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Weihnachten A.D. 1962

Baue Dir stattlichere Häuser, oh meine Seele,

Denn schnell eilen die Zeiten dahin!

Verlasse das niedrige Gewölbe Deiner Vergangenheit!

Laß jeden neuen Tempel, edler als den letzten,

Dich mit einem größeren Himmlischen Gewölbe umschließen,

Bis Du endlich frei bist

Und Deine Hülle, der Du entwachsen bist,

In des Lebens rastloser See läßt.

- Oliver Wendell Holmes

 

 

 

WAS ist der Zauber der Weihnachtszeit? Woher kommt er, und worin wurzelt er? Wurde er vor 1962 Jahren mit dem Meister Jesus geboren, oder erkannten die Drei Weisen damals eine Wiederoffenbarung seines Geistes, wie er erneut aus dem Urquell des Göttlichen hervorging? Welche Symbolik steht hinter der Krippe, den Geschenken an Gold, Weihrauch und Myrrhen, den Ränken des Königs Herodes? Viele Fragen befallen uns, aber wie die Antwort auch immer sei, Gewißheit ist, daß der Mensch zu dieser Jahreszeit einen unbestimmten Auftrieb verspürt.

Die Wirkung dieses immer wiederkehrenden Einflusses geht stets nach innen, und zumindest für eine gewisse Zeit regt sie einen feineren Teil unserer Natur mit sichtbaren Ergebnissen zur Handlung an, nicht lediglich nur zum Schenken, sondern in unserer ganzen Einstellung gegenüber jedermann, dem wir begegnen. Wir sind durch einen Zustrom von geistigem Verständnis erwärmt, das nicht nur unsere persönliche Umgebung umgibt, sondern sich auf ein allgemeines Wohlwollen erstreckt, das uns die Einheit der gesamten Menschheit mehr zum Bewußtsein kommen läßt.

Jeder von uns erlebt in seiner Weise die höhere Qualität der Vision, die durch den Zauber der Weihnacht hervorgerufen wird. Wir erkennen ihre Wirklichkeit, wenn auch schwach, als einen permanenten Teil von uns, und durch Intuition spüren wir, daß es unser wahres Ziel ist, ihr in unserem Leben mehr und mehr die Vorherrschaft zu geben. Und darin, glaube ich, haben wir den Prüfstein, der die Heiligkeit dieser Jahreszeit offenbart.

Alle Heiligen Schriften betrachten den Menschen als ein Wesen, das nach dem Ebenbild und der Ähnlichkeit der Gottheit geschaffen ist. - Viele sehen dabei die Gottheit in allen Dingen und alle Dinge in der Gottheit. Wenn dies wahr sein soll, dann muß ein Teil der göttlichen Eigenschaft irgendwo in jedem von uns wohnen, ein Aspekt der Gottheit, bereit, uns auf unserem beschwerlichen Lebenspfaden zu helfen - wenn wir ihr nur die Möglichkeit hierzu lassen. Sie mag noch eingehüllt sein in Windeln, verborgen in der Krippe unserer unsterblichen Seele, aber sie ist da, geschützt von unseren inneren Drei Weisen vor dem Herodes in uns, der ihren Einfluß zerstören möchte.

Welche Beziehung hat all dies zum geistlichen Ereignis der "Geburt" des Christkindes? Welche Bedeutung hat sie?

Wir nehmen mit Recht an, daß der Mensch sehr alt ist, in der Tat viele Millionen Jahre; jedoch, in den Augen der göttlichen Intelligenz, die ihn entstehen ließ, ist er weit davon entfernt Reife zu haben. Es stimmt, daß wir uns physisch gut entwickelt haben und geistig einen wirklichen Fortschritt zeigen, aber nur sporadisch haben wir angefangen, unsere göttliche Erbschaft zu empfinden - das Wirkliche, aus dem wir gemacht sind, das was das Physische und Seelische ermöglicht.

Unser gesamter Fortschritt ist in der der Natur eigenen Weise zustande gekommen, jeder kleine Schritt zu seiner Zeit. So wie die vier Jahreszeiten sich innerhalb der Erfahrung eines Jahres entfalten, genauso vereinigen sich die Jahre in größeren Zyklen um das jahrtausende alte geoffenbarte Universum zu werden. Aber jede der Jahreszeiten hat ihre ureigene Aufgabe zu erfüllen - für uns genauso wie für die Saat im Boden. Wenn wir auf den Geist dieser Periode reagieren, und seinem heiligen Impuls etwas Ausdruck geben, dann werden wir, wie die Saat, die fesselnde Schale des alten Jahres sprengen und das Wachstum eines neuen Jahres mit vermehrter innerer Stärke beginnen. Dies wiederum wird dann im Frühling eine kräftigere Pflanze hervorbringen, eine reichere Ernte im Sommer, und eine vitalere neue Saat im Herbst.

Ja, es hat Zeit gebraucht, um dahin zu kommen, wo wir heute sind, und wir werden ohne Zweifel unsere langsame und oft schmerzhafte Weiterentwicklung in kommenden Äonen fortsetzen, bis wir uns endlich bewußt und vorsätzlich entscheiden werden, unsere Entwicklung zu beschleunigen, indem wir dem geistigen Aspekt unserer Natur den Vorzug geben. Wir haben diese Wahl immer vor uns. Offensichtlich fürchtet der Herodes unserer Persönlichkeit das kleine Kind in Windeln, weil er weiß, daß der Christosgeist in uns zur rechten Zeit all das Niedere besiegen wird, und so schließlich sein Verhängnis sein wird. Ist nicht vielleicht das der Ruf, den wir in dem befreienden Einfluß der Weihnachtszeit empfinden?

Was würde mit dieser alten Welt geschehen, wenn wir diesen Ruf mit dem Willen, erfolgreich zu sein, annähmen? Wir würden dann tatsächlich unsere niedrige Vergangenheit hinter uns lassen und uns in edleren Vorstellungen mit zahlreichen anderen finden, würden neue Wohnhäuser des Verstehens und des guten Willens bauen, gestützt durch das Allumfassende und Göttliche in allen Menschen.

Das ist der Zauber der Weihnachtszeit.