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Intelligenz in Tätigkeit

Vor einigen Jahren berichtete Dr. Kenneth Walker, ein bekannter Londoner Chirurg, über seine Beobachtungen, nachdem er eine zweite Operation an einem Patienten ausgeführt hatte, um den Erfolg einer ein Jahr zuvor ausgeführten ersten Operation festzustellen. Er fand, daß die Natur solch wunderbare Reparaturarbeit geleistet hatte, daß alle seine Geschicklichkeit so unbeholfen erschien, wie die Bemühungen eines Bleigießers, der versucht, die Armbanduhr einer Dame zu reparieren. Nicht nur das Gewebe war wieder miteinander verbunden worden, sondern ein kleineres Blutkreislaufsystem wurde als Ersatz für ein nicht mehr funktionierendes in einen großen und wichtigen Kanal umgewandelt. Diese und andere Entwicklungen deuteten ihm an, daß im Körper eine Intelligenz am Werk sein muß, die das Wachstum des Gewebes und andere Vorgänge den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend kontrolliert und leitet. Da dies automatisch geschah, das heißt, ohne daß es der Patient merkte, nahm der Chirurg an, daß es unterschiedliche Grade von Intelligenz gibt, und er entschloß sich, der Frage nachzugehen.

Schließlich kam er zu dem Schluß, daß ein menschliches Wesen mit einem staatlichen Magazin, das viele Hunderte von Beschäftigten hat, verglichen werden kann. Auf der untersten Stufe der Pyramide von Mitarbeitern befinden sich die Untergeordneten und Mannschaften mit einigen etwas mehr Erfahrenen über ihnen und unmittelbar darüber noch andere. Jede Staffel hat ihre eigene Verantwortlichkeit, arbeitet aber unter ihren Vorgesetzten, und dieses System setzt sich bis zum Gipfelpunkt, dem Präsidenten der Direktoren, fort. So, schlußfolgert er, hat der Körper mit dem Gehirn, das wie das äußerst komplizierte Schaltbrett eines Magazins Empfangs- und Sendegerät ist, seine eigene Reihenfolge von Kontrolloffizieren für die verschiedenen Abteilungen.

Aber Dr. Walkers Analogie kann noch anderweitig angewendet werden, denn es ist klar ersichtlich, daß über jenen, deren Aufgabe es ist, über die Tätigkeiten und Reaktionen des physischen Körpers zu wachen, es noch anders eingestuftes Personal gibt. Sie sind in unserem emotionalen, mentalen und spirituellen Wirkungsbereich tätig. Die Tatsache, daß es im Menschen diese Direktoren für die verschiedenen Erscheinungen auf den unterschiedlichen Ebenen gibt, weist darauf hin, daß Intelligenz sich nicht nur auf den Verstand beschränkt, sondern eine überall vorhandene Eigenschaft ist. Die Vorstellung, daß der Verstand des Menschen die einzige Art Intelligenz, das Universum dagegen frei davon ist, widerspricht natürlich der Logik. Intelligenz kann durch den ganzen Kosmos verstreut sein, der uns übrigens unsere Lebenskraft und alles, was wir sind und haben gibt!

Wir entdecken gerade, daß selbst die Zellen, die wir 'wenig entwickelte' Wesenheiten zu nennen pflegen, eine Art Intelligenz zeigen. Früher wurde angenommen, daß sie nur auf der Leiter der Evolution sehr tief stehende einfache Organismen seien, die sich an einem zeitlich sehr weit zurückliegenden Punkt zusammenballten, um kompliziertere Wesen zu bilden und zuletzt auf einer ununterbrochenen Leiter bis zu uns emporzusteigen. Aber dieses Bild von einer Zelle als ein aus zwei oder drei Teilen bestehendes einfaches, unkompliziertes Ding wird heute durch eine viel kompliziertere Anschauung ersetzt. Viele werden den anregenden Artikel von Rutherford Platt in Reader's Digest vom Juni 1964 gelesen haben. Seine Beschreibung der neuesten Beobachtungen über die Struktur, die Funktionen und den relativen Scharfsinn der Zelle gibt eine lebendige Darstellung dieser Vorgänge. Einen wichtigen Hinweis haben wir hier in der gedrängten Wiedergabe des Berichtes von Dr. George E. Palade vom Rockefeller Institut in New York:

... das Innere einer Zelle enthält ein ausgedehntes Labyrinth unglaublich feiner Röhrchen und Ketten von winzigen Bläschen. Seine Entdeckung ... zeigte, daß das Protoplasma eine der kompliziertesten und schönsten Strukturen im Universum aufweist. Die Zellen sind so vollendet, daß man sagen kann, die Natur hat, als sie diese entwickelte, bereits den größten Teil ihrer Arbeit getan.

