen des Kanubauens und die Unterweisung unserer Kinder. Diese Erzählungen sind in der Erde. Sie bilden die Gesetze, die wir bewahren müssen und die uns bewahren.

Die Birirrk, unsere Ahnen, sind in der Erde, unserer Mutter. Sie sind in uns und in unseren Kindern bei den Traumplätzen. Diese Felsen und Hügel, diese Flüsse und Wasserlöcher sind unsere großen Ahnen. Sie sind die Birirrk, unser Geist.

Diese wunderbare Version ist umso interessanter, weil ihre Vorstellung so uralt ist. Gleich der Genesis fängt sie am Anfang an, als die Erde formlos war, „leer“ und ohne Licht. Dennoch wurde die Erde nicht aus dem Nichts geschaffen, sondern aus einem ursprünglichen „Staub“ von göttlichen Wesen, die von „weither“ kamen und die Traumpfade über die ätherischen Spuren unserer vorembryonalen Erde anlegten. Sie malten Licht und Schatten in ihre Silhouette, sie belebten die Elemente, hauchten ihnen Leben ein, traten in sie ein und wurden sie tatsächlich. Und so geschah es auch mit dem Wasser. Die Birirrk projezierten die Formen der Lebewesen („Tiere“), der Wasserkreaturen, um in den Flüssen zu leben. Und mit dem Wasser kamen auch die Pflanzen und die Fauna. Man erkennt hier eine evolutionäre Biologie, die aus dem ersten Anstrich von intelligentem Licht emaniert, das bewusst das Universum erträumt.

Dann kommt eine außergewöhnliche Aussage: Nach der „Gestaltung der Formen“ von Wasserlilien und Süßkartoffeln sagten die Birirrk: „Süßkartoffel sind auch Menschen.“ Kängurus sind auch Menschen, genauso wie die Vögel. Obwohl die Tradition der Aborigines die Reinkarnation lehrt, beinhalten diese Feststellungen nicht die Reinkarnation von Menschenseelen in die niederen Reiche, sondern deuten auf etwas anderes hin. Die Erzählung spricht hier sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit: Pflanzen, Beuteltiere und Vögel sind Menschen und – noch feinsinniger – „die Menschen“ – unser Volk, die Kinder der Götter – waren hier von Anfang an.

Die Theosophie bietet einen umfassenden erklärenden Zusammenhang für diese essenzielle Ideensammlung und verwendet häufig Beispiele aus den verschiedenen Traditionen, sowohl um ihre Bedeutung zu veranschaulichen als auch um ihre Universalität darzustellen. Wie bei der Hindulehre über die Tage und Nächte Brahmās, dessen ‘Tag’ eine Spanne von mehr als 4 Milliarden Jahren umfasst, gefolgt von einer ebenso langen Nacht, wird über unser Universum gesagt, dass es nur eines in einer unendlichen Reihe ist, die in endloser Dauer zyklisch zwischen Aktivität und Ruhe wechseln. Da das Universum sein eigener Vorfahre ist, bringt jedes Universum aus seinem Bewusstsein und seiner Substanz den Samen und das Denkmuster für alle seine Reiche hervor – vom Elementalen zum Menschen und zum Göttlichen. Zu der Zeit der letzten universalen Auflösung wurden die Lebenssamen, die diese Reiche eingekapselt hatten, an Bord des ‘Schiffes des Wissens’ verfrachtet. Wie die Arche Noahs durchkreuzte es die Fluten des Chaos, bis Brahmā wieder erwachte und die Erde erneut für einen neuen evolutionären Zyklus erstand. Die Gottheit, sich als die Dreieinigkeit von Brahmā-Vishnu-Śiva manifestierend, brachte eine Reihe von kreativen Impulsen hervor, die von den zehn Avatāras oder ‘Nachkommen’ Vishnus dargestellt werden. Diese inkarnierten als Fisch, Reptil, Säugetier und schließlich als Menschen von zunehmend wachsendem Selbstbewusstsein und streben immer danach, eine vollkommenere Menschheit zu gestalten – genauso wie die Menschen immer danach streben, in der Substanz, im Denkvermögen und im Geist gottähnlicher zu werden: ein dreifaches evolutionäres Schema.

