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Der fehlende Faktor

Der Konflikt zwischen neuen Ideen und dem Althergebrachten, der sich überall bemerkbar macht, zeigt die Kluft im gegenseitigen menschlichen Verstehen - oder das immer größer werdende Mißverständnis zwischen den Generationen. Wir tadeln die jungen Leute, weil sich ihre Reaktionen laut in der Öffentlichkeit abspielen. Doch auch die älteren Menschen sind nicht mehr bloße Zuschauer. Auch sie empfinden die Kluft, die Ungewißheit, und möchten sie gern überbrücken. Die Schwierigkeit besteht darin, daß niemand zu wissen scheint, wie man es anpacken soll.

Man sagt, die Wahrheit hätte drei Seiten: Religion, Wissenschaft und Philosophie. Die Religion lehrt, daß der Mensch im Göttlichen wurzelt und daß Leben und Fortbestehen nur dadurch möglich sind. Alle Religionen der Welt stimmen darin überein; die Auseinandersetzungen betreffen dabei lediglich die verschiedenen Auslegungen, wie und warum wir hierher kamen und wohin wir gehen. Obgleich sich die moderne Wissenschaft nicht direkt mit Metaphysik befaßt, hat sie den Standpunkt der Religionsanhänger doch stark beeinflußt. So bestätigt zum Beispiel die Erforschung des zusammengesetzten Aufbaus des kleinsten Teilchens, das sich im wesentlichen wenig vom größten unterscheidet, die kosmische Einheit. Da der Beweis geliefert wurde, daß das Universum unendlich und das Leben etwas lückenlos Zusammenhängendes ist, ohne Anfang und Ende, haben die Wissenschaftler auch unbeabsichtigt enthüllt, was Gott oder das Göttliche nicht ist. So hat die wissenschaftliche Forschung keineswegs das Fundament der Religion untergraben, sondern eher gefestigt. Die dritte Seite, die Philosophie, muß, um weitreichend und nützlich zu sein, mit den menschlichen Erfahrungen in Beziehung stehen, wobei sie aus Religion und Wissenschaft schöpft und nur ihr eigenes Gepräge hinzufügt. Der Philosoph kann nicht vom Glauben allein leben, er kann auch nicht mit der begrenzten Auffassung über die Natur, wie sie zu sein scheint, sich zufrieden geben. Sein diesbezügliches Interesse entstammt dem Wunsche, die tatsächliche Existenz des Unsichtbaren nachzuprüfen.

So haben wir drei Schlüssel, um das Tor der Wahrheit aufzuschließen, von denen jeder das Schloß zu einem Drittel öffnet. Die Weisheit der Zeitalter ist in den Schätzen dieser vertrauten Zweige der Wissenschaft aufbewahrt. Doch nicht jede Wiedergabe ist richtig. Unzähliges ist gestrichen und hinzugefügt worden, und vieles ist falsch ausgelegt und falsch angewendet worden. Trotzdem sind die universalen, unveränderlichen Prinzipien noch vorhanden, um den menschlichen Verstand zu erleuchten und Licht auszugießen, wie Sonnenstrahlen, die den dunklen Wald durchdringen. Um diese Prinzipien finden zu können, muß uns jedoch zuerst bewußt werden, daß sie existieren.

Unsere Welt ist mit organisierter Religion gut versorgt, und die Gelegenheit zu wissenschaftlicher Betätigung ist nie größer gewesen, aber beides hat sich als unzulänglich erwiesen. Um die Lücke auszufüllen, brauchen wir eine kosmologische Philosophie, die umfassend genug ist, um das individuelle Bedürfnis zu befriedigen. Das ist der fehlende Faktor. Nur eine größere Kenntnis über die Struktur des Universums und die enge Verwandtschaft des Menschen mit ihm kann die Fragen beantworten: Was hat das Leben überhaupt für einen Sinn? Wohin führt es und warum? Wie passe ich in das Bild?