Die Bemerkung über das Protoplasma widerspricht direkt seinem Namen, denn der Ausdruck wurde im letzten Jahrhundert geprägt, um das "Uranfängliche" oder das "Erste", jene unteilbare grundlegende Substanz zu bezeichnen, von der man annahm, daß sie auf dem Gebiet der Biologie im allgemeinen mehr die Rolle des Atoms spielt. Aus Dr. Palades Darlegung ersehen wir jedoch, daß neben der aus sechs oder sieben Teilen bestehenden Konstitution der Zelle die grundlegende Substanz, aus der sie besteht, an sich ungeheuer kompliziert ist. Aber der springende Punkt in diesem Abschnitt ist, wie mir scheint, der Hinweis auf diese Kompliziertheit, die sich immer und immer wieder zeigt und unbegrenzt abwechslungsreich ist, denn das kann nur bedeuten, daß in allem Intelligenz am Werke ist. Zufall oder die Tätigkeit blinder und unintelligenter Kräfte müssen hier ausgeschlossen werden.

Die Bewegung der Zelle erfolgt nicht aufs Geratewohl noch ist ihre Reaktion auf Reize automatisch oder 'blind'; sie antwortet auf äußere Ereignisse und reagiert mit Unterscheidung auf aufgenommene und festgehaltene Eindrücke. Die Vorgänge der Nahrungsaufnahme und Regeneration der Zelle durch Verdauung lassen unterschiedliche Handlungsweisen sichtbar werden, die das Zeichen von Unterscheidungsvermögen, des Abwägens von Möglichkeiten und des Erkennens charakteristischer Kennzeichen von Dingen sind (das heißt Wiedererkennung) - doch gewiß ein Hinweis, daß Intelligenz am Werk ist! Es erfolgt eine Art Einstufung mit nachfolgender entsprechender Handlungsweise. Schließlich haben wir das ungewöhnliche Verhalten der Zellen beim Empfangen, Festhalten und Weitergeben von 'Informationen', wofür das für das DNS Molekül als 'Bote' dienende RNS Molekül ein Beispiel ist. Beide Moleküle sind auf ihrer eigenen Ebene aus Atomen gebildete ausgedehnte Milchstraßensysteme in einer Verschiedenartigkeit von Kombinationen, die sich planmäßig gestalten, was wiederum ein Zeichen von Intelligenz ist. Einen Teil dieses Transmissionsprozesses bildet die Fortpflanzung der Zellen durch Teilung und die Vervielfältigung der vorherrschenden Eigenschaften oder Merkmale, die in einer bestimmten Art immer die gleichen sind. Mechanik allein kann nicht erklären warum gewisse charakteristische Kennzeichen oder allgemeine Merkmale als aktiv überliefert werden, während andere latent bleiben.

Wir können wohl mit Mr. Platt übereinstimmen, daß zukünftige Generationen "die Erforschung des inneren Raumes - der Tiefen der lebendigen Zelle - viel wichtiger für die Menschheit betrachten werden, als die in die Augen springenden Errungenschaften der Astronauten." Ob wir die Welt des sehr Kleinen als "Inneren Raum" oder den unermesslichen Kosmos, den Planeten und Sonnen durchqueren, als "Äußeren Raum" betrachten, - beide sind Bereiche von in Tätigkeit befindlicher Intelligenz. Können wir daher nicht sagen, daß das Studium des Bewußtseins, ob das des Atoms, des Menschen oder der Himmelskörper, in Wahrheit die Erforschung der innersten Bereiche des Kosmos darstellt?

Wir brauchen unser Denken beim Suchen nach Anzeichen von im Universum tätiger Intelligenz nicht auf die Zelle zu beschränken. Wir können sie in vielen Ecken und Winkeln der Natur finden. Wenn eine dementsprechende Reaktion auf Phänomene eine Andeutung dafür ist, dann müssen wir annehmen, daß auch das Pflanzenreich seine eigene Art Intelligenz entfaltet, oder wir müssen auf das Wirken eines viel größeren Bewußtseins hinter den Pflanzen allgemein schließen. Die Reizbarkeit der Nerven der Espen und anderer Arten und die unmittelbaren Reaktionen fleischfressender Pflanzen bei der Annäherung ihrer Beute weisen sicher auf etwas mehr als gefühllose Maschinenarbeit hin, denn sie enthalten blitzschnelle Entscheidungen und Erwiderungen (gleich von welch 'niederer' oder unbewußter Art). Wir können unsere Aufmerksamkeit auch in die andere Richtung lenken: kann es sein, daß ein Zusammenhang zwischen der Gattung Mensch und der Erde besteht, die ihn scheinbar hervorgebracht hat?