In all diesen Traditionen, ob offen gelehrt, mittels Hinweisen oder im Verborgenen, ist der ‘Mensch’ das Alpha und Omega, der Anfang und das Ende, denn der Mensch hat immer existiert. Die Menschheiten von früheren Universen haben dem Gewebe des Denkvermögens der Natur ihre Prägung hinterlassen und liefern die architektonischen Kräfte, die nicht nur den modernen Menschen gestalten, sondern das gesamte sich entwickelnde Leben. Als eine evolvierende Art erschien der ‘Mensch’ zu Beginn unseres gegenwärtigen Weltzyklus und aus seinen frühen prototypischen Formen – auf den ätherischen Spuren unseres Gartenplaneten nur umrissen – gingen alle geringeren Reiche, die unsere Erde bevölkern, hervor und evolvierten. Aus diesem Grund wird gesagt, dass der Mensch der Ursprung und die Quelle aller unter ihm befindlichen Reiche ist, die Wurzel und der Stamm des Lebensbaums, wenn nicht der Baum selbst – ein Mikrokosmos im Makrokosmos. Das ist eine Lehre, die in den Traditionen überall auf der Welt wiedergegeben wird und uns innehalten lässt, um über das Warum nachzusinnen. 15

Der Abstieg des Geistes in die Materie und der Aufstieg der Materie zum Geist, Involution und Evolution, bilden ein fundamentales Thema der immerwährenden Philosophie: den ‘Fall’ von Engeln und Menschen, von Adam und Eva, gekleidet in ‘Häute aus Fell’, von Christus, der in die Unterwelt absteigt, von Prometheus, der die werdende Intelligenz entfacht, von dem steilen und rauhen Aufstieg aus der Höhle der Unwissenheit, von der Suche nach dem heiligen Graal – die ewige Wiederkehr des ‘großen antiken Herzens’, die mystische Vereinigung und Kameradschaft mit unserer inneren Göttlichkeit – von Samadhi, Erleuchtung, Nirvana und Paranirvana – nur erlangt, um aufgegeben, jedoch innerlich als eine leitende mitleidsvolle Weisheit zum Wohl aller beibehalten zu werden.

Nach der theosophischen Tradition begann die Geschichte unserer eigenen Individualität mit dem Wiedererwachen des Univesums – als erneut das Eine die vielen hervorbrachte – und sich der majestätischeren Behausungen erinnerte, die jeder von uns erbauen kann. Woge nach Lebenswoge von monadischen Wesen strahlte in einem klangvollen „Es-werde-Licht“ hervor, durch Verkörperung um Verkörperung die Unendlichkeiten von Tempeln, Naturreichen und Welten planend und gestaltend – alle erbaut ohne den Klang eines Hammers, einer Axt oder Metallwerkzeugs. Deshalb die Sufilehre:

Ich starb als Mineral und wurde eine Pflanze,
Ich starb als Pflanze und stieg auf zum Tier,
Ich starb als Tier und war ein Mensch.

Als Menschen erreichen wir ein Gleichgewicht, eine Balance von Geist und Materie und einen Wendepunkt in unserer Evolution. Angefeuert von einem erwachenden Selbstbewusstsein und der befreiten Kraft der willentlichen Wahl entdecken wir nicht nur die Macht des Denkvermögens, sondern auch den Zeitbegriff: eine Vergangenheit, die wir irgendwie geschaffen haben, und eine Zukunft, die von uns zu gestalten ist – vielleicht eine erschreckende Aussicht, verspürten wir nicht die helfende und leitende Gegenwart jener, die diesen alten und ewigen Pfad bereits gegangen sind. Der Dichter fährt fort:

Warum sollte Angst ich haben, wann war ich geringer durch Sterben?
Und doch werd’ ich wieder sterben als Mensch, um zu segeln
mit den gesegneten Engeln; aber sogar aus Engelschaft
muss ich weitergehen …