Was geschieht, wenn diese Fragen zu lange unbeantwortet bleiben, das ist heute ersichtlich. Während der letzten Monate war es unmöglich, eine Zeitschrift oder eine Zeitung durchzublättern oder eine Sendung des Fernsehens anzusehen, ohne die tragischen Folgen wahrzunehmen, die sich durch unsere Gesellschaft für unsere Jugend ergeben haben, besonders für die Jugend in wohlhabenden Ländern. Dabei sind alle Altersklassen der Jugendlichen betroffen - einige sind unglaublich jung, noch nicht einmal Teenager. Manche stammen aus vermögenden Familien des gehobenen Mittelstandes, viele aus zerrütteten Elternhäusern und aus ärmlichen Verhältnissen. Alle laufen Zuständen davon, die ihnen nicht gefallen, und sie versuchen, etwas Besseres zu finden, etwas, das ihnen mehr entspricht. Sie rauchen Marihuana, nehmen LSD, leben gemeinsam in überfüllten Quartieren, in denen sich Krankheiten ausbreiten und die Moral immer mehr in die Brüche geht. Das alles ist in erster Linie die Folge, daß die Eltern in irgendeiner Form versagt haben. Doch kein Heim, keine Gemeinschaft oder Universität ist restlos gegen diesen ziellosen, negativen Protest gefeit. In gewissem Sinne ist es deshalb zu einem Problem für jedermann geworden, und sehr viele Menschen sind tatsächlich ernstlich beunruhigt.

Was ist da zu tun? Hier und da bieten angesehene Ärzte Schutz und Behandlung jedem an, der sie annehmen will. Geistliche sorgen für Nahrung und, wenn sie können, für Asyl. Sie suchen überall nach einer günstigen Gelegenheit, um eine Änderung herbeizuführen. Auch die allgemein bekannten "Diggers", von denen manche ehemalige Hippies sind, nehmen sich ihrer in dieser Weise an. Das alles sind brauchbare Methoden, die sich mit den physischen Auswirkungen des Ausbruchs aus der Gesellschaft befassen und für Experimente geeignet sind, aber eine Lösung bringen sie nicht. Die immer wieder berichteten Fälle von Selbstmord, Mord und Tod durch Unfall oder Wahnsinn bei Drogensüchtigen haben einige gewarnt und erschreckt, desgleichen die Tatsache, daß LSD die normale Struktur der Chromosomen verändert. Diese Entdeckung kann für die Eindämmung der LSD-Einnahme sehr hilfreich sein. Wenn wir aber dennoch nicht die Gründe finden, die zu der gegenwärtigen blinden Leidenschaft für Drogen führt, könnte dann in der Zukunft nicht noch etwas Gefährlicheres passieren? Wenn beim Menschen durch einen hervorstehenden Nagel im Schuh eine Entzündung entstand, so kann ein Arzt die Wunde heilen. Doch die Heilung ist nicht von Dauer, wenn der Nagel nicht entfernt wird. So werden auch die Wunden der Jugend oft behandelt, ohne die Ursachen zu beseitigen.

Psychiater und Psychologen haben in Fernsehprogrammen gesprochen und auch sonst Vorträge gehalten, um Anregungen zu geben und Rat zu erteilen. Sie erinnern die Eltern daran, wie wichtig die häusliche Atmosphäre und eine vorbildliche Lebensführung ist. Mit Recht betonen sie die Notwendigkeit, daß der Wert der Tugenden schon frühzeitig klar gemacht werden muß, und sie weisen auf die Sicherheit hin, die ein Kind fühlt, wenn es mit Liebe und Strenge behandelt wird. Das Wichtigste aber, was sie anführen, ist, daß die Eltern, was die Erziehung anbetrifft, in gegenseitigem Einvernehmen handeln und vor allem darum besorgt sein müssen, daß zwischen ihnen und ihren Kindern stets eine freimütige Aussprache zustandekommen kann. Wenn das nicht mehr der Fall ist, fehlt die Grundlage, auf der ein Meinungsaustausch stattfinden könnte, und alles ist verloren.

Andere Ratschläge, die von manchen Psychiatern sonst noch angeboten werden, sind weniger überzeugend. Für mich persönlich ist es nur Theorie und läuft darauf hinaus, daß etwas zulässig und automatisch in Ordnung ist, wenn es jedermann tut. Manche sind der Meinung, eine "neue Moral" entwickle sich, die Handlungen billigt, die früher abgelehnt wurden. Anscheinend besteht die Idee, nichts ist ungesetzlich, wenn es "natürlich" ist und mäßig betrieben wird. Laßt eure Teenager gewähren: es gehört alles zu ihrer Erfahrung in den Entwicklungsjahren. Viele Erwachsene leben selbst nach dieser bequemen Regel, doch es ist eine oberflächliche Einstellung, die im besten Falle nur die Oberfläche der physisch-emotionalen Natur des Menschen berührt. Diese Überzeugung haben keinesfalls alle Psychiater, doch einige wenige vertreten sie mit Nachdruck. Würde diese Ansicht allgemein angenommen, dann wäre sie eine glänzende Entschuldigung für Zügellosigkeit jedweder Art, und darin liegt die Gefahr.

Mangel an Selbstdisziplin ist eines der größten Hindernisse, dem unsere Teenager gegenüberstehen. Aber gerade das müssen sie irgendwie und irgendwann im Leben lernen, denn ohne Selbstdisziplin gibt es keinen wirklichen Erfolg und kein Glück. In diesem Zusammenhang haben mich die Erklärungen von Frau Quidsia Roston, eine Lehrerin an einer der Montessori-Schulen, beeindruckt:

Im Gegensatz zur üblichen Einstellung vorschulischer Erziehung achtet das Montessori-System auf Disziplin. ... Das Kind muß andere achten. Es muß seine Umwelt und sich selbst achten. Es darf nicht jederzeit das tun, was es gerade will.

Es darf seine Energien nicht falsch gebrauchen oder sie in zerstörender Tätigkeit verschwenden. Es kann sich unbehindert entwickeln und in seinem eigenen Rahmen und seinen eigenen Qualifikationen entsprechend wachsen. Doch vorher muß es das zum Gebrauch der Freiheit nötige Rüstzeug entwickeln.

- Los Angeles Times, 10. September 1967

So wie die Dinge heute liegen, gibt es keine schnelle und leichte Lösung, denn zu viele Umstände kommen in Betracht, die dabei mitwirken. Hinter dem Beweggrund der Drogeneinnahme stehen zum Beispiel viele versteckte Motive. Sie erstrecken sich von einer kleinen Gruppe unter den Hippies, die "Sucher nach dem Selbst" genannt werden und oft ehrlich beteuern, daß sie sich nach spirituellem Bewußtsein sehnen, bis zu den Teenagern, die durch ihren Umgang oder dadurch, daß sie alles ausprobieren wollen, besonders wenn es verboten ist, in den Wirbel gerieten. Eltern sind nicht vollkommen, sie sind meistens sehr unvollkommen, und weil sie keine eigene klare Lebensanschauung haben, konzentrieren sie sich auf die falschen Dinge. Sie arbeiten hart und bringen Opfer, um ihren Kindern teure Spielsachen, Kleider, eine Hochschulbildung und Autos bieten zu können, sie wenden Geld auf und bemühen sich, sozial besser gestellt zu sein. Mit alldem sind sie aber so beschäftigt, daß sie leicht unterschätzen oder übersehen, daß das Kind von Anfang an eine geeignete Lebensphilosophie braucht. "Damit wollen wir warten, bis es alt genug ist und mehr verstehen kann."

Meiner Meinung nach ist die gegenwärtige Unruhe nicht so sehr ein Kampf zwischen Generationen, sondern eine Meinungsverschiedenheit darüber, was der Mühe wert ist und was nicht, und was der Zweck des Lebens sein oder nicht sein sollte. Vermutlich fing das alles an, als die Jugend sich anschickte, mitzuarbeiten, und damit den überlieferten Maßstäben direkt gegenüberstand, und diese nun falsch beurteilte. Wir haben eine idealistische Generation, die unbewußt materielle Werte zurückweist. Sie ist im Überfluß einer wohlhabenden Gesellschaft aufgewachsen und einfach nicht mehr gewillt, nur des Ansehens und des Geldes wegen einen Beruf zu ergreifen. Diese Generation sieht den zweifachen Maßstab, der es mit sich bringt, daß die jahrhundertealten ethischen Grundsätze, obgleich sie gut sind und anerkannt werden sollten, in der Praxis undurchführbar sind, und darüber ist sie enttäuscht. Wir leben in einer Zeit, wo sich nicht nur die Eltern, sondern alle in jedem Lande fragen sollten: wo habe ich versagt? Wir haben eine seltene Gelegenheit zur Selbstprüfung und Selbstbewertung. Auch wenn das nur in geringem Maße geschieht, könnte ein beträchtlicher positiver Nutzen aus dem Unglück gezogen werden, das bereits viele junge, dem Rauschgift verfallene Menschen betroffen hat.

Vom rein physischen Standpunkt aus betrachtet sind Teenager Erwachsene, denen jedoch in der Zeit der Entwicklung das Unterscheidungsvermögen fehlt. Es fehlt ihnen einfach der Verstand. Das ist einer der Gründe, warum sie in so viele Schwierigkeiten geraten. Sie sind außerordentlich energisch, unternehmungslustig, ichbezogen und ohne Furcht, und deshalb ist es unmöglich, sie in diesem Lebensalter noch in letzter Minute in Disziplin schulen zu wollen, obgleich es viele Eltern versuchen. Die Jugendlichen sollten schon frühzeitig den Sinn für bleibende Werte eingepflanzt bekommen, die ihnen den Weg zeigen, andernfalls sind sie schlecht vorbereitet, um den auf sie zukommenden Versuchungen zu begegnen. Sie sind dann gleich unbewaffneten Soldaten, die in die Schlacht geschickt werden. Glücklicherweise kommt jungen Leuten meist ihre eigene Stärke zu Hilfe. Ihr inneres Gefühl - die Stimme ihres inneren daimons - für Recht und Unrecht zwingt sie, die Warnungen zu beachten. Wenn diese Tatsache begreiflich gemacht werden könnte, dann würde sie allein schon die Idee unterstützen, daß der einzelne Mensch, wer immer und wo immer er auch sein mag, viel mehr ist, als es scheint, und daß er noch mehr werden könnte. Die Jugend möchte schnell vorankommen, und man sollte ihr sagen, daß das möglich ist. Man sollte zugeben, daß die Gesellschaft verbesserungsbedürftig ist, daß das aber nie vollbracht werden kann, indem man sagt: "Haltet die Welt an, ich will sie verändern." Das kann nur dadurch geschehen, indem ihr immer mehr und mehr bewußt wird, was sie selbst innerlich und äußerlich ist.

Die Wirkung unseres sozialen Gefüges auf die Jugend ist nicht übertrieben dargestellt worden; sie hat ihren Höhepunkt auch noch gar nicht erreicht. Dekan Ross Greek von der presbyteranischen Kirche in Hollywood-West hat sich mit Mädchen unterhalten, die davongelaufen sind. Was sie sagten, faßt er in folgende Worte zusammen:

Bitte helfen Sie mir, ich brauche Ihre Hilfe, ich bin ganz durcheinander. Ich verstehe nichts von Sex, ich weiß nichts über das Leben. Ich bin dreizehn Jahre alt - ich wachse in einer Gesellschaft auf, die von mir verlangt, im Alter von dreizehn Jahren bereits wie siebzehn zu sein, und wenn ich einmal einundzwanzig Jahre alt bin, dann habe ich wahrscheinlich schon alles getan, was eine vierundachtzig Jahre alte Frau getan haben kann.

Ein Junge, der von zu Hause fortgelaufen war, gab als Grund an: "Ich hatte immer nur Einser in der Mittelschule, aber ich will nicht mehr auf das College gehen. Ich kann nicht länger nach diesen Moralvorschriften leben. Sie sind widernatürlich und haben für mich nicht den entferntesten Wert. Ich glaube, es gibt Wichtigeres als persönliche Beziehungen und mit Leuten gut bekannt zu werden." Das ist die Stimme der modernen Jugend. Sie kann sich nicht vorstellen, warum sie hier ist und wohin sie geht. Ohne Philosophie, in der sie Hilfe finden kann, ohne Glauben, ohne innere Überzeugung weiß sie in der Tat wirklich selbst nicht, was sie will. Sie weiß nur, daß sie mit dem gegenwärtigen Zustand sehr unzufrieden ist. Sie möchte es nicht wahrhaben, daß die Welt ein Dschungel ist, in dem nur der Existenzkampf mit materiellem Erfolg als letztes Ziel gilt, aber sie weiß nicht, an was sie sonst glauben soll. Wir können die Kinder nicht länger mit leeren Phrasen und mit biblischen Geschichten, zu denen sie keine Beziehung haben, oder mit Glaubensbekenntnissen zufriedenstellen, die den wissenschaftlichen Entdeckungen widersprechen. Die Jugend hat die Fähigkeit, tiefer nachzudenken, wenn ihr aber nichts zur Bereicherung ihres Verstandes geboten wird, dann wird sie ihre Energien in Oberflächlichkeit und Zügellosigkeit verschwenden.

In den verstreuten Schriften der alten Philosophen und in den heiligen Texten der Religionen ist viel Weisheit enthalten, die helfen könnte, unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten zu lösen. Nachforschungen auf diesen Gebieten würden auch die Tatsache enthüllen, daß die Wissenschaft damals nicht auf Aberglauben und Phantasie aufgebaut war, wie manchmal angenommen wird. Die Wissenschaft war vielmehr ein Verbündeter der Religion und der Philosophie, so daß viele ihrer Lehren kosmisch waren. Weil die drei Seiten der Wahrheit damals übereinstimmten, hatte die Wissenschaft unmittelbar Anteil an der Metaphysik.

Die Erforschung der Überlieferungen des Altertums hat kaum begonnen, doch die Menschen interessieren sich in zunehmendem Maße dafür. Sie wollen immer mehr aus dieser neuen, aber schon lange bestehenden Weisheitsquelle schöpfen. Eine der erfreulichen Seiten der Hippiebewegung ist das Beschäftigen mit östlichen Lehren. Diese Hippies können zwar die ganze Wahrheit nicht richtig verstehen, sie auch nicht in ihrer wirklichen Bedeutung anwenden, aber über die Begriffe Götter, Hierarchien und über die Zwillingslehre von Karma und Reinkarnation sind sie gestolpert, und diese Entdeckung kann eventuell die ganze westliche Welt beeinflussen.

Unsere Schulen lehren, das Universum sei unbegrenzt. Die Bedeutung dieser Behauptung übersteigt jedes menschliche Begriffsvermögen, und dennoch wird es heute den Kindern als Tatsache mitgeteilt. Die Alten würden weiter gegangen sein und hätten gelehrt, daß unser Universum nur eines unter einer unendlichen Anzahl beseelter Universen ist, und daß alles Existierende aus einem unerklärbaren, unerkennbaren Etwas hervorgeht. Wenn man diese beiden Begriffe miteinander verbindet, so entsteht eine tiefgründige Philosophie, eine Philosophie, die diese klare Lebensanschauung vermittelt, die die jungen Leute suchen. In Augenblicken des Nachdenkens, die gar nicht so selten sind wie man meint, sinnen Teenager über abstrakte Dinge nach und kommen zu recht scharfsinnigen Schlüssen. Eine andere Idee, die sie beschäftigt, ist, daß man sich das Leben als ununterbrochene Folge vorstellen kann. Sie erkennen, daß der Weg, den wir gehen, in ferne Vergangenheit reicht und sich endlos in die Zukunft erstreckt, denn nur in einem begrenzten System könnte das Leben ein absolutes Ende nehmen. Was sie noch begreifen müssen, ist, daß ein so gewaltiges, kompliziertes System einen Zweck haben muß, und daß sie ein Teil dieses Zweckes sind. Sie müssen erkennen, daß keine äußere Macht das Wachstum beherrscht oder begrenzt; nur Unwissenheit oder Trägheit des Geistes hemmen den Fortschritt jedes Individuums. Soziale Reform zu predigen ist etwas ganz anderes, als sich selbst zu beherrschen. In der Welt wimmelt es von Reformern, doch auf dem Gebiet der Selbstbeherrschung ist noch viel zu tun.

Der wachsende Antagonismus zur westlichen Kultur veranlaßt wahrscheinlich viele, sich den heiligen Schriften anderer Länder zuzuwenden, um dort nach Schlüsseln zur Erkenntnis zu suchen. Wenn ihr Suchen echt ist, dann werden sie nicht nur ihren Blick erweitern, sondern dabei auch noch ein größeres Verständnis für ihre eigene Religion gewinnen, ganz gleich, um welche Religion es sich handelt. Wenn wir verhindern wollen, daß unsere Kinder die Glaubensbekenntnisse anderer Religionen und Philosophien erforschen, geben wir dann nicht zu, daß wir befürchten, diese Bekenntnisse könnten einen tieferen Sinn haben als unsere eigenen? Die Quelle der Wahrheit ist eigentlich unwichtig; wichtig ist nur, daß die gefundene Wahrheit erkannt und zum Segen der gesamten Menschheit angewandt wird. Die drei Seiten der Wahrheit erzählen alle die gleiche Geschichte, nur auf verschiedene Weise. Alle drei berichten uns, daß wir im Innern mit jedem Menschen und mit jedem lebenden Ding verbunden sind. Wenn wir diese spirituelle Verwandtschaft einmal begreifen, dann werden wir vor dem Leben wirkliche Ehrfurcht haben, und der Rassenkampf und die bitteren Früchte selbstsüchtigen Bemühens werden für uns aufhören. Das ist die Botschaft, auf die die Jugend wartet.