Im vergangenen Jahrhundert sagte der deutsche Philosoph und Psychologe Gustav Theodor Fechner, daß überall "in den Pflanzen, der Erde, den Sternen, im ganzen Universum", Leben existiert und die harte steinige Welt, auf der wir leben, nicht nur die Hülle ungeheurer Energien, sondern auch der physische Behälter einer Intelligenz ist, die weit über unsere Schätzung und über unser Verständnis hinausragt. Er belebte die alte Idee neu, daß die Götter nicht bloß unbeseelte Kräfte, sondern intelligente Wesenheiten seien, alle die sichtbaren Himmelskörper sind äußere Erscheinungen lebender Wesen, über die wir auf Grund der Sophisterei, in die wir uns eingesponnen haben, und die unsere Fähigkeit Eindrücke zu empfangen und darauf zu reagieren vermindert, nicht mehr viel wissen. Er fügte hinzu, daß unser Leben in der Stadt die Anzahl der Plätze auf Erden verringerte, an denen es möglich ist, sich dieser übermenschlichen Wesenheiten bewußt zu werden, daß aber gewisse Stellen in den europäischen Gebirgen zu den einzigen übriggebliebenen Zentren gehören, durch die 'Kräfte' strömen und die Schwingungen umwandeln. Algernon Blackwood, ein vor einigen Jahrzehnten lebender bekannter Autor, griff dieses Thema in einem seiner Romane, The Centaur, auf und 'belebte' es. Der Held ist ein Knabe, der die Erdgeister kennt und imstande ist, mit ihnen zu verkehren.

Aber wie diese Menschen an die Sache herantreten ist bestimmt ein Rückschritt. Sie möchten gerne den Zeiger der Uhr zurückdrehen und wieder die Zeiten bringen, in denen die Schleier zwischen den Menschen und höheren Wesen durchsichtig waren. Wir müssen vorwärts gehen und erkennen, daß das ganze Universum eine ungeheure Gemeinschaft lebender Wesen ist, vom unendlich Kleinen bis zum Übergalaktischen. Wir tun gut, uns zu fragen, wenn die Zellen zusammenarbeiten können, um Augen, Herzen und alle anderen ihn zusammensetzenden Teile des im Entstehen begriffenen menschlichen Körpers zu bilden, warum können wir nicht allmählich den Drang, mit der Natur zusammenzuarbeiten, realisieren? Möglicherweise würden wir latente Eigenschaften erwecken, die noch darauf warten in Erscheinung zu treten. Dr. Harlow Shapley hat kürzlich festgestellt:

Das Menschengeschlecht ist aus Sternensubstanz gemacht, die von universalen Gesetzen regiert wird. Der Faden kosmischer Entwicklung läuft durch seine Geschichte, wie durch alle Phasen des Universums - den Mikrokosmos, durch atomistische Strukturen, molekulare Formen und mikroskopische Organismen und durch den Makrokosmos der höheren Organismen, von Planeten, Sternen und Milchstraßen. Die Evolution schreitet in Milchstraßen und im Menschen weiter - welchem Ziel entgegen, das können wir nur unbestimmt vermuten. - The View from a Distant Star, p. v

Wenn wir um uns schauen, so scheint das Leben das ganze auf einen endlosen Wandschirm gemalte Gewirr von Bergen und Tälern, Bäumen, Einöden, Wüsten, Flüssen und Wasserfällen zu enthalten, alle mit ihren entsprechenden Bewohnern. Doch alles wird in einer Einheit zusammengehalten. Äußerlich gesehen mag es scheinen, daß große Unterschiede zwischen dem Wirken der Lebenskraft in den niederen und in den höheren Formen, die wir sehen, besteht. Aber die ganze Natur wird von den gleichen Prinzipien und Impulsen beherrscht, wie allmählich die Entwicklung von Eigenschaften von innen vor sich gehen mag, oder wie langsam die Veränderungen sichtbar werden mögen.

Wir fragen nach einem Beweis für Leben auf anderen Planeten, wie dem Mars oder der Venus und schauen nach den Beweisen für die Technologie aus, unter der falschen Vorstellung, daß sie die einzigen Anzeichen von Intelligenz sind. Aber Maschinen sind nicht die einzigen Hinweise für das Vorhandensein intelligenter Wesen. Es würde uns nicht schaden, wenn wir uns Zeit nehmen und über die im Universum augenscheinliche, bemerkenswerte Periodizität nachsinnen würden. Von den Wandlungen in und um die Milchstraßen und der Regelmäßigkeit der Sonnenfleckenzyklen, der Ausdehnung und Zusammenziehung der Erde und dem Herzschlag von Menschen und Tieren bis zu den rhythmischen Bewegungen der Zellen und den Schwingungen der Atome bei ihren Ausstrahlungen von Kraft - scheinen alle die Ausdrucksformen eines in der ganzen Natur erfolgenden Pulsierens zu sein. Oder vielleicht pulsieren sie alle mit der kosmischen, durchdringenden Kraft, die ihre Grundlage und ihren Kern bildet. Denn Ebbe und Flut zeigen ein Geschehen, das ein Zeichen von Intelligenz ist. Das weist unseren Blick, trotz der Vielfältigkeit der Erscheinungen und des sich auf die Erscheinung beziehenden Aspekts, nicht nur auf die wirkliche Einheit des Lebens, sondern auch auf das Bewußtsein in ihm hin.