– RUMI, Mathnawī

In der theosophischen Philosophie gibt es keine Wunder oder kein Eingreifen, welche die Gesetze des Universums aufheben. Wir ernten, was wir säen, und weder Menschen noch Götter können das verändern. Aber wir können unseren Kurs und unser Schicksal zu jeder Zeit ändern, denn wir haben die Kraft uns etwas vorzustellen und intelligent zu wählen; und so können wir mithelfen, eine bessere, weisere und mitleidsvollere Zukunft für uns alle zu schaffen und zu evolvieren. Was den Menschen zum Menschen macht, definiert eigentlich das Wort an sich. Es hat nichts mit dem Geschlecht zu tun, es stammt von dem Sanskrit Zeitwort man, „denken“. Aber als Verbindung von Erde und Sternenhimmel sind wir weit mehr als unser Intellekt, unsere Begierden oder sogar unsere edelsten Inspirationen. Als Emanationen – Nachkommen – jenes namenlosen Mysteriums, das jenseits unseres menschlichen Fassungsvermögens liegt, haben wir in uns – immer und ewig entfaltend – jenes unendliche Nicht-Ding, genannt Erinnerung und Möglichkeit: die Erinnerung, was wir essenziell sind und werden können, und die Möglichkeit, unsere evolutionäre Verpflichtung kreativ zu erfüllen.

Wenn wir in die Zukunft schauen – nicht nur zu dem weiten Horizont der wissenschaftlichen und spirituellen Imagination, sondern auf die direkten Realitäten, die sich täglich vor uns entfalten –, dann helfen uns die Erzählungen über unseren Ursprung, unsere Abstammung und unser inneres Potenzial, das in den Mittelpunkt zu stellen, was in unserem Leben am wichtigsten ist, die Werte, die während unseres gesamten Wachsens und Veränderns, unseres Lebens und Sterbens bestehen. Wenn unsere evolutionäre Reise – wie gesagt wird – mit Liebe beginnt und mit Weisheit endet, wie das Wort Philosophie impliziert, gibt es doch noch eine andere grenzenlose Qualität, vertieft und verstärkt durch das zunehmende Bewusstsein der Einheit des Lebens. So wie die alten Mysterien die „Vereinigung und Freundschaft mit Gott“ als die Frucht der höchsten Initiationsriten erkannten, so drücken es Buddhisten in menschlicheren Worten aus: das erleuchtete Ideal, personifiziert durch den künftigen Buddha, genannt Maitreya, dessen Name „Freund“ bedeutet. Wie Sokrates andeutete, müssen noch viele lernen – und vertrauen –, dass „keine Gottheit jemals den Menschen schlecht gesinnt ist“, noch geschieht jemals irgendeine Handlung ihrerseits aus Unfreundlichkeit. Wenn alles gesagt und getan ist, ungeachtet, was wir in einem einzigen Leben oder in einer Ewigkeit von Leben vollbringen oder nicht, haben wir alle die Macht, ein Freund und Bruder zu sein: eine rücksichtsvolle, fürsorgliche Gegenwart für jeden und alle in dieser gewaltigen, herausfordernden, unvollkommenen, jedoch immer harmonischen Symphonie des universalen Lebens.

Zu weiteren Studienzwecken siehe die angegebenen Werke und Websites; ebenso Fundamentals of the Esoteric Philosophy von G. de Purucker. Zusätzlich zur theosophischen Literatur (auch online verfügbar unter theosociety.org) werden zwei Websites und ihre entsprechenden Links empfohlen: talkorigins.org (Darwinian evolution) und arn.org (intelligent desing – intelligente Planung).

Fußnoten

1. Siehe „Difficulties on Theory“ und die folgenden Kapitel in seinem Origin of Species. [back]

2. Behes Kapitel über molekulare Synthese – die kein unreduzierbarer komplexer Vorgang ist – deutet das Problem gänzlich auf der Grundebene der Biochemie an. Das relativ ‘einfache’ Molekül AMP ist eine ungebundene Form von Adenin, einem der vier nukleotiden Bausteine oder Bindeglieder in RNS und DNS-Ketten. AMP ist zusammengebaut aus 33 Atomen fünf verschiedener Arten: Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Phosphor. Da die meisten Atome nicht frei herumliegen wie Teile, die auf eine Verbindung warten, müssen diese Komponenten erst von anderen Molekülen extrahiert werden und sich dann erneut so verbinden, dass Kreuz-Reaktionen den Vorgang nicht zerstören. Dreizehn sequenziell orchestrierte Schritte sind nötig, um die Synthese von AMP zu vollenden; diese Arbeit wird von zwölf verschiedenen Enzymen ausgeführt – jedes von ihnen muss auch synthetisiert werden, um die Veränderungen zu katalysieren. Um die Perspektive aufzuzeigen: ein zellulares RNS-Makromolekül reicht ungefähr von 70 bis 50 000 Nukleotiden in der Länge, während ein einziges DNS-Makromolekül von einigen tausend bis zu ungefähr einer Milliarde Nukleotiden in der Länge reicht. [back]

3. Science and Evidence for Design in the Universe, Ignatius Press, 2000, S. 15, 226-32. [back]

4. Aus Contribution to the Theory of Natural Selection, London, 1870, S. 358-9. Wallace ist gut bekannt für seine unabhängige Darlegung einer Theorie der natürlichen Selektion, die Charles Darwin dazu anregte, sein Werk Origin of Species (1859) zu schreiben und zu publizieren. Wallace und Darwin stellten ihre Ideen gemeinsam am 1. Juli 1858 bei der Linnean Society vor. [back]

5. National Public Radio, „Talk of the Nation/Science Friday“; 8. Nov. 2002. [back]

6. Siehe zum Beispiel die Website der Universität von Arizona (Center for Consciousness Studies), www.consciousness.arizona.edu; ebenso B. Alan Wallace, „The Intersubjective World of Science and Religion“, 2001 Templeton Research Lecture (video and transcript), www.srhe.ucsb.edu/lectures/info/wallace.html. [back]

7. The Structure of Scientific Revolutions, 2. Ausgabe, 1970, Kapitel 6, besonders das Studium von Bruner und Postman, das die blendene Wirkung der Erwartung darstellt (S. 62-65). [back]

8. Siehe „Schöpfung, Evolution und die Geheimlehre“, SUNRISE, Heft 2/1989, S. 105. [back]

9. Siehe auch „The ‘Secret Doctrine’ and Its Study“, An Invitation to The Secret Doctrine, S. 2-3; online: www.theosociety.org. [back]

10. E. S. Drower, The Secret Adam: A Study of Nasorean Gnosis, 1960, S. 1-11, 88-9; Canonical Prayerbook, 1959, S. 252-60; The Thousand and Twelve Questions, 1960, S. 5.
Bei der Betrachtung der älteren kanaanitisch/ugaritschen Tradition, wo Yaw der Sohn von El ist, „erzählt“ das Deuteronomium 32, 1-9 „wie Yahweh [Jehova] – als El Elyon (‘El, der Höchste’) die Nationen zwischen seinen Söhnen aufteilt – Israel als sein Teil erhielt (Norman Cohn, Cosmos, Chaos, and the World to Come, 2001, S. 132). Yaw, Yawar und Yahweh teilen darüber hinaus typische Parallelen mit dem babylonischen Ea („Ehyah“ ausgesprochen), dem weisen und mächtigen Sohn des hohen Gottes Anu, „gezeugt nach seinem Ebenbild“, der „unter den Göttern, seinen Brüdern, keinen Rivalen hatte“ (Enuma elish 1.16-20). [back]

11. Siehe auch Margaret Barker, The Great Angel: A Study of Israel’s Second God, 1992. [back]

12. Johannes 10, 34; 14, 12 und Psalm 82, 6: „Wohl habe ich gesagt: Ihr seid Götter, ihr alle seid Söhne des Höchsten.“ [back]

13. Zohar 3:152a; Origenes, De Principiis, iv.i.16; Maimonides, Guide for the Perplexed, pt. ii, Kap. 29, S. 211; Markus 4, 10-12, 1 Korinther 2, 7; und Thomas-Evangelium 5. [back]

14. Zusammenfassung aus The Birirrk: Our Ancestors of the Dreaming, erzählt von Gulpilil, L&S Publishing, Cheltenham, Australia, 1983. [back]

15. Siehe den hinduistischen Purusha-Prajāpati-Nārāyana-Brahmā, den ägyptischen Atum, den jüdischen Adam Kadmon, den mandäisch-nasoräischen Adam Qadmaia, den Vater Rabe der Eskimos und so weiter. Sie deuten auf ein anthropomorphes Prinzip hin oder bringen es zum Ausdruck, das von den meisten anthropomorphen Göttern repräsentiert wird. Diese scheinbare entgegengesetzte Evolution, die den „Menschen“ als den gemeinsamen Ahnen der Reiche unter ihm plaziert, ist ein zu weitläufiges und schwer verständliches Thema in diesem kurzen Aufsatz. Für eine vollständigere Behandlung werden die Leser auf Die Geheimlehre, Band 2, und auf Man in Evolution von G. de Purucker verwiesen. [